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Wie prähistorische Dinos entstaubt werden

Stuart Braun
29. Juli 2022

Sotheby's hat einen Gorgosaurus für über sechs Millionen Dollar versteigert. Auch prähistorische Knochen müssen sauber gehalten werden. Dafür entwickeln Museen erstaunlich kreative Methoden.

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Skelett eines Gorgosaurus, der bei Sotheby's versteigert wird
Dieser Gorgosaurus wurde bei Sotheby's versteigert - und muss nun staubfrei gehalten werdenBild: Angela Weiss/AFP via Getty Images

Der Schutz und Erhalt gewaltiger Skelette etwa von meterhohen Dinosauriern oder Blauwalen aus dem 19. Jahrhundert stellen Museen rund um die Welt vor große Herausforderungen. 

Bei Sotheby's wurde jetzt das rund 77 Millionen Jahre alte Skelett eines Gorgosaurus für 6,1 Millionen Dollar (umgerechnet rund sechs Millionen Euro) an einen privaten Sammler versteigert. Auch er wird sich jetzt mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie man so ein großes und kleinteiliges Objekt sauber hält. 

"Sind sie den Elementen zu sehr ausgesetzt, können fossile Knochen ganz schnell zu Staub werden", schreibt das Naturgeschichtliche Museum von Utah (NHMU) in einem Artikel aus dem Jahr 2017 mit dem Titel "Dusting our Dirty Dinosaurs" (dt. "Wie wir unsere dreckigen Dinos abstauben").

Lieblings-Hilfsmittel: ein Laubbläser

William Thomas ist Präparator der Ausstellungsstücke im NHMU, das eine große Sammlung prähistorischer Skelette besitzt. Im Interview mit der DW erklärt er, dass "stehende Saurierskelette etwa zweimal jährlich abgestaubt werden".

Zur Sammlung von Skeletten gehört auch das eines Barosaurus. Es misst stehend mit seinen fossilen Knochen und "Prothesen" aus Gips neun Meter. Sein langer Hals half dem Barosaurus vor 150 Millionen Jahren, Blätter von hohen Bäumen und Pflanzen zu fressen.

"Unser Lieblings-Abstaubgerät ist ein Laubbläser", so Thomas. Dieser werde abwechselnd mit durch Stangen verlängerte Staubwedel eingesetzt. "Normalerweise stauben wir im Juni groß ab. Und im Winter. Dann testen wir unser Rauchabzugssystem: Ein starker Wind weht dann durch das Gebäude und wirbelt viel Staub auf. Dann wird noch einmal kräftig gestaubt."

Thomas und sein Team suchen die Sammlungsräume täglich nach Spinnweben ab, aber auch nach Schäden, die von Besuchern verursacht wurden. "Wir mussten im Laufe der Jahre schon einige abgebrochene Knochen reparieren", sagt er. "Das ist bei gegossenen Exemplaren viel einfacher als bei versteinerten Knochen". 

Tiefenreinigung mit Hilfe von Käfern

Im Smithsonian National Museum of Natural History in Washington D. C. finden sich Skelette von zarten Kolibris genauso wie von riesigen Walen, die zunächst gründlich gereinigt werden müssen. Dafür setzt die Abteilung für Wirbeltierzoologie eine Kolonie fleischfressender Dermestidenkäfer ein, die der Museumsspezialist John Ososky als "Supersanitäter" bezeichnet. Sie sind fürs Grobe zuständig und entfernen das zäheste Gewebe von den Knochen.

"Ich habe fast eine Million Käfer, die unersättlich das Muskel- und Bindegewebe von jedem Exemplar entfernen, das ich ihnen gebe", sagt er. Für ein kleines Säugetier wie eine Maus dauere das nur in ein paar Stunden, bei großen Säugetiere wie Walen könnte das auch viele Monate in Anspruch nehmen.

Wal "Hope" in London: 4,5 Tonnen Knochen

Vor fünf Jahren enthüllte das Naturhistorische Museum in London nach einer sorgfältigen Renovierung ein Blauwalskelett mit dem Namen "Hope".

Der gestrandete Wal wurde 1891 in Irland gefunden und 1934 erstmals im Museum in South Kensington in London ausgestellt. Nachdem das Skelett 2015 abgenommen wurde, arbeiteten Konservatoren über drei Jahre lang daran, das 4,5 Tonnen schwere Exemplar mit 221 Knochen für die Ausstellung im Zentrum des Museums vorzubereiten.

Walskelett im Natural History Museum in London
Ein schwebender Koloss: der Wal "Hope" im Londoner Natural History Museum Bild: Tolga Akmen/AFP via Getty Images

Im Jahr 2020, als das Museum nach der Corona-Pandemie wieder aufmachte, reinigten und entstaubten die Konservatoren das riesige Blauwalskelett erneut. Zwei Tage lang wurde Hope sanft mit weichen Bürsten und Staubsaugern gereinigt, wobei das Team auch nach Spannungsrissen in den Knochen suchte.

Erst kürzlich wurde auch der berühmte Blauwal des New Yorker Museums für Naturgeschichte - das größte Exemplar des größten Säugetiers, das jemals auf der Erde gelebt hat - einer neunmonatigen Reinigung unterzogen. Der gesamte 29 Meter lange Körper des Wals muss seit seiner Aufstellung im Jahr 1969 regelmäßig gründlich abgestaubt werden.

Gorgosaurus, der kleinere Vorfahr des T-Rex 

Das Auktionshaus Sotheby's hat nun in New York das Skelett eines Gorgosaurus-Dinosauriers versteigert. Vor etwa 76 Millionen Jahren lebte dieser Gigant auf unserem Planeten. Der hungrige Fleischfresser war mit dem Tyrannosaurus Rex verwandt und stand 10 Millionen Jahre vor seinem berühmteren Cousin an der Spitze der Nahrungskette. Sein Skelett wurde 2018 im US-Bundesstaat Montana entdeckt und ist fast 3 Meter hoch und 7 Meter lang.

Skelett eines Tyrannosaurus Rex
T-Rex "Stan" wurde 2020 für 30 Millionen Dollar versteigertBild: Mary Altaffer/AP Photo/picture alliance

Bereits im Mai wurde in New York das etwa 100 Millionen Jahre alte Dinosaurierskelett eines Deinonychus antirrhopus für rund 12 Millionen Dollar versteigert, während im Jahr 2020 das Skelett eines T.-Rex, bekannt als "Stan", mehr als 30 Millionen Dollar einbrachte - auch wenn viele Experten der Versteigerung wissenschaftlich wertvoller Skelette kritisch gegenüberstehen.

Und wer Millionen von Dollar für Millionen von Jahren alte Fossilien ausgibt, wird auch regelmäßig ein Heer von Reinigungskräften anheuern müssen, damit die Investition nicht allzu schnell verrottet.

Dieser Text wurde von Philipp Jedicke und Sabine Oelze aus dem Englischen adaptiert.

DW Autor l Kommentatorenfoto Stuart Braun
Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.