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Musik

Sympathischer Heldentenor

Silke Bartlick5. Februar 2013

Auf die Opernbühne kam Klaus Florian Vogt nur durch einen Zufall; er ist eigentlich studierter Hornist. Auch davon erzählt der gefeierte Tenor im DW-Interview.

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10.01.2013 DW TYPISCH DEUTSCH Klaus Florian Vogt
10.01.2013 DW TYPISCH DEUTSCH Klaus Florian VogtBild: DW

DW: Der Lohengrin in Bayreuth war Ihre Paraderolle. Seitdem sind Sie weltweit gefragt. Ihre erste Solo-CD mit vielen Wagner-Arien, die gerade erschienen ist, trägt den Titel "Helden" und zeigt Sie auf dem Cover als blonden Recken mit Schwert und Rüstung. Spielen Sie mit der Heldenrolle? Oder spielen Sie die Rolle gerne?

Klaus Florian Vogt: Beides. Also, bei diesem Plattencover haben wir tatsächlich mit diesen Elementen gespielt. Man sieht ja deutlich, dass das Requisiten sind. Aber ich muss sagen, auf der Bühne den Helden darzustellen und zu spielen, das macht mir schon auch großen Spaß.

Sie haben eine ziemlich ungewöhnliche Karriere gemacht, waren zunächst Hornist im Philharmonischen Staatsorchester in Hamburg. Wie haben Sie denn den Sänger in sich entdeckt?

Das ist durch eine ganz witzige Begebenheit mit meiner Frau passiert. Genauso wie ich versucht habe, gradlinig ins Orchester zu kommen, hat sie Gesang studiert und ist auch Sängerin geworden. Und sie hatte dann irgendwann die Idee, mit mir zusammen für eine Familienfeier ein Duett einzustudieren. Und das haben wir auch gemacht und haben es auch mit viel Freude und Witz dargeboten. Meine Schwiegermutter hörte das dann auf einer Aufnahme. Sie war Sängerin, unter anderem auch im Bayreuther Festspielchor, und ihr ist eigentlich aufgefallen, dass an der Stimme vielleicht etwas ist, was sich lohnen würde, ausgebildet zu werden.  

Deutsche Oper Berlin »Lohengrin« von Richard Wagner Premiere 15.04.2012, Inszenierung: Kasper Holten, Bühne, Kostüme: Steffen Aarfing Es spielen(v.l.n.r.) Klaus Florian Vogt - Foto: Claudia Esch-Kenkel
Deutsche Oper Berlin - LohengrinBild: picture-alliance/dpa


Haben Sie vorher nie gemerkt, was in Ihnen steckt?

Ich habe das tatsächlich nicht gewusst. Das hat auch sonst niemand bemerkt, dass da tatsächlich irgendein stimmliches Potential ist. Entsprechend vorsichtig habe ich das auch veranstaltet und diese stimmliche Ausbildung zunächst nur nebenbei betrieben. Ein bisschen Gesangsunterricht hier und da - wirklich sehr sporadisch und neben meinem Orchestermusikerdasein. Irgendwann hat dann der Gesangsprofessor gesagt: "Willst Du nicht mal versuchen, die Aufnahmeprüfung zu machen? Dann kann ich Dich besser unterrichten." Und das habe ich dann auch gemacht. Und wenn man dann mit seiner Stimme sogar schon mal eine Aufnahmeprüfung besteht, dann, so ganz allmählich, fängt man selber auch an, daran zu glauben, dass da was dran sein könnte.

Und wie sind Sie dann zu Wagner gekommen?

Meine ersten Kontakte waren natürlich als Orchestermusiker. Ich hatte als Hornist die Möglichkeit, zweimal den kompletten Ring neu einzustudieren. Und da hat man halt viele Proben, und hat viele Möglichkeiten, sich mit dieser Musik zu befassen. Ganz abgesehen davon, dass natürlich solche Stücke wie "Fliegender Holländer" einfach immer auf dem Repertoire-Plan waren. Und das ist einerseits ein großer Genuss gewesen, andererseits auch immer eine ganz große Herausforderung - auch schon als Hornist. Und genau so hat sich das als Sänger eigentlich erhalten. Ich weiß nicht warum, aber diese Musik spricht mich einfach im Herzen an, und berührt mich emotional.

Helfen Ihnen denn die Erfahrungen aus dem Orchestergraben jetzt, wenn Sie oben auf der Bühne stehen?

Ja, absolut. Also, der lauteste Ort im ganzen Opernhaus ist der Orchestergraben. Und insofern kann mich aus heutiger Sicht so ein lautstarkes Orchester auf der Bühne nicht so schrecken. Und dazu kommt, dass ich natürlich Grundlagen gelernt habe wie zum Beispiel dem Dirigenten folgend zu musizieren. Man ist in der Oper einfach darauf angewiesen, sich nach dem Dirigenten zu richten. Und dazu habe ich natürlich sehr viel Kammermusik gemacht. Dadurch lernt man auch, auf die anderen zu hören. Und dadurch, dass ich ein Blasinstrument gelernt habe, habe ich auch schon früh damit zu tun gehabt, mit meinem Atemapparat zu arbeiten, und den Körper zu benutzen, um Töne zu erzeugen, oder um Musik zu machen.

Was passiert mit Ihnen, wenn Sie Wagner singen?

Das packt mich natürlich genauso wie den Zuhörer. Auf mich übt diese Musik immer so einen Sog aus. Und emotional ist es tatsächlich so, dass, wenn man in einer Vorstellung ist und wirklich intensiv spielt, man ab und zu mal wirklich mit Absicht sagen muss, hoppla, jetzt muss ich eine gewisse Distanz wahren, sonst fange ich jetzt selber an zu heulen auf der Bühne. Und das ist natürlich beim Singen nicht besonders hilfreich.

Der Sänger Klaus Florian Vogt (M) als Parsifal und weitere Darsteller spielen am 18.10.2012 in der Deutschen Oper in Berlin eine Proben-Szene aus der Oper "Parsifal" von Richard Wagner. Das Stück feiert am 21. Oktober 2012 seine Premiere. Foto: Ole Spata/dpa
Deutsche Oper Berlin - ParsifalBild: picture-alliance/dpa

Macht das alles die Musik? Oder verschmelzen Rolle und Musik in dem Moment? 

Ich glaube, dass das beides ist wenn man sehr intensiv in der Handlung steckt. Klaus Maria Brandauer hat es einmal sehr schön ausgedrückt, indem er sagte, wenn wir das gut machen, dann spielen wir das nicht, dann sind wir das ja. Und das ist bei Wagner absolut so. Und dann kommt natürlich noch dieses Element der Musik dazu. Wie in einem Film, den man sich ansieht, in den man als Zuschauer auch hineingezogen wird. Da verschmilzt manchmal die Realität mit dem Gespielten. Und wenn man das merkt, muss man wirklich mit Absicht wieder Distanz herstellen.

Welche Wagnerfigur sind Sie denn am liebsten?

Ah, da gibt es mehrere. Ich bin natürlich wahnsinnig gerne Lohengrin, ich bin aber auch wahnsinnig gerne dieser Rebell Stolzing. Und ich bin auch gerne dieser Kämpfer und gerechtigkeitswollender Sigmund. Sie alle haben bestimmte Elemente, die ich gerne mag.

Die sind Ihnen auch persönlich nahe?

Ja, die sind mir auch persönlich nahe. 


Klaus Florian Vogt ist einer der meistgefragten Wagner-Tenöre weltweit.  Ob Bayreuth, Mailand, Berlin oder New York: Auf allen großen Opernbühnen der Welt wird der 1970 in Heide/ Holstein geborene Sänger gebucht. Querschnitte durch sein Repertoire sind auf den CD’s „Helden“ und „Wagner“, beide erschienen bei Sony Classical, zu hören.

Das Interview führte Silke Bartlick

Und hier das ganze Interview zum Hören: