Stärkere Finanz-Kontrolle für Athen gefordert
29. Januar 2012Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will mehr EU-Kontrolle für das von der Pleite bedrohte Griechenland. "Wir brauchen bei der Umsetzung des Reformkurses mehr Führung und Überwachung. Wenn dies den Griechen nicht selbst gelingt, müssen Führung und Überwachung stärker von außen kommen, zum Beispiel durch die EU", sagte Rösler der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe).
Stück für Stück weniger Souveränität
Die EU-Kommission hatte zuvor bereits bestätigt, dass sie eine stärkere Kontrolle über die griechische Finanzpolitik anstrebe. Allerdings will man auf Brüsseler Ebene unbedingt den Eindruck vermeiden, dass die Griechen Stück für Stück ihre Souveränität verlieren. Denn in Athen lehnt man einen Verzicht auf Kompetenzen in der Finanzplanung ab. Der Begriff Sparkommissar wird daher auch vermieden.
Wirtschaftsminister Rösler zeigte sich unzufrieden mit dem Stand der Reformen in Griechenland. Hintergrund sind Berichte, dass das Land kurzfristig weitere und zusätzliche Finanzhilfen benötigt. Die Geduld mit der Führung in Athen neige sich deutlich dem Ende zu, so der FDP-Chef. "Weitere Hilfen kann es nur geben, wenn die griechische Regierung die notwendigen Reformen endlich umsetzt."
Ein innenpolitischer Kriegsschauplatz?
Bei solchen Äußerungen Röslers spielen auch innenpolitische Überlegungen eine Rolle. Schließlich hat die FDP erst vor kurzem einen Mitgliederentscheid gegen den Euro-Rettungskurs der Bundesregierung knapp überstanden. Die parteiinternen Kritiker dürften sich das Verhalten der Parteispitze genau ansehen. So zitiert etwa die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Florian Toncar mit der Aussage: Entweder werde Griechenland das Reformprogramm aus eigener Einsicht schaffen, "oder das Programm wird nicht funktionieren". Geschlossenheit sieht anders aus.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin bezeichnete denn auch den Ruf nach einer stärkeren Kontrolle als "klassische Ablenkungsdiskussion". Er diene dazu, die Zweifler in der Union zu beruhigen, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Zusagen vom Herbst zum Fiskalpakt nicht einhalten könne. Dieser Vorschlag sei nur für die heimische Bühne bestimmt. In der EU sei er nicht durchsetzbar.
"Griechenland wird damit leben müssen"
Aus den Reihen der SPD war vor allem Martin Schulz zu vernehmen, der frisch gewählte Präsident des Europäischen Parlaments. "Griechenland wird damit leben müssen, dass diejenigen, die viel Geld für die Sanierung des Landes geben, an Entscheidungen, wie es verteilt wird, maßgeblich beteiligt sind", erklärte Schulz.
Fortsetzung folgt am Montag. Das Thema Griechenland steht übrigens offiziell überhaupt nicht auf der Tagesordnung beim Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel.
Autor: Marko Langer (dpa, AFP)
Redaktion: Michael Wehling