Serbien legt Nationalbank an die Leine
4. August 2012Der EU-Beitrittskandidat Serbien hat gegen internationalen Protest die Unabhängigkeit seiner Nationalbank beschnitten und die Notenbank an die Leine der Regierung gelegt. Das Parlament verabschiedete in Belgrad ein entsprechendes Gesetz. 139 Abgeordnete der Regierungsparteien stimmten dafür, 39 waren dagegen.
Der amtierende Nationalbank-Chef Dejan Soskic war wegen dieses Eingriffs in seine Kompetenzen unter Protest zurückgetreten. Nach seiner Darstellung will die Regierung des kurz vor dem Bankrott stehenden Balkanlandes auf diesem Wege an die eingelagerten Devisenreserven in Höhe von über zehn Milliarden Euro kommen und dieses Geld für wirtschaftspolitische Maßnahmen nutzen.
Rückschlag auf dem Weg in die EU
Die USA, die EU, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds waren gegen das neue Nationalbankgesetz Sturm gelaufen. Die EU hatte erklärt, mit dem Gesetz würden die Bemühungen Serbiens um einen Beitritt zur Staatengemeinschaft zurückgeworfen. Der IWF sieht die Unabhängigkeit der Zentralbank in Gefahr.
Serbien leidet unter einer Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit liegt aktuell bei fast 25 Prozent. Seit Ende Juli wird der Balkan-Staat von einer Koalition aus Sozialisten und Nationalkonservativen regiert. Stärkste Partei ist die des neuen Präsidenten Tomislav Nikolic, der sich öffentlich gegen ein unabhängiges Kosovo ausgesprochen hat und damit für massive Kritik unter anderem in Kroatien sorgte.
Neue Posten für Milosevic-Vertraute
Auffällig ist, das die neue serbische Regierung auch ranghohe Beamte aus der Ära des früheren Präsidenten und mutmaßlichen Kriegsverbrechers Slobodan Milosevic mit führenden Ämtern betraut hat. So wird zum Beispiel der serbische Geheimdienst von Nebojsa Rodic geleitet, einem früheren Milosevic-Vertrauten. Noch auffälliger: Der Chef der mitregierenden Sozialisten, Ivicia Dacic, ist der frühere Sprecher von Serbenführer Milosevic.
haz/jh (rtr,dpa)