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Politik

SPD: Schulz herzt Scholz auf das Heftigste

28. Oktober 2017

Bei der Aufarbeitung der SPD-Pleite bei der Bundestagswahl hat der Parteichef demonstrativ den Schulterschluss mit seinem kritischen Vize geübt. Anlass war eine Partei-Konferenz in Hamburg, wo Scholz der "Hausherr" ist.

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SPD-Chef Martin Schulz und sein Vize Olaf Scholz auf der Regionalkonferenz der SPD in Hamburg (Foto: picture alliance / Daniel Reinhardt/dpa)
Bild: picture alliance / Daniel Reinhardt/dpa

Es gebe viel Übereinstimmung zwischen dem, was Hamburgs Bürgermeister vorschlage, und dem, was er selbst am 6. November im Leitantrag für den Parteitag Anfang Dezember in Berlin vorlegen wolle, sagte Martin Schulz (re.) in Hamburg anlässlich der ersten von acht SPD-Regionalkonferenzen mit Mitgliedern. Das Treffen der Parteispitze mit rund 700 Genossen aus Norddeutschland fand am Hamburger Flughafen statt.

"Eigentlich mehr Übereinstimmungen als Differenzen"

"Entgegen der landläufigen Auffassung gibt es zwischen Olaf Scholz und mir inhaltlich eigentlich mehr Übereinstimmungen als Differenzen." Sie hätten in einem Gespräch am Morgen festgestellt, dass es sogar noch mehr Übereinstimmungen gebe, als sie selbst gedacht hätten. Den Vorstoß von Scholz, den viele Beobachter als potenziellen Gegenspieler von Schulz sehen, bezeichnete der SPD-Chef als "sehr gutes Papier". Der vor Beginn der Konferenz neben ihm stehende Scholz sagte: "Es ist gut, dass jetzt diskutiert wird, und dass politische Positionen ausgetauscht werden."

Scholz hatte am Freitag ein Papier veröffentlicht, in dem er eine "schonungslose Betrachtung der Lage" fordert. Es dürfe "keine Ausflüchte" mehr geben bei der Ursachenforschung. Anders als Schulz, der zuletzt mehr Mut zur Kapitalismus-Kritik gefordert hatte, wirbt Hamburgs Bürgermeister darin für einen pragmatischen Kurs, der Wirtschaftswachstum, Fortschritt und soziale Gerechtigkeit verbinde.

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz inmitten anderer Parteimitglieder bei der SPD-Regionalkonferenz in Hamburg (Foto: picture-alliance/dpa/P. Schroeder)
Genossenschaftliche Basisarbeit: der SPD-Vorsitzende inmitten anderer Parteimitglieder bei der Regionalkonferenz Bild: picture-alliance/dpa/P. Schroeder

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sagte, es würden sich in der Debatte sicher noch weitere Parteimitglieder zu Wort melden. "Ich glaube, wir können jeden dieser Beiträge gebrauchen." Parteivize Ralf Stegner, der sich zuletzt in einem zehnseitigen Papier für einen Linkskurs der Partei ausgesprochen hatte, sagte, die SPD brauche unterschiedliche Milieus und Flügel, wenn sie in die Gesellschaft hineinwirken wolle. Zugleich erneuerte er seine Unterstützung für Schulz, der auf dem Berliner SPD-Parteitag als Vorsitzender bestätigt werden will: "Ich bin fest davon überzeugt, dass man sehen wird, dass die Zustimmung und die Zuneigung in der SPD Martin Schulz gilt."

"Innere, äußere und soziale Sicherheit"

Schulz sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit Blick auf die Wahlpleite, als die SPD mit ihm als Kanzlerkandidat auf 20,5 Prozent abgestürzt war: "Wir dürfen nicht so tun, als sei das einfach nur ein Betriebsunfall gewesen." Es sei seine Aufgabe als Vorsitzender, die Partei zu reformieren, sie programmatisch und organisatorisch neu aufzustellen "für eine neue, digitalisierte Welt der Arbeit". Es gehe um Verteilungsgerechtigkeit und Partizipation. Die SPD müsse sich der Sicherheitsfrage zuwenden, forderte Schulz: "Innere Sicherheit, äußere Sicherheit, soziale Sicherheit." Um die Renten zu sichern, sollten diese stärker aus Steuermitteln finanziert werden.

Zudem kündigte Schulz an, mit den Gewerkschaften über neue Formen der Beschäftigung zu diskutieren. "Wir brauchen zwingend tarifgebundene Arbeitsverhältnisse. Aber es sind Bereiche entstanden, die nicht mehr in die klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Struktur hineinpassen", sagte der SPD-Chef. "So wichtig das so genannte Normalarbeitsverhältnis ist - die SPD muss auch zur Partei der Selbständigen werden."

"Wofür braucht es die SPD heute noch?"

Die scheidende Juso-Chefin Johanna Uekermann forderte einen Linkskurs ihrer Partei. "Die SPD muss linker werden, ein klares Profil entwickeln, die großen Zukunftsfragen beantworten und deutlich machen, für wen sie Politik macht", sagte Uekermann. "Am Wichtigsten ist jetzt, dass wir uns inhaltlich neu aufstellen. Wir müssen die Frage beantworten: Wofür braucht es die SPD heute noch?" Niedersachsens sozialdemokratischer Ministerpräsident Stephan Weil riet Schulz, er sollte ein Ohr für die Mitglieder haben. "Es ist gut, dass Martin Schulz bei den Dialogveranstaltungen erstmal zuhört."

Dies ließ sich Schulz nicht zweimal sagen. Nach der Konferenz in Hamburg zog er ein positives Fazit. Das knapp drei Stunden lange Treffen habe gezeigt, dass es in der SPD einen organisatorischen und inhaltlichen Input gebe, "der uns alle hoffnungsvoll stimmt", so der Chef. Die Parteispitze habe sich weitgehend zurückgehalten und dafür die Mitglieder reden lassen. Eine Vielfalt von Vorschlägen zur Erneuerung der Partei sei auf den Tisch gekommen. "Toller Nachmittag, der allen Beteiligten richtig Spaß gemacht hat", resümierte Schulz. Bereits an diesem Sonntag wird die zweite Regionalkonferenz in Leipzig stattfinden.

sti/jj (dpa, afp)