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Politik

Sorge über möglichen US-Abzug aus Afghanistan

Ben Knight alu
30. Dezember 2018

Was wird aus den deutschen Truppen in Afghanistan, wenn die US-Truppen dort abziehen sollten? Deutsche Politiker sehen in Trumps neuer Militärpolitik jedenfalls eine massive Zäsur.

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Afghanistan US Soldaten in der Provinz Nangarhar
US-Soldaten in der afghanischen Provinz NangaharBild: Imago

Präsident Donald Trumps möglicher Abzug tausender US-Soldaten aus Afghanistan, könnte auch den Einsatz deutscher Truppen am Hindukusch beenden: "Wenn die Vereinigten Staaten sich bis auf ein Restkontingent aus Afghanistan zurückziehen, gibt es auch für uns keinen Grund mehr, diesen Einsatz fortzusetzen," sagte Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr dem Berliner "Tagesspiegel".

Wenn zudem Schutz und Unterstützung deutscher Soldaten nicht hundertprozentig gewährleistet seien, stehe ein Ende des Einsatzes "außer Frage" fügte er hinzu. Kujat rechnet nicht damit, dass einzelne NATO-Staaten, wie etwa Großbritannien, ihre Kontingente aufstocken, um den Abzug der US-Soldaten auszugleichen.

Bisher haben die USA einen Abzug der Truppen aus Afghanistan noch nicht offiziell angekündigt, doch das "Wall Street Journal" berichtete in der vergangenen Woche, Trump erwäge das Kontingent aus 14.000 Soldaten zu halbieren.

Deutschland Harald Kujat
Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Harald KujatBild: Imago/Müller-Stauffenberg

Die Vereinigten Staaten stellen die meisten der 16.000 an der Mission "Resolute Support" beteiligten Soldaten in Afghanistan.

'Unzuverlässige' Verbündete

Niels Annen, Staatsminister im Außenministerium, geht auch davon aus, dass ein umfangreicher Abzug von US-Truppen aus Afghanistan "Folgen" haben würde, hält es aber für "fahrlässig", über die Sicherheit deutscher Truppen zu spekulieren, bevor es eine offizielle Ankündigung der USA gebe.

Annen nutzte die Gelegenheit zudem, sich über die Unzuverlässigkeit der Trump-Regierung als Partner zu beklagen. "Bislang haben wir aus Washington leider keine belastbaren Informationen," sagte er dem "Tagesspiegel". "Wir haben es mehrfach erlebt, dass die Trump-Regierung keinen besonders großen Wert auf eine enge Abstimmung mit den Verbündeten legt. Wir versuchen nun im Gespräch mit unseren Kollegen in Washington und Kabul Klarheit zu erlangen."

Etwa 1100 deutsche Soldaten sind in Afghanistan stationiert, die meisten nahe der Stadt Masar-i-Scharif im Norden des Landes. Die Aufgaben der Bundeswehr im Rahmen der NATO-Mission "Resolute Support" umfassen Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte sowie nachrichtendienstliche Unterstützung der NATO-Truppen, besonders denen der USA.

Wie alle Militäroperationen, bedarf auch der Einsatz der Bundeswehr der Zustimmung durch den Bundestag. Planmäßig endet die Mission im März 2019.

Bei der Bundespressekonferenz in der vergangenen Woche weigerte sich Jens Flosdorff, Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums über die Folgen eines US-Abzuges für die Bundeswehr zu spekulieren. Es sei klar, dass die afghanischen Sicherheitskräfte weiter Unterstützung bräuchten. Vor allem angesichts möglicher Gespräche mit den Taliban müsse die Koalition verlässlich sein und Standfestigkeit beweisen. 

Afghanistan - Soldaten der Afghanischen Nationalarmee werden von Bundeswehrsoldaten an Waffen ausgebildet
Soldaten der afghanischen Armee werden von Bundeswehrsoldaten ausgebildetBild: picture alliance/dpa/M. Gambarini

Kein Weltpolizist mehr

US-Präsident Trump hat bereits entschieden, 2000 US-Soldaten aus Syrien abzuziehen, woraufhin Verteidigungsministter Jim Mattis sein Amt zur Verfügung stellte. Mattis hatte eine Erhöhung der Truppen in Afghanistan gefordert.

Sein Rücktritt und Trumps vorweihnachtlicher Tweet, die USA sollten im Nahen Osten nicht mehr den Weltpolizisten spielen, beunruhigte deutsche Politiker in Regierung und Opposition.

Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, erklärte in der ARD, die USA hätten für "Weltordnung, Stabilität, Ausgleich, Diplomatie" gestanden. Von dieser Rolle wolle sich Trump leider verabschieden,"ohne, dass es einen Ersatz dafür gibt ." Mit dem Kurswechsel werde die Welt "unsicherer, instabiler und egoistischer."

Diese Sorge teilen auch Politiker der Opposition, wie der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag Alexander Graf Lambsdorff: "Er knüpft damit zwar an eine amerikanische Tradition an, an die des Isolationismus, aber die war im Grunde ja gescheitert, und die war auch im Konsens in Washington als gescheitert angesehen. Wenn man überlegt, wie die USA die Nachkriegsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt haben und auch nach dem Kalten Krieg wirklich die dominierende Macht waren, dann ist diese Politik von Donald Trump heute eine wirklich massive Zäsur. Wie weit das gehen wird - und das ist, glaube ich, wichtig, dass man sich das klarmacht -, ist unklar, denn es ist nicht ein Rückzug aus allen Bündnissen, aus allen Verpflichtungen."