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So viel Salz pro Tag ist gesund

Katrin Ewert
10. April 2022

Die meisten Menschen konsumieren zu viel Speisesalz - mit eventuell massiven Auswirkungen auf die Gesundheit. Dabei lässt sich ein gesundes Maß finden.

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Person hält Salzstreuer in der Hand
Bild: Lev Dolgachov/Colourbox

Nie wieder Chips essen, keine Sojasoße mehr, Instantsuppen und Tiefkühlpizza für immer vom Speiseplan streichen? Die meisten Menschen können es sich nicht vorstellen, ohne Salz zu leben. Doch genau das praktiziert der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach weitgehend seit über 30 Jahren. Als Grund dafür gibt er an, auf seine Gesundheit achten zu wollen.

Sollten wir also unserer Gesundheit zuliebe wie Lauterbach komplett auf Salz verzichten? Die beruhigende Nachricht vorab: "Nein, das müssen wir nicht", sagt Matthias Riedl, Ernährungsmediziner und Ärztlicher Leiter des Fachzentrums Medicum in Hamburg. "Aber wir brauchen einen gesunden Umgang mit Salz."

Unser Körper braucht Salz - wenn auch nur in geringen Mengen

Salz an sich ist lebenswichtig. Um das zu verstehen, müssen wir uns das Würzmittel genauer anschauen. Es besteht aus der chemischen Verbindung Natriumchlorid. Unser Körper benötigt insbesondere das Natrium, um verschiedene Aufgaben zu erledigen: etwa den Wasserhaushalt regulieren, die Funktion von Nerven und Muskeln sicherstellen und die Verdauung vorantreiben. Etwa ein Gramm Salz brauchen wir, damit der Körper diese Aufgaben schafft.

Salz in Maßen ist also gesund. "Es kommt, wie bei vielen anderen Lebensmitteln auch, auf die Dosis an", sagt Riedl. Beim Salz ließe sich das mit einer J-förmigen Kurve vergleichen: "Zu wenig Salz ist schlecht. Danach kommt ein kurzer, gesunder Abschnitt, der jedoch sehr schnell überschritten werden kann."

Ein Häufchen Salz auf einer Oberfläche
Salz in Maßen ist wichtig für die Funktion von Nerven und MuskelnBild: colourbox.com

Ein Teelöffel Salz pro Tag

Ab wann überschreiten wir diesen gesunden Abschnitt? Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt die Grenze bei maximal fünf Gramm Salz pro Tag. Das ist etwa ein gestrichener Teelöffel.

"Bereits mit einer Tiefkühlpizza überschreiten wir diesen Wert", sagt Ernährungsmediziner Riedl. Das gleiche gilt für zwei Esslöffel Sojasoße. Es sei laut Riedl zwar noch nicht problematisch, wenn das ausnahmsweise an einem Tag passiert. Doch viele Menschen überschreiten regelmäßig die empfohlene Fünf-Gramm-Grenze.

Besonders in einigen Ländern in Ost- und Zentralasien nehmen die Menschen zu viel Salz zu sich. In China liegt der durchschnittliche Salzkonsum etwa bei 10,9 Gramm pro Tag. Das überschreitet die WHO-Grenze um das Doppelte.

Auch viele europäische Länder wie Deutschland, Portugal und Italien sowie die USA, Kanada, Australien und Neuseeland überschreiten den täglichen Richtwert. In vielen lateinamerikanischen Ländern ist die Situation ähnlich - darunter vor allem Brasilien, Kolumbien und Bolivien. Lediglich in einigen afrikanischen Ländern liegt der Salzkonsum in einem gesunden Bereich.

Warum wir Salz brauchen

Zu viel Salz, zu hoher Blutdruck?

Studien konnten zeigen, dass es sich negativ auf die Gesundheit auswirkt, wenn Menschen regelmäßig die Fünf-Gramm-Grenze überschreiten. Allen voran auf den Blutdruck.

Das Problem: Salz bindet Wasser. Dieses steigert den Druck im Gewebe, wodurch wiederum der Blutdruck steigen kann. Dadurch erhöht sich langfristig das Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt.

Ganz so einfach ist es mit Salz und Blutdruck aber nicht. "In der Realität ist es so, dass viele verschiedene Faktoren auf den Blutdruck einwirken", sagt Ernährungsmediziner Riedl. "Neben dem Salzkonsum sind das zum Beispiel auch Bewegung, Stress, Vorerkrankungen und die restlichen Ernährungsgewohnheiten."

Schlanke Asiaten, die sich abgesehen vom erhöhten Salzkonsum gesund und traditionell ernähren, hätten damit laut Riedl weniger ein Problem als Menschen aus westlichen Ländern, die oftmals bereits unter Übergewicht oder Diabetes leiden.

Salzsensitive und salzresistente Menschen

Aber nur etwa ein Drittel der Menschen ist salzsensitiv. Das bedeutet, dass es sich bei diesen Menschen positiv auf den Blutdruck auswirkt, wenn sie weniger Salz konsumieren.

Die restlichen zwei Drittel sind salzresistent. Bei ihnen sind Salzkonsum und Bluthochdruck wahrscheinlich nicht verknüpft. "Zu welcher Gruppe man gehört, lässt sich mit einem einfachen Bluttest herausfinden", so Riedl. Dieser ist in den meisten Ländern jedoch mit Kosten verbunden.

Aber auch Menschen, die zur salzresistenten Gruppe gehören, sollten die Fünf-Gramm-Grenze nicht überschreiten. Denn ein zu hoher Salzkonsum kann weitere negative Folgen für die Gesundheit haben.

Eine Person misst den Blutdruck einer anderen Person
Ein zu hoher Salzkonsum kann den Blutdruck erhöhenBild: Colourbox

Belastete Nieren 

Bei einem sehr hohen Salzkonsum sind die Nieren damit beschäftigt, das überschüssige Salz auszuscheiden. "Das kann das Organ belasten", sagt Riedl. Langfristig kann es zu einer Nierenschwäche kommen.

Auch auf das Mikrobiom im Darm wirkt sich ein zu hoher Salzkonsum negativ aus. Die Zahl der Milchsäurebakterien sinkt, während die Zahl der sogenannten Th17-Helferzellen im Blut ansteigt. Forschende vermuten, dass dieses Zusammenspiel Entzündungen und Autoimmunerkrankungen fördert.

Salz steht außerdem in Verdacht, das Risiko für Magenkrebs und Knochenschwund (Osteoporose) zu erhöhen.

Salz regt zudem den Appetit an und sorgt dafür, dass wir über unser Hungergefühl hinaus weiter essen. Damit kann ein hoher Salzkonsum Übergewicht begünstigen.

Wie wir unseren Salzkonsum reduzieren

Die WHO schätzt, dass es pro Jahr 2,5 Millionen weniger Schlaganfall- und Herzinfarkt-Tote gibt, wenn die gesamte Weltbevölkerung ihren Salzkonsum auf fünf Gramm pro Tag reduziert. Doch wie schaffen wir es, ein gesundes Maß an Salz zu erreichen?

Dafür gibt es verschiedene Strategien. Beim Kochen zum Beispiel weniger Salz benutzen und stattdessen mit frischen Kräutern würzen, um dem Gericht mehr Geschmack zu verleihen. Auch das Nachsalzen am Tisch sollten wir uns abgewöhnen. In Bolivien beispielsweise sind seit 2015 die Salzstreuer auf Restauranttischen verboten. 

Eine Person greift nach ein paar Zweigen Rosmarin
Wer mit frischen Kräutern kocht, kann seinen Salzkonsum reduzierenBild: Colourbox

Auf verstecktes Salz achten

Das Problem unseres zu hohen Salzkonsums entsteht in vielen Fällen jedoch nicht beim Kochen oder beim Nachsalzen am Tisch. "Den Großteil - etwa 75 Prozent - unseres Salzkonsums machen Fertigprodukte aus, in denen sich viel verstecktes Salz befindet", sagt Ernährungsmediziner Riedl.

Dazu gehört die klassische Tiefkühlpizza, aber auch Backwaren, Wurst wie Salami, Käse, Tomatenketchup, Fertigsoßen und -suppen, Chips und Konserven. Wenn wir unseren Salzkonsum wirklich auf ein gesundes Maß reduzieren wollen, sollten wir versuchen, diese Produkte zu meiden.

Für Menschen, die bereits an Bluthochdruck leiden, kann sogenanntes Diätsalz eine Lösung sein. Das ist ein Würzmittel, das dem gewöhnlichen Speisesalz ähnelt, aber weniger schädliches Natrium und dafür mehr Kalium enthält.

Salzarten wie Meersalz oder Himalaya-Salz werden oft gesündere Eigenschaften zugesprochen. Sie haben jedoch annährend die gleiche Zusammensetzung wie gewöhnliches Speisesalz - und damit die gleichen Auswirkungen auf unsere Gesundheit.

Schließlich ist die richtige Salzmenge eine Frage der Gewohnheit. Konsumieren wir auf Dauer viel Salz, gewöhnt sich die Zunge an den Geschmack – und verlangt salzigere Speisen. Salzen wir hingegen mit Bedacht, empfinden wir bereits kaum gesalzene Mahlzeiten als schmackhaft. Bis wir ein gesundes Gleichgewicht gefunden haben, brauchen wir daher eine Prise Geduld.