1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Stammzellenforschung spaltet USA

Daniel Scheschkewitz, Washington25. Mai 2005

In den USA ist die Diskussion um den Umgang mit Stammzellen neu entfacht. Ungeachtet eines drohenden Vetos von Präsident Bush hat das Repräsentantenhaus eine Aufhebung der Beschränkungen bei der Forschung beschlossen.

https://p.dw.com/p/6gxT
Stammzellen sind Musterzellen, die die Fähigkeit besitzen, sich in verschiedene Gewebe zu entwickelnBild: AP

Angesichts einer Gesetzesinititative im US-Kongress, die auch die Stammzellenforschung mit Embryonalzellen mit öffentlichen Mitteln fördern will, warf Präsident Bush am Dienstag (24.5.2005) sein ganzes Gewicht in die Waagschale, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Bush, der die Vernichtung von embryonalen Zellen mit Abtreibung gleichsetzt, will sich dem Gesetz notfalls mit einem Veto entgegenstellen. Es wäre das erste Mal in seiner Amtszeit, dass Bush zu dieser Massnahme greifen müsste.

Die Befürworter des Gesetzesvorschlags argumentieren, die embryonalen Stammzellen hätten das Potenzial, die Behandlung von Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer oder Parkinson zu erleichtern. Der republikanische Kongressabgeordnete für Delaware, Michael Castle, der das Gesetz eingebracht hat, erklärte: "Forscher in diesem Bereich gehen davon aus, dass die Möglichkeiten auf diesem Gebiet alles übertreffen, was auf dem Gebiet der medizinischen Forschung in den USA bisher möglich ist."

Ethische Fragen

Darf man eine aus künstlicher Befruchtung entstandene Eizelle für wissenschaftliche Zwecke verwenden, wenn eigentlich die Schöpfung menschlichen Lebens beabsichtigt war? Präsident Bush meint Nein. Er hatte die Stammzellenforschung in den USA bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren engen Beschränkungen unterworfen. So durfte bisher nur mit Stammzellen aus alten Embryo-Beständen geforscht werden, die bereits vor dem 1. August 2001 existierten.

In seiner Erklärung, die Bush vor einer Gruppe von Kindern stehend abgab, die als Embryo von ihren Eltern adoptiert worden waren, verteidigte Bush die bisher in den USA gängige, restriktive Praxis: "Meine Politik hat einen klaren Maßstab gesetzt. Wir sollten keine Steuergelder verwenden, um der Zerstörung weiteren menschlichen Lebens Vorschub zu leisten." Und im Hinblick auf das eingebrachte Gesetz warnte Bush: "Mit diesem Gesetz würde eine kritische ethische Grenze überschritten. Es würden neue Anreize zur Zerstörung von wachsendem menschlichen Leben geschaffen."

Kompromiss gesucht

Derzeit ist unklar, ob im Kongress auch eine Zweidrittelmehreheit für das Gesetz zustande käme, gegen die auch ein Präsidentenveto wirkungslos wäre. Einige Abgeordnete könnten es vorziehen, ein eingeschränktes Gesetz zu verabschieden, das auch die Zustimmung von Präsident Bush hätte. Mit diesem Gesetz würde eine anderer Weg beschritten und lediglich der Vorrat an Nabelschnurblut für die Stammzellenforschung erhöht. Außerdem würde es den Aufbau einer nationalen Datenbank von Stammzellen ermöglichen.

Den Vorteil dieses Gesetzes beschrieb der republikanische Abgeordnete Christopher Smith: "Erstaunlicherweise stehen wir heute an der Schwelle zu einem medizinischen Durchbruch, bei dem Abfallprodukte aus Nabelschnurplasma zu Wundermitteln für viele, derzeit unheilbar kranke Menschen würden."

Nach aktuellen Umfragen befürworten 53 Prozent aller US-Bürger die Forschung an embryonalen Stammzellen zu medizinischen Zwecken. Selbst Abgeordnete aus Bushs republikanischer Partei stehen unter erheblichem öffentlichen Druck, der von Lobbyisten und Betroffenen ausgeübt wird.

Wie zum Beispiel von Beth Westbrook, einer Mutter deren Tochter vor vier Jahren an Knochenkrebs gestorben war. "Kein Vater, keine Mutter sollte jemals wieder vor der Situation stehen, ihrem Kind sagen zu müssen. Die Ärzte können nicht mehr tun. Es gibt keine Hoffnung mehr. Alle Eltern sollten ihren betroffenen Kindern sagen können, dass die Forschung alles unternimmt, um eine medizinische Heilung zu ermöglichen."