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"VorBilder" - Fotoausstellung gegen Rechtsextremismus

Heike Mund27. August 2015

Fairplay sollte es nicht nur im Sport geben, auch in der Politik. Für ein Foto-Projekt trafen Politiker mit Spitzensportlern zusammen. Wir haben mit den Fotografen und Ausstellungsmachern gesprochen.

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Torsten Frings und Gerald Asamoah
Bild: picture-alliance/dpa

Für die Aktion durften sich 22 Politiker mit 22 Sportlern verabreden, die sie schon immer einmal treffen wollten. Die Wahl von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann fiel auf Bundestrainer Jogi Löw, Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms traf Fußballprofi Gerald Asamoah (im Foto rechts). Fotografiert wurde an historisch bedeutsamen Orten wie dem Berliner Olympiastadion oder Sportstätten, an denen normalerweise gekämpft, gefochten oder getanzt wird.

Abseits von Bodyguards und Pressesprechern fingen die Fotografen Bernd und Angelika Kohlmeier sehr persönliche Momentaufnahmen bei den Begegnungen ein. Im Rahmen der 2012 gestarteten Kampagne "Sport und Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus" entstand so eine politisch ambitionierte Ausstellung, die derzeit in der Bundeskunsthalle in Bonn Station macht. Im DW-Interview erklärt die Fotografin Angelika Kohlmeier, was für eine Idee hinter dem Projekt steht, das vom Bundesinnenministerium initiiert und gefördert wurde.

Ausstellung VorBILDER Sport und Politik vereint gegen Rechtsextremismus
Besucherinnen in der Fotografie-Ausstellung in der BundeskunsthalleBild: DW/H. Mund

DW: Frau Kohlmeier, Ihre Fotoausstellung, die Sie mit ihrem Mann Bernd Kohlmeier zusammen konzipiert haben, heißt "VorBilder – Sport und Politik vereint gegen Rechtsextremismus". Was für eine inhaltliche Konzeption steckt hinter diesem Titel?

Angelika Kohlmeier: Vorbild kann eigentlich jeder sein oder werden, nicht nur der Politiker oder der Sportler, sondern auch ganz normale Bürger. Und jeder muss was tun. Sonst werden wir unsere Demokratie bald nicht mehr haben, wenn wir uns nicht einmischen, wenn wir uns nur passiv irgendwo hinsetzen und immer nur zusehen. Jeder kann sich in diesem Land Bundesrepublik Deutschland für Toleranz, gegen Diskriminierung und Rassismus jeglicher Art einsetzen. Man kann gar nicht oft genug darüber sprechen, dass man sich aktiv für unsere Demokratie einsetzen muss, wenn sie erhalten bleiben soll.

Die Schwarz-Weiß-Fotografien, viele davon Making-Of-Fotos von den Fototerminen, werden hier in Bonn im Foyer eines Museums präsentiert. Als Wanderausstellung konzipiert sollen sie auch in Schulen, Einkaufzentren und an ganz alltäglichen Orten gezeigt werden. Was macht das für einen Unterschied?

Wir wollen diese Ausstellung auch dahin bringen, wo der normale Bürger hingeht, der nicht unbedingt in ein Museum geht, um sich etwas anzuschauen. Sie soll an Orten gezeigt werden, wo man einfach reinfällt in das Thema, wo man sich nicht mehr entziehen kann. In Bautzen im Einkaufszentren beispielsweise, wo die Ausstellung auch stand – und das fand ich sehr spannend – da waren ständig viele Leute unterwegs. Das ist der Infopoint der Stadt, alles trifft sich dort jeden Tag, ob das nun junge Leute sind oder Rentner, Hausfrauen.

Und die konnten sich den Fotografien nicht entziehen. Sie haben mehr im Vorbeigehen diese Fotos gesehen und vielleicht den einen oder anderen Fußballstar wie Jogi Löw oder Gerald Asamoah erkannt. Und dann blieben sie stehen und fingen an die Texte dazu zu lesen. Und ich glaube auch, dass alle, die diese Fotos sehen, davon etwas mitnehmen und ihre Haltung zu solchen Themen, wie Rechtsextremismus und Ausgrenzung vielleicht überdenken werden. Die Ausstellung ist da der Anstoß.

Plakat Kampagne Sport und Politik gegen Rechtsextremismus Löw und Kretschmann
Joachim Löw (l.) und Winfried KretschmannBild: studio kohlmeier berlin

Was haben Sie für Reaktionen darauf erlebt, gerade in den Städten im Osten, in denen es schon mal zu rechtsextremen Aufmärschen gekommen ist?

Negative Reaktionen haben wir vor allem nur anonym erlebt. Wir haben eine kleine Aktion eingebaut, bei der man Fragebögen ausfüllen kann. Mit Fragen, wie man zu dem Thema Rassismus steht, oder wie einem die Ausstellung gefällt. Da haben wir schon in dem einen oder anderen Städtchen die ganz herben Aussagen in unserer Kiste gehabt. Auf die Frage zum Beispiel: "Haben Sie schon selbst Diskriminierung erlebt?" kam die Antwort: "Nein, ich bin arischer Abstammung." Aber es ist immer einfacher, etwas anonym auszufüllen und irgendwo rein zu schmeißen, als persönlich Stellung zu beziehen.

Inwieweit ist ihre ambitionierte Fotografie auch als politische Aktion zu sehen?

Ich bin ein sehr politischer Mensch, wir beide sind sehr politisch und haben auch immer den Anspruch etwas zu bewegen in unserer Gesellschaft. Wir sind davon überzeugt, dass man mit Kunst und ohne diesen pädagogischen Touch viel mehr erreicht, als mit belehrenden Aktionen.

Ihre Ausstellung "VorBilder" soll nicht nur passiv genossen und betrachtet werden. Sie möchten die Besucher auch motivieren, selbst aktiv gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu werden. Wie machen sie das?

Wir haben durch unsere fotografische Arbeit festgestellt, dass es wichtig ist, dass sich jeder in unserer Gesellschaft positioniert und auch Haltung zeigt. Die Überlegung war dann, wie können wir die Besucher mit in die Ausstellung integrieren. Wir haben dann ein mobiles Fotostudio genommen, Ausstellungsbesuchern ein großes leeres Blatt gegeben und sie gebeten, sich mit einem spontan formulierten Satz zu positionieren und sich damit fotografieren zu lassen. Das haben viele auch gemacht, die wir hier auf einem Monitor zeigen.

Die Fotografieausstellung "VorBilder – Sport und Politik vereint gegen Rechtsextremismus" ist bis zum 6. September 2015 in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. Am 30.08.2015 findet dazu eine Benefizveranstaltung "Anpfiff für Toleranz" statt, bei der sechs Kabarettisten kostenlos auftreten. Der Erlös geht an die Flüchtlingshilfe.