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Stromsparmodus nach der Hochspannung

Tobias Oelmaier (in Köln)19. März 2016

Die Beine sind schwer beim FC Bayern nach dem dramatischen Champions-League-Achtelfinale gegen Turin. Trotzdem gewinnt der Tabellenführer knapp beim 1. FC Köln. Einen Münchener Verlierer gibt es dennoch.

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Spielszene Köln gegen Bayern München (Foto: Reuters/W. Rattay)
Bild: Reuters/W. Rattay

Es ist die 87. Spielminute im Kölner Stadion. Die Heimfans auf der Südtribüne singen von "einem Leben für den Verein", die Bayern schwenken im Gästeblock tapfer ihre Fahnen. Und Supertechniker Thiago dribbelt. Aber der kleine Spanier im Trikot des Rekordmeisters hat dabei nicht das gegnerische Tor im Blick. Nein, er deckt den Ball geschickt an der gegnerischen Eckfahne ab. Franck Ribery kommt ihm zu Hilfe, stochert mit herum. So schaffen es die beiden, wieder 15, 20 Sekunden "von der Uhr zu nehmen", wie es im Fußballerjargon heißt.

Denn Köln drückt, ist dem Ausgleich nahe in der Schlussphase der Partie. Vor wenigen Minuten hat FC-Stürmer Anthony Modeste eine hundertprozentige Möglichkeit vertan. Allein vor Manuel Neuer schießt er den Schlussmann der Münchener aus vier Metern Torentfernung an. Keine Frage, die Bayern sind platt. Die 120 Minuten vom Champions-League-Sieg gegen Juventus Turin drei Tage zuvor fordern ihren Tribut. Im Kopf und in den Beinen. "Heute war kein Spiel, bei dem man ein Spektakel erwarten durfte", konstatierte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge nach der Partie. "Wichtig ist, dass wir die drei Punkte haben und jetzt mit mindestens fünf Punkten Vorsprung auf Dortmund in die zwei Wochen Länderspielpause gehen. Jetzt könnten die Spieler endlich regenerieren."

Müde eher im Kopf

Philipp Lahm, Thomas Müller, Arturo Vidal und Franck Ribery dürfen das schon gegen die Kölner. Sie sitzen anfangs nur auf der Bank. So bekommen einige der Reservisten eine Chance: Sebastian Rode im Mittelfeld, Rafinha hinten rechts. Dazu die Matchwinner gegen Juve, Thiago und Kingsley Coman. Und Robert Lewandowski. Der hat zwar auch gegen die Turiner die gesamten 120 Minuten auf dem Platz gestanden, sollte aber später in den Katakomben des Kölner Stadions mit einem Lächeln erzählen, dass er ja schon eine Woche zuvor pausiert habe. Die Mündigkeit existiere daher "eher im Kopf". Das einzige Tor gegen Köln macht der Pole mit dem Fuß: Abwehrfehler Köln in der 10. Minute, der Ball fällt dem Torjäger vor die Füße, und gleich mit der ersten Chance erzielt er aus 16 Metern das 1:0 für den Tabellenführer.

Fußball Bundesliga FC Köln vs. Bayern München, Jubel Bayern-Spieler (Foto: Reuters/W. Rattay)
Torjäger Robert Lewandowski lässt die Bayern auch in Köln jubelnBild: Reuters/W. Rattay

Auch die wenigen anderen Möglichkeiten der Münchener gehen auf das Konto Lewandowskis, der nun bereits bei 25 Saisontoren steht und damit die aktuelle Nummer eins der Rangliste ist. Aber ein weiterer Treffer wollte ihm nicht gelingen. So verflachte die Partie immer weiter, ein Raunen ging eigentlich nur dann durchs Stadion, wenn die Bayern brenzlige Situationen in der eigenen Abwehr mit Tiki-Taka-Fußball lösten und so die Kölner Offensive wie im Training austricksten. "Des dad mi scho ärgern, wenn i für die Karten vui Geld zahlt hätt'", raunzt ein Kollege auf der Pressetribüne seinem Nachbarn in tiefstem Bayerisch zu. Mitleid mit den Zuschauern. 50.000 sind im ausverkauften Stadion und geben nicht auf. Und tatsächlich soll ihr Team immer besser ins Spiel kommen. Alleine Stoßstürmer Modeste hat in der zweiten Halbzeit drei, viermal den Ausgleich auf dem Fuß.

Bayerns Thomas Müller sieht sich das Treiben die kompletten 90 Minuten von der Bank aus an, gestikuliert und zittert den Schlusspfiff herbei und betätigt sich zwischendurch als Betreuer seiner ausgewechselten Mitspieler, legt fürsorglich Jacken und Decken um die ausgepumpten Kollegen Xabi Alonso, Douglas Costa und Sebastian Rode. "Der Körper kann eine Pause sicherlich gut vertragen, aber der Geist will oft etwas anderes. Man spielt immer gerne", lässt Müller nach der Partie gegenüber der DW durchklingen, dass es ihn durchaus gereizt hätte, selbst mitzuwirken.

Götze schaut nur zu

Eingewechselt wird Müller aber nicht. Damit hat er etwas gemeinsam mit Mario Götze. Der schmort mal wieder auf der Bank. Trotz der Rotation. Trotz der Müdigkeit der Champions-League-Helden. Und obwohl er eigentlich frisch sein müsste. Rummenigge gibt sich diplomatisch. "Da mische ich mich nicht ein, das muss der Trainer entscheiden. Wir haben im Offensivbereich sechs, sieben Spieler und nur vier können spielen." Und angesprochen darauf, dass mit fast allen Leistungsträgern in letzter Zeit langfristige Verträge abgeschlossen wurden, nur mit Götze nicht, bittet Rummenigge um Verständnis, "dass ich in Sachen Personalpolitik keine Wasserstandsmeldungen abgeben möchte." Ein Bekenntnis zu einem Star hört sich anders an. Die Tage des WM-Siegtorschützen in München dürften also gezählt sein. Sie trauen ihm offenbar nicht mal zu, den Ball gegen Köln an der Eckfahne zu verteidigen.