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Sicherheitskräfte verhindern Blutbad

14. Januar 2016

Es sollte ein Massaker nach dem Vorbild der Pariser Anschläge werden: Sieben Menschen wurden in Jakarta getötet. Doch offenbar gelang es der Polizei, Schlimmeres zu verhindern. Inzwischen gab es erste Festnahmen.

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Panzerfahrzeuge am Anschlagsort (Foto: Reuters)
Panzerfahrzeuge am AnschlagsortBild: Reuters/D. Whiteside

Einen Tag nach dem Terroranschlag in Jakarta hat die indonesische Polizei drei Verdächtige festgenommen. Allerdings haben sie nach ersten Ermittlungen nichts mit der Bluttat zu tun. Gegen sie würde wegen Erpressung ermittelt, aber es gebe keine Anhaltspunkte, die sie mit den Attentätern vom Donnerstag in Verbindung brächten, sagte ein Polizeisprecher. Ungeachtet dessen fahnde die Polizei im ganzen Land mit Hochdruck nach mutmaßlichen Terroristen. "Wir haben die Sicherheitsvorkehrungen an Regierungsgebäuden, Botschaften und Einkaufszentren verschärft", sagte der Sprecher der nationalen Polizei, Anton Charliyan.

Mit Sprengstoff und Waffen hatten fünf Angreifer ein Café und eine Polizeistation mitten im Zentrum der Millionenmetropole angegriffen. Alle fünf Terroristen und zwei Zivilisten wurden nach Polizeiangaben getötet sowie mindestens 20 Menschen verletzt.

Die Angreifer überfielen im Namen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) unter anderem ein Café und eine kleine Polizeistation. Zwei von ihnen sprengten sich nach Angaben der Polizei in die Luft. Drei weitere kamen anschließend im Kugelhagel der Sicherheitskräfte ums Leben. Die Beamten verhinderten nach eigenen Angaben Schlimmeres. Die Terroristen seien erschossen worden, als sie Bomben werfen wollten, sagte Polizeisprecher Mohammad Iqbal. Mehr als 15 Menschen wurden verletzt, darunter nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch ein Deutscher.

Sicherheitsminister Luhut Pandjaitan trifft am Tatort ein (Foto: Reuters)
Sicherheitsminister Luhut Pandjaitan trifft am Tatort einBild: Reuters/D. Whiteside

Die Angreifer seien "dem Beispiel der Pariser Anschläge gefolgt", sagte Polizeisprecher Anton Charliyan. Am 13. November vergangenen Jahres hatte eine Islamistengruppe bei koordinierten Anschlägen in der französischen Hauptstadt 130 Menschen getötet. Vor den Anschlägen von Jakarta sei eine "rätselhafte" Warnung eingegangen, dass es in Indonesien bald ein "Konzert" geben werde, das in den "internationalen Nachrichten" seinen Widerhall finden werde, sagte der Polizeisprecher.

Die Anschläge von Jakarta richteten sich auf Ziele im Stadtviertel Thamrin, wo es zahlreiche Einkaufszentren, Botschaften und UN-Büros gibt. Drei Selbstmordattentäter griffen eine Starbucks-Filiale gegenüber dem Einkaufszentrum Sarinah an und nahmen dort Geiseln. Nach dem Angriff bei Starbucks schossen die Attentäter laut Zeugenaussagen auf Passanten.

"Verbindungen zum IS"

Zwei Männer auf Motorrädern fuhren zu einer Polizeistation, in die sie eindrangen. Sie sprengten sich dort in die Luft. Dabei wurden vier Polizisten schwer verletzt. Laut Polizei wurden vier Sprengsätze gezündet, Augenzeugen sprachen von sechs Explosionen. "Fünf Terroristen sind tot", sagte der Minister für öffentliche Sicherheit, Luhut Panjaitan, als nach Stunden wieder Ruhe eingekehrt war.

Der IS verbreitete im Internet eine Erklärung in arabischer Sprache, in der er sich zu den Anschlägen bekannte. "Vier Soldaten" des muslimischen "Kalifats" hätten die Angriffe mit "leichten Waffen und Sprengstoffgürteln" verübt, zugleich seien Bomben gezündet worden, erklärte der IS. Die Angriffe hätten der "Koalition der Kreuzfahrer" gegolten, die den IS unter Führung der USA in Syrien und dem Irak bekämpft. Der Polizeichef von Jakarta, Tito Karnavian, sagte: "Dieses Netzwerk hat Verbindungen zum IS." Die Miliz habe Zellen in Südostasien, auch in Indonesien.

Präsident Joko Widodo rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. "Wir werden uns nicht von diesen Terroranschlägen in die Knie zwingen lassen", sagte er im Fernsehen. Er besuchte den Anschlagsort am Nachmittag.

Polizisten gruppieren sich vor einem Restaurant (Foto: Reuters)
Polizisten gruppieren sich vor einem RestaurantBild: Reuters/Beawiharta

US-Außenminister Kerry erklärte nach einem Treffen mit seinem saudischen Kollegen Adel al-Dschubeir in London, der IS lasse "keine Alternative als seine Zerstörung". Die Dschihadisten würden andere nicht davon abhalten können, den Bürgern "reale Chancen, Bildung, Arbeitsplätze und Möglichkeiten für die Zukunft anzubieten". Al-Dschubeir verurteilte die Anschläge und sagte, sie würden die Entschlossenheit stärken, "die Plage des Terrorismus zu bekämpfen".

Der Vatikan rief muslimische Gelehrte auf, Gewalt von Extremisten "ohne Zweideutigkeiten" zu verurteilen. Es liege jetzt an den Gelehrten, einen Islam zu predigen, der keine extremistischen Interpretationen zur Rechtfertigung von Gewalt mehr zulasse, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Interview der spanischen Wochenzeitung "Vida Nueva". Als positives Beispiel verwies die Nummer Zwei des Vatikan auf islamische Wortführer, die den Terror nach den Anschlägen von Paris im vergangenen November verurteilt hatten, und lobte auch die Solidaritätsbekundungen von einfachen Muslimen für die Opfer.

Sicherheitsvorkehrungen erhöht

Indonesien hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten mehrere Anschläge verhindert, die ebenfalls Bezug zum IS gehabt haben sollen. Erst vor wenigen Wochen waren nach einer Drohung gegen den Flughafen von Jakarta die Sicherheitsvorkehrungen erhöht worden.

Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt. Rund 90 Prozent der 250 Millionen Einwohner Indonesiens sind Muslime. Traditionell wird ein moderater Islam praktiziert. Dennoch verübten Extremisten wiederholt Anschläge. Der folgenschwerste passierte 2002 auf der Ferieninsel Bali. 202 Menschen kamen ums Leben, darunter Dutzende Touristen. Seit dem Jahr 2009, in dem bei Anschlägen auf Luxushotels in Jakarta neun Menschen getötet wurden, hatte es keine Anschläge mehr gegen Ausländer gegeben.

stu/mak/kle (afp, dpa, kna)