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Streit um Land in Tansania

4. Februar 2010

Als der weltberühmte Serengeti-Nationalpark in Tansania gegründet wurde, siedelte man die Maasai kurzerhand aus. Das war vor 60 Jahren. Seither wird den Viehzüchtern der verbliebene Lebensraum streitig gemacht.

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Maasai aus Loliondo (Foto: Judith Fehrenbacher)
Die Maasai haben kaum noch RückzugsgebieteBild: Judith Fehrenbacher

Als im Sommer 2009 die schlimmste Dürre seit Jahren wütete, wurden Tausende Maasai mitsamt den Herden aus ihrem Stammland vertrieben und von Wasser und Nahrung abgeschnitten. "Sie kamen abends am 4. Juli, um uns zu vertreiben", erinnert sich eine Maasai-Frau. Tansanische Polizisten hätten auf sie eingeprügelt und sie davongejagt, Anschließend seien ihre Hütten und Lebensmittelvorräte verbrannt worden.

Gebrochene Versprechen

Serengeti-Nationalpark (Foto: J. Sorges)
Ursprünglich waren die Maasai in der Serengeti beheimatetBild: J. Sorges

Hintergrund des Geschehens ist ein Konflikt um die 4000 Quadratkilometer große Region Loliondo, die im Osten an den Serengeti-Nationalpark angrenzt. Die tansanische Regierung verpachtete das Areal als exklusives Revier für Großwildjäger an eine Firma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Ortello Business Corporation, kurz OBC. Verlierer in diesem Spiel waren die Maasai, denen man Loliondo als dauerhaftes Rückzugsgebiet versprochen hatte. Nach der Vertreibung zog eine Gruppe Betroffener zum Regierungssitz in Dar es Salaam, unter ihnen Paulina Tipap.

"Wir beschlossen, den Präsidenten aufzusuchen." Schließlich habe die Regierung zu Unrecht behauptet, bei den Vertriebenen handle es sich um Kenianer. Als Reaktion auf die Proteste schickte die Regierung eine Kommission nach Loliondo, um die Vorfälle zu untersuchen.

Untersuchungskomissionen mit unterschiedlichen Resultaten

NGO-Mitglieder aus Tansania (Foto: Judith Fehrenbacher)
Menschenrechtsorganisationen setzen sich für die Maasai einBild: Judith Fehrenbacher

Die Regierungskommission kam zu dem Schluss, dass die lokalen Behörden rechtmäßig gehandelt hätten. Der zuständige Regional Comissioner Isidori Shirima verteidigt das Vorgehen der Sicherheitskräfte. "Die Aktion verlief so freundlich wie möglich. Leider waren Ausländer im Spiel." Auf die Frage, ob OBC die Intervention verlangt hatte, reagiert Shirima ungehalten. "OBC agiert im Einklang mit den Vorschriften der tansanischen Regierung", behauptet er. "Sie genießt keine Sonderrechte."

Es gibt Gründe, an dieser Aussage zu zweifeln. Die OBC verfügt über einen eigenen Flughafen und ein Camp mitten im Wildlife Korridor, außerdem kontrolliert sie das Handynetz. So wird ein Serengeti-Besucher beim Verlassen des Parks von der Message "Welcome to the UAE" – "willkommen in den Vereinigten Arabischen Emiraten" auf seinem Handy überrascht – mitten in Tansania.

Mobilisiert durch die verzweifelten Appelle der Bewohner bildete ein Zusammenschluss verschiedener Menschenrechtsorganisationen ein eigenes Team, das vor Ort recherchierte. Steven ist von der Dachorganisation Pingos und war Mitglied des Untersuchungsteams. "Zur Begründung der Vertreibung seitens des District Commisioners hieß es, die Maasai würden die Umgebung zerstören", sagt Steven. Das sei nicht wahr. Vielmehr schade die von der OBC betriebene Großwildjagd dem ökologischen System.

Hoffnung auf Rückkehr

Maasai (Foto: Judith Fehrenbacher)
Die Maasai wollen nicht länger heimatlos seinBild: Judith Fehrenbacher

Im November 2009 beschloss das Parlament, ein eigenes Untersuchungskomitee zu bilden. Steven war bei der Sitzung dabei. Kommt jetzt endlich die Wahrheit ans Licht?

"Wir hoffen, dass das Komittee Ergebnisse präsentieren wird, die auf Tatsachen basieren und nicht auf Manipulation", sagt Steven. Es sei noch kein Optimismus angebracht. In den letzten fünf Jahren seien immer wieder einzelne Gruppen von Vertreibung aus ihren Stammländern bedroht worden. Insbesondere die Situation der Viehhirten erfülle ihn mit Sorge.

Derzeit sind zwanzig Abgeordnete in Loliondo um Aufklärung bemüht. In den nächsten Wochen wollen sie dem Parlament ihren Bericht vorlegen.

Autorin: Judith Fehrenbacher

Redaktion: Katrin Ogunsade