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Transitzonen für Flüchtlinge?

1. Oktober 2015

Menschen ohne Asyl-Anspruch an der Grenze festhalten und wieder heimschicken: Bislang wurde über Transitzonen wie an Flughäfen nur debattiert. Jetzt liegt ein Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor.

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Flüchtlinge an deutsch-österreichischer Grenze (Foto: APA/Barbara Gindl)
Flüchtlinge werden an der deutsch-österreichischen Grenze in Freilassing versorgt (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Er will per Gesetz die Möglichkeit schaffen, Flüchtlinge bis zu einer Woche in eingerichteten Transitzonen an den deutschen Landesgrenzen festzuhalten. Das sieht ein der Deutschen Presse-Agentur vorliegender Referenten-Entwurf vor, der mit den anderen Ressorts noch abgestimmt werden muss.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll in einem Zeitraum von sieben Tagen über den Asylantrag entscheiden. Wird dieser abgelehnt, sollen Schutzsuchende noch an der Grenze abgewiesen werden können. De Maizière sagte dazu, die Politik müsse angesichts des großen Flüchtlingsandrangs auch harte Entscheidungen treffen.

Einreise abgelehnt!

"Da die Prüfung vor einer Einreise nur möglich ist, wenn noch keine faktische Einreise erfolgt ist, lässt sich das Verfahren nur im Fall einer freiheitsentziehenden Maßnahme umsetzen", heißt es in dem Entwurf.

Und weiter: "Kann über die Zulässigkeit nicht innerhalb einer Woche entschieden werden oder ist eine Unterbringung an der Grenze nicht möglich, ist die Einreise unabhängig von den Erfolgsaussichten des Asylantrags zu gestatten." In diesen Fällen soll ein Asylbewerber in eine Erstaufnahmestelle geschickt werden. Wird ein Asylgesuch dagegen abgelehnt, soll die Einreise verweigert und der Betroffene direkt in seine Heimat zurückgeschickt werden.

Die geplante Regelung ist vor allem auf Menschen aus "sicheren Herkunftsstaaten" vom Balkan gemünzt, die auf dem Landweg in die Bundesrepublik kommen, um hier Asyl zu beantragen, und an der Grenze aufgegriffen werden. Ihre Aussichten auf Asyl sind sehr gering.

Aber auch Menschen ohne Papiere könnten in solchen Transitzonen landen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen von dem Verfahren ausgenommen werden. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits im Transitbereich von Flughäfen - für Asylbewerber, die auf dem Luftweg nach Deutschland kommen.

Verschärftes Asylrecht, weniger Leistung

Die Opposition kritisiert die Idee von Transitzonen. SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte: "Was in einem umzäunten Flughafengebäude funktionieren mag, lässt sich auf 3757 Kilometern deutscher Landesgrenze nicht übertragen." Die Flüchtlinge würden sich dann Wege über die grüne Grenze suchen, wodurch noch mehr Menschen unregistriert einreisten. Funktionieren würde das Verfahren nur, wenn ein Grenzzaun gebaut werde. Das sei mit der SPD nicht zu machen.

Das Gesetzespaket zum Asylrecht, über das der Bundestag am Donnerstag erstmals beriet, ist ebenfalls umstritten. Vorgesehen ist unter anderem, die Balkanländer Albanien, Kosovo und Montenegro als weitere "sichere Herkunftsstaaten" einzustufen, um Asylbewerber von dort schneller abzuweisen. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass Flüchtlinge künftig deutlich länger in Erstaufnahmestellen bleiben und möglichst nur Sachleistungen bekommen sollen.

Deutschland Bundestag Asylrechtsänderung Thomas de Maizière (Foto: REUTERS/Axel Schmidt)
de Maizière: "Wer hier nach Deutschland kommt, der muss sich dahin verteilen lassen, wohin wir ihn bringen"Bild: Reuters/A. Schmidt

"Schikane und Härte"

Forscher und Hilfsorganisationen rügen den Kurs. Auch Linke und Grüne beklagen, das Paket enthalte Schikanen. De Maizière hält die Verschärfungen angesichts der rasant wachsenden Flüchtlingszahlen jedoch für unausweichlich. "Im September sind so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen wie seit Jahrzehnten nicht mehr in einem einzigen Monat", betonte er.

De Maizière beklagt Eigenmächtigkeit vieler Flüchtlinge

Die große Zahl unregistrierter Flüchtlinge in Deutschland sieht de Maizière als "ernstes" Problem. Im ZDF sagte er: "Bis zum Sommer waren die Flüchtlinge dankbar bei uns zu sein. Sie haben gefragt, wo ist die Polizei, wo ist das Bundesamt. Wo verteilt Ihr uns hin." Das habe sich seither geändert. "Jetzt gibt es schon viele Flüchtlinge, die glauben, sie können sich selbst irgendwohin zuweisen", führte der Minister aus.

"Sie gehen aus Einrichtungen raus, sie bestellen sich ein Taxi, haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte von Kilometern durch Deutschland zu fahren. Sie streiken, weil ihnen die Unterkunft nicht gefällt, sie machen Ärger, weil ihnen das Essen nicht gefällt, sie prügeln in Asylbewerbereinrichtungen."

Dies sei zwar eine Minderheit, räumte de Maizière ein. "Aber da müssen wir klar sagen, wer hier nach Deutschland kommt, der muss sich dahin verteilen lassen, wohin wir ihn bringen, sich einem fairen Verfahren unterstellen und unsere Rechtsordnung anerkennen."

pab/haz (afp, dpa, rtr)