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Stärkt China Nordkorea den Rücken?

6. Dezember 2010

Die amerikanischen Manöver in Ostasien sind China ein Dorn im Auge: Peking fürchtet ein Wiederaufleben des alten Dreierbündnisses zwischen den USA, Japan und Südkorea. Pekings Antwort darauf: Mehr Hilfe für Nordkorea.

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Wen Jiabao und Kim Jong-Il (Foto:ap)
Üben Wen Jiabao und Kim Jong-Il den Schulterschluss?Bild: AP

Es sei "das größte gemeinsame Seemanöver zwischen den USA und Japan“, titelte unlängst die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Und um die warnende Wirkung zu unterstreichen, zitierte das offizielle Sprachrohr der chinesischen Regierung japanische Quellen mit der Behauptung, diesmal gelte nicht Nordkorea, sondern China als "Feind". Auch der Zeitpunkt wurde als wichtiger Hinweis auf eine akute Bedrohung gewertet, obwohl das Seemanöver schon lange geplant war: Am Mittwoch (01.12.2010) endete das südkoreanisch-amerikanische Seemanöver als Antwort auf die Provokation aus Pjöngjang. Nur zwei Tage später, am 3.12., begann das japanisch-amerikanische Manöver.

Neue Nahrung für alte Ängste

Gemeinsames Seemanöver von USA und Südkorea im Gelben Meer (Foto:ap)
Seemanöver mit US-Beteiligung im Gelben Meer beobachtet China mit ArgwohnBild: AP

China beäugt Japans außenpolitischen und militärischen Kurs schon seit Jahrhunderten mit Misstrauen, hin und wieder reagiert Peking geradezu hysterisch auf japanische Machtansprüche. Diesmal sorgt sich Peking allerdings nicht nur um Japan. China fürchtet einen Dreierbund zwischen Japan, Südkorea und den USA. Die drei Staaten waren bereits im Kalten Krieg verbündet – beginnend im Koreakrieg 1950 bis 1953. Darauf reagiert Peking – und das nicht erst, seit Nordkorea tödliche Schüsse auf den Süden abgefeuert hat.

Besuche unter Brüderstaaten

Allein in diesem Jahr besuchte Nordkoreas Staatsführer Kim Jong-Il zweimal China, im Mai und im August. Dreimal haben die beiden Nachbarstaaten, die im Koreakrieg Schulter an Schulter gekämpft haben, nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Militärdelegationen höchsten Ranges ausgetauscht. Die Zusammensetzung der bislang letzten chinesischen Armeedelegation war besonders hochkarätig: Von allen vier Generalabteilungen der chinesischen Armee – dem Generalstab sowie den Generalabteilungen für politische Arbeit, Logistik und Ausrüstung – waren die ersten Stellvertreter zugegen. Dazu gesellten sich die Kommandanten der beiden Militärbezirke Shenyang mit Schwerpunkt für Nordostasien, Nordkorea und Russland und Jinan mit Schwerpunkt für Japan, Südkorea, das Gelbe und das Ostchinesische Meer.

Enge Bande zwischen Peking und Pjöngjang

Nordkoreas Staatschef Kim Jong-Il besichtigt ein Kraftwerk (Foto:dpa)
Wieviel Rückendeckung erhält Kim Jong-Il wirklich aus Peking?Bild: picture alliance / dpa

Auch hier spielte der gewählte Zeitpunkt gewiss eine Rolle: Am 28. Oktober 2010, einen Monat vor dem Feuergefecht auf der koreanischen Halbinsel, besuchten die chinesischen Ehrengäste der höchsten Armeeränge gemeinsam mit Kim Jong-Il ein Ehrengrabmal für die Gefallenen der Chinesischen Freiwilligen Armee, die Anfang der 1950er Jahre im Koreakrieg auf nordkoreanischer Seite gekämpft hatten. Unter ihnen befindet sich auch ein Sohn von Mao Tsetung. Eigentlich hatten Chinas Diplomaten den jüngsten Wikileaks-Enthüllungen zufolge ihren US-Kollegen zu verstehen gegeben, Peking stünde nicht mehr ganz und gar hinter Nordkorea. Die Besuche zeichnen jedoch ein anderes Bild.

Spannungen in Pekings KP-Führung

Weitere Nahrung erhalten diese Spekulationen etwa dadurch, dass innerhalb der KP-Führung ein außenpolitischer Streit im Gange ist. Immer lauter fordern Militärs und die orthodox-marxistische Linke ein Ende der Annäherung an die USA und Japan. Diesem innerparteilichen Druck konnte die Staatsführung schon im Frühjahr nicht mehr standhalten. Als der US-Flugzeugträger RSS Washington wie angekündigt an einem Seemanöver mit Südkorea im Gelben Meer teilnehmen wollte, um, wie es aus Washington und Seoul hieß, Nordkorea abzuschrecken, protestierten in Peking alle Spitzenpolitiker inklusive dem Ministerpräsidenten Wen Jiabao. Diesmal ist der Ärger noch größer: Während des japanisch-amerikanischen Seemanövers telefonierte Chinas KP- und Staatschef Hu Jintao höchstpersönlich mit Barack Obama. Hu forderte dabei die sofortige Rückkehr aller Parteien - China, Russland, Nord- und Südkorea, die USA und Japan – an den Verhandlungstisch. Gleichzeitig tagten bereits die Außenminister der USA, Südkoreas und Japans in Washington. Es sieht nicht danach aus, als sei einer der drei Staaten gewillt, dem chinesischen Vorschlag zu folgen. So verwundert es kaum, dass Obama am Telefon laut Xinhua nur zu Protokoll gegeben haben soll: Man bleibe in Kontakt.

Autor: Shi Ming
Redaktion: Thomas Latschan