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Spoken Word-Poesie aus Südafrika

21. April 2010

Schon lange vor dem geschriebenen Wort wurden in Afrika Geschichte und Geschichten von Mund zu Mund weitergegeben. In Südafrika lebt diese Tradition weiter. Junge Leute tragen ihre Gedanken auf der Bühne vor.

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Lebo Mashile Fotograf: Nina Gruntkowski
Lebo MashileBild: Nina Gruntkowski

Auf der Bühne strömen die Wörter kraftvoll über die Lippen von Lebo Mashile. Ihr runder, fester Körper ist in ständiger Bewegung. Mit dem Gedicht "You and I“ beschreibt die 32-Jährige die Interaktion zwischen dem Performer auf der Bühne und dem Publikum. Denn für Lebo Mashile ist das Zusammenspiel mit den Zuhörern wie ein Tanz, der neue Energien freisetzt und ihr hilft, die Wörter mit Bedeutung zu füllen. Ihre Gedichte bekommen so neues Leben.

Auf der Suche nach der eigenen Identität

Der unverkennbare us-amerikanische Akzent verrät, dass die Tochter südafrikanischer Eltern im Exil in den USA aufgewachsen ist. Als sie 16 Jahre alt war, fand die Apartheid ihr Ende, und Lebo Mashile ging mit ihren Eltern zurück nach Johannesburg. Der Schritt auf den anderen Kontinent war eine große Umstellung und Inspiration zugleich. Denn genau wie die junge Frau befand sich auch das Land Südafrika nach den vielen Jahren der politisch verordneten Rassentrennung im Umbruch. Wie sie kamen damals viele Leute, die irgendwo auf der Welt aufgewachsen waren, zurück nach Südafrika. Sie selbst sei eine wilde Mischung, stellt Lebo Mashile lachend fest. Denn in ihrem Körper und ihrer Seele fühle sie sich sehr afrikanisch, und doch sei sie anders, weil sie mit vielerlei Einflüssen groß geworden ist.

Südafrika Musik Lebogang Mashile
Lebo Mashile

In Südafrika fing die junge Frau auf der Suche nach der eigenen Identität an, Gedichte zu schreiben. Da sie keine Ahnung hatte, wie man von der Poesie leben soll, ging sie erstmal an die Universität, um Internationales Recht zu studieren. Gegen Ende ihres Studiums, Ende der 90er Jahre, entdeckte Lebo Mashile das vibrierende Nachleben von Johannesburg, wo es viele Spoken Word-Sessions gab. Eines Abends nahm sie all ihren Mut zusammen und trug eines ihrer Gedichte vor. Von da an, wusste sie, dass es keinen anderen Beruf für sie geben könnte.

Spoken Word-Poesie im neuen Südafrika

Mit der Spoken Word-Poesie haben junge Südafrikaner eine moderne Form der mündlichen Überlieferung gefunden. Bis heute sind in vielen afrikanischen Ländern Poeten ein fester Bestandteil des Alltags. So wundert es in Südafrika niemanden, wenn sich Poeten in die Politik einmischen, stellt Lebo Mashile mit einem selbstbewussten Lachen fest. Dass Frauen öffentlich das Wort ergreifen ist jedoch neu. Noch vor 10 Jahren war die Spoken Word-Szene eine reine Männerdomäne. Deswegen tat sich Lebo Mashile 2003 mit drei Frauen zusammen und gründete das Kollektiv "Feel a Sista!“. Die vier "Schwestern“ bündelten ihre Finanzen, Energien und Kontakte und stellten eine eigene Show auf die Beine. "Es war die richtige Idee zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, stellt die Poetin rückblickend fest. Südafrika war bereit, Frauen über Sex und Politik reden zu hören. "Feel a Sista“ schlug ein wie eine Bombe und trat schon bald im ganzen Land auf.

Gedichte, die aus den Herzen vieler Menschen sprechen

Buchcover "Töchter von morgen" Foto: Nina Gruntkowski
Buchcover "Töchter von morgen"Bild: Nina Gruntkowski

Heute sind alle vier Frauen gut im Geschäft. Lebo Mashiles erster Gedichtband "In a Ribbon of Rhythm“ gewann 2006 den prestigeträchtigen NOMA-Award für in Afrika erschienene Bücher. Inzwischen ist die Übersetzung unter dem Titel "Töchter von Morgen“ auch in Deutschland auf dem Markt. Schwarz auf weiß legt sie ihre Gefühle offen und spricht damit vielen Leuten aus dem Herzen. Ihre Gedichte geben Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt einer jungen, schwarzen Frau, die sich mit dem rassistischen Erbe der Apartheid auseinandersetzt. Dabei klagt sie nicht an, sondern beleuchtet geschickt die alten und neuen Machtstrukturen ihres Landes. Die Poetin will in Worte fassen, was viele denken und sich nicht zu sagen trauen. Dabei dient ihr nicht nur der eigene Erfahrungsschatz, sondern auch das aktuelle Geschehen in Südafrika als Inspirationsquelle. Besonders inspirierend findet Lebo Mashile die aktuellen Diskussionen um das Liebesleben des Präsidenten Jacob Zuma. Denn Themen wie Polygamie, Beziehungen, Sexualität und Moral bieten reichhaltigen Stoff für Poeten.

Sie können ein Buch plus CD gewinnen - der Verlag hat uns freundlicherweise einige Exemplare zur Verfügung gestellt. Schreiben Sie uns bis zum 30. April eine Mail an: afrika@dw-world.de mit dem Namen der Autorin als Stichwort.

Autorin: Nina Gruntkowski

Redaktion: Klaudia Pape