Schweizer Dorf sucht Einwohner
Es ist idyllisch, aber einsam in Quinten. Mit einer Prämie und neuen Arbeitsplätzen will man junge Familien in den Ort locken, um nicht als Museumsdorf zu enden – auch wenn der Weg dorthin beschwerlich ist.
Das Dorf Quinten liegt malerisch malerisch schön anzusehen; wie gemalt (meist auf Orte oder Landschaften bezogen) am Ufer des Walensees, unterhalb einer mächtigen mächtig hier: sehr groß; riesig Bergkette. Doch die Idylle hat einen Haken einen Haken haben umgangssprachlich für: ein auf den ersten Blick nicht erkennbares Problem haben; einen Nachteil haben : Der autofreie Ort ist nur durch einen mehrstündigen Fußmarsch oder über den See erreichbar. Wenn die Grundschullehrerin Lucia Schnellmann ihren täglichen Arbeitsweg ins etwa 23 Kilometer entfernte Glarus schildert, dann erinnert das beinahe an eine kleine Weltreise:
„Ich geh durch einen dunklen Wald, meistens mit der Taschenlampe. Während den Sommermonaten brauche ich das nicht. Aber der große Teil vom Jahr ist es zu dunkel, wenn ich um halb sieben zum Haus rausgehe. Dann habe ich mir ein Schiff bestellt. Das kommt mich dann extra abholen und bringt mich auf die andere Seeseite, und da wartet mein Auto, womit ich dann zur Arbeit nach Glarus fahre.“
Damit die quirlige quirlig umgangssprachlich für: sehr lebhaft Lehrerin morgens pünktlich vor ihrer Klasse stehen kann, wählt sie das Kursschiff, ein Schiff, das – wie öffentliche Verkehrsmittel – nach einem Fahrplan, einer Kurszeit, fährt und mehrere Haltepunkte ansteuert etwas an|steuern etwas zum Ziel nehmen, anfahren . Bei ihrem Fußmarsch durch den Wald zur Anlegestelle genießt sie trotz der frühen Uhrzeit die Natur:
„Es ist ’ne Gämse Gämse, -n (f.) ein der Ziege ähnliches Tier mit schmalen, nach hinten gebogenen Hörnern, das in steilen, bergigen Gebieten lebt und gut klettern kann , die auf dem Weg steht, es ist ein Reh, ein Hirsch, der ‚Hallo‘ sagen kommt. Oder es ist mal wieder ein Eichhörnchen, das ’ne Nuss runterwirft. Immer mal wieder treffe ich irgendwelche Schlangen oder Blindschleichen Blindschleiche, -n (f.) ein ungefährliches, schlangenähnliches Tier, das v. a. in Europa lebt an oder seltene Käfer. Wenn die Orchideen Orchidee, -n (f.) eine (auch auf Bäumen wachsende) Pflanze mit besonders farbenprächtigen Blüten in unterschiedlichen Formen blühen, mag ich kaum warten, bis die nächste auch offen ist. Wir haben hier eine Traumnatur.“
Quinten, das nur rund eine Stunde von Zürich entfernt liegt, ist ein beliebtes Ziel für Erholungssuchende. Jedes Jahr erleben tausende Touristen die Überfahrt mit dem Schiff auf dem gut gut hier: ein bisschen mehr als 15 Kilometer langen und etwa zwei Kilometer breiten Walensee als Attraktion. Für Lucia Schnellmann, die seit 2010 im Dorf lebt, ist das Schifffahren dagegen Alltag. Dabei hatte für etwas/jemanden nichts übrighaben kein Interesse an etwas /jemandem haben sie eigentlich nichts dafür übrig für etwas/jemanden nichts übrighaben kein Interesse an etwas /jemandem haben , am Wasser zu wohnen:
„Ich bin eigentlich kein See-Fan. Ich war auch kein Schiff-Fan. Das war der Wunsch meines Mannes, am See zu leben. Mittlerweile liebe ich aber das Schifffahren, und die Kapitäne, die Beziehung zu ihnen, das macht’s dann speziell.“
Der familiäre Charakter ist für Quinten speziell, typisch, besonders. Das bestätigt auch Markus Scherrer. Er leitet den Schiffsbetrieb Walensee und ist gleichzeitig der Ortspräsident des Dorfes, also der Bürgermeister. Bei der Gestaltung der Fahrpläne nimmt er deshalb auch schon mal Rücksicht auf die Einwohnerinnen und Einwohner:
„Es gibt natürlich Leute gerade jetzt im Sommer, die regelmäßig zu den gleichen Kurszeiten kommen. Wenn jemand mal ein bisschen zu spät dran ist, dann versucht er, beim Betrieb anzurufen und fragt, ob das Schiff noch ein, zwei Minuten warten könnte. Das gibt es alles.“
„Riviera Riviera (f., nur Singular) hier übertragen für: ein Küstenstreifen, der sich entlang der französischen und italienischen Küste erstreckt der Ostschweiz“ wird das Dorf oft genannt. Nicht nur, dass der See ausgleichend aufs Gemüt Gemüt (n., nur Singular) alle Gefühle, die jemand empfinden kann und die sich in seinem Verhalten zeigen (z. B. Freude, Angst, Heiterkeit) wirkt; es herrscht auch ein mildes Klima. Dafür verantwortlich sind neben der Sonnenlage auch die Felsen, die die Wärme speichern. Das machen sich die Einwohner, die überwiegend vom Sommertourismus und der Landwirtschaft leben, zunutze, erzählt Markus Scherrer:
„Es wird sehr viel Weinbau betrieben. Es gedeihen auch südliche Früchte wie Feigen Feige, -n (f.) die Frucht einer Nutzpflanze (des Feigenbaums), die an warmen, sonnigen Standorten (v. a. am Mittelmeer) angebaut wird , Kiwi Kiwi, -s (f.) eine Frucht mit brauner Schale und weichem, grünem Fruchtfleisch , Kaki Kaki, -s (f.) eine süße, orangefarbene Frucht, die äußerlich einer Tomate ähnelt . Das sieht man alles in Quinten.“
Doch Markus Scherrer verschweigt auch nicht die Schattenseite Schattenseite, -n (f.) hier übertragen für: die negative Seite von etwas des Ortes. Immer weniger Leute sind in dem Schweizer Sonnendorf zu Hause:
„Zurzeit sind es circa 38 Einwohner, die in Quinten leben. Früher waren es mal bis zu 170 Einwohner. Die Zeit ist anders geworden, die Arbeitsplätze sind nicht mehr vorhanden. Früher hat natürlich jeder Geißen gehabt, Ziegen gehabt, Kühe gehabt, und man hat mehr in der Landwirtschaft gearbeitet. Und das ist heute nicht mehr so.“
Das wirkt sich auf die demografische demografisch so, dass etwas die Zusammensetzung und Entwicklung einer Bevölkerung betrifft Entwicklung aus. Junge Leute wandern ab, zurück bleiben die Alteingesessenen Alteingesessener, Alteingesessene/Alteingesessene, - jemand, der seit langer Zeit an einem Ort lebt . Der Altersdurchschnitt liegt bei rund 60 Jahren. Eine eigene Schule gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr, so Markus Scherrer:
„1971 wurde diese Schule aufgehoben. Es gab damals noch eine Gesamtschule, das heißt sechs Klassen, eine Lehrerin, und die ist aufgehoben worden. Die Kinder müssen jetzt auf die andere Seeseite zur Schule.“
2017 wurde im Ort eine Stiftung Stiftung, -en (f.) hier: eine Organisation, die etwas mit ihrem Geld (bzw. mit den Gewinnen aus ihrem Geld) finanziert und unterstützt mit dem Namen „Quinten lebt!“ gegründet. Sie will erreichen, dass das Dorf nicht ausstirbt, indem sie Arbeitsplätze und Wohnraum schafft, erzählt Stiftungsratspräsident Joel Schmid:
„Wir brauchen hier volkswirtschaftliche Prosperität Prosperität (f., nur Singular) Wohlstand; wirtschaftlicher Aufschwung , und das können wir indem erreichen, dass wir Arbeitsplätze schaffen, Leute von hier aus arbeiten – zum Beispiel im Homeoffice et cetera – oder von hier aus arbeiten gehen. Und wir brauchen Wohnraum, dass wirklich Leute hierherziehen können – am liebsten junge Familien –, die die Demographie im Schnitt wieder ein bisschen herunterbringen.“
Joel Schmid führt durch ein Haus, das mitten in einem Weinberg steht. Hier hat die Stiftung drei Arbeitsplätze geschaffen, indem sie eine Seidenraupen Seidenraupe, -n (f.) eine Larve (ein wurmähnliches Tier), aus der später ein Schmetterling (der Seiden- oder Maulbeerspinner) wird zucht begann. Das klingt exotisch, doch dank Quintens mediterranen Klimas herrschen beste Bedingungen für die Weißen Maulbeerbäume Maulbeerbaum, -bäume (m.) eine Pflanze (Strauch oder Baum) mit weißen, schwarzen oder roten Früchten (Maulbeeren); die Blätter des weißen Maulbeerbaums sind Grundlage für die Zucht von Seidenraupen , von deren Blättern sich diese Raupen ernähren. Noch ist die Menge an gewonnener Rohseide gering. Doch die erste Zwei- bis Drei-Kilo-Ernte reichte für die Produktion von edlen Portemonnaies und Etuis Etui, -s (n.) eine kleine Tasche (z. B. aus Leder, Metall, Stoff), in der bestimmte Gegenstände geschützt aufbewahrt werden aus. Gerade diese waren während der Corona Corona(virus, -viren) (n.) ein kleiner Organismus, der eine Lungenkrankheit auslöst -Pandemie Pandemie, -n (f.) eine ansteckende Krankheit, die sehr viele Menschen zur gleichen Zeit in mehreren Ländern auf der Welt haben besonders begehrt, weil eine Mund-Nasenschutzbedeckung dort wunderbar reinpasste. Um noch mehr Arbeit und Leben nach Quinten zu holen, hat die Stiftung auch ein lange Zeit leerstehendes Haus im Dorfzentrum gekauft und zu einem ‚Bed and Breakfast Bed and Breakfast (n., nur Singular, aus dem Englischen) eine Übernachtungsmöglichkeit, bei der das Frühstück inklusive ist ‘ mit Bistro Bistro, -s (n., aus dem Französischen) ein nicht sehr großes Lokal, in dem es neben Getränken auch nicht sehr teures, einfaches Essen gibt und zwei Wohnungen umgebaut. Ein Angebot, das, kaum gestartet, im Sommer 2020 schon gut angenommen wurde, erzählt Joel Schmid:
„Das B&B war quasi vom zweiten Tag an sehr gut gebucht, an den Wochenenden immer ausgebucht. Sicher, das sind eben Leute, die mehrheitlich in der Schweiz Ferien machen, die hier wandern kommen. Es ist etwas Neues, man muss natürlich mal hingehen. Und da das B&B gut gebucht ist, ist auch das Restaurant gut gebucht.“
Doch das allein reicht nicht. Denn Touristen bleiben nicht dauerhaft. Um nicht irgendwann als Museumsdorf zu enden, müssen neue Einwohnerinnen und Einwohner her. Deshalb lobte etwas aus|loben hier: eine Belohnung aussetzen die Stiftung nach dem Vorbild des Dorfs Albinen im Wallis eine Prämie aus etwas aus|loben hier: eine Belohnung aussetzen . Diese ist allerdings an bestimmte Konditionen gebunden, so Joel Schmid:
„Wir haben das festgemacht an der Anzahl Kinder: Also es gibt pro Kind 200 Franken pro Monat, und das ist begrenzt auf 20.000 Franken – und natürlich immer die Bedingung, dass die Familie hier wohnt.“
Familien mit Kindern sollen bis zum 20. Lebensjahr des Kindes monatlich umgerechnet rund 185 Euro erhalten – maximal begrenzt auf rund 18.475 Euro pro Kind. Die Idylle gibt‘s gratis dazu. Allerdings müssten sich sich mit etwas arrangieren sich an etwas gewöhnen und sich daran anpassen die neuen Dorfbewohner auch mit der für Quinten ganz besonderen Verkehrssituation arrangieren sich mit etwas arrangieren sich an etwas gewöhnen und sich daran anpassen , die schon mal Frust Frust (m., nur Singular) der Ärger; die Enttäuschung momente bringt, wie Lucia Schnellmann sagt:
„Schiff verpasst, ja… dann gibt’s Quintener Yoga Yoga (n., nur Singular) eine aus Indien stammende Lehre, bei der man durch mentales Training und körperliche Übungen lernt, sich zu konzentrieren und zu entspannen . Man wartet … eine Stunde, wenn man Glück hat. Wenn man Pech hat, zwei.“
Ruhig und gelassen zu bleiben, etwas, das man auch durch Yoga lernt, gehört für die Quintener zum alltäglichen Leben – auch wenn man mal wegen stürmischer See überhaupt nicht auf die andere Seite kommt.
Schweizer Dorf sucht Einwohner
malerisch — schön anzusehen; wie gemalt (meist auf Orte oder Landschaften bezogen)
mächtig — hier: sehr groß; riesig
einen Haken haben — umgangssprachlich für: ein auf den ersten Blick nicht erkennbares Problem haben; einen Nachteil haben
quirlig — umgangssprachlich für: sehr lebhaft
etwas an|steuern — etwas zum Ziel nehmen, anfahren
Gämse, -n (f.) — ein der Ziege ähnliches Tier mit schmalen, nach hinten gebogenen Hörnern, das in steilen, bergigen Gebieten lebt und gut klettern kann
Blindschleiche, -n (f.) — ein ungefährliches, schlangenähnliches Tier, das v. a. in Europa lebt
Orchidee, -n (f.) — eine (auch auf Bäumen wachsende) Pflanze mit besonders farbenprächtigen Blüten in unterschiedlichen Formen
gut — hier: ein bisschen mehr als
für etwas/jemanden nichts übrighaben — kein Interesse an etwas /jemandem haben
Riviera (f., nur Singular) — hier übertragen für: ein Küstenstreifen, der sich entlang der französischen und italienischen Küste erstreckt
Gemüt (n., nur Singular) — alle Gefühle, die jemand empfinden kann und die sich in seinem Verhalten zeigen (z. B. Freude, Angst, Heiterkeit)
Feige, -n (f.) — die Frucht einer Nutzpflanze (des Feigenbaums), die an warmen, sonnigen Standorten (v. a. am Mittelmeer) angebaut wird
Kiwi, -s (f.) — eine Frucht mit brauner Schale und weichem, grünem Fruchtfleisch
Kaki, -s (f.) — eine süße, orangefarbene Frucht, die äußerlich einer Tomate ähnelt
Schattenseite, -n (f.) — hier übertragen für: die negative Seite von etwas
demografisch — so, dass etwas die Zusammensetzung und Entwicklung einer Bevölkerung betrifft
Alteingesessener, Alteingesessene/Alteingesessene, - — jemand, der seit langer Zeit an einem Ort lebt
Stiftung, -en (f.) — hier: eine Organisation, die etwas mit ihrem Geld (bzw. mit den Gewinnen aus ihrem Geld) finanziert und unterstützt
Prosperität (f., nur Singular) — Wohlstand; wirtschaftlicher Aufschwung
Seidenraupe, -n (f.) — eine Larve (ein wurmähnliches Tier), aus der später ein Schmetterling (der Seiden- oder Maulbeerspinner) wird
Maulbeerbaum, -bäume (m.) — eine Pflanze (Strauch oder Baum) mit weißen, schwarzen oder roten Früchten (Maulbeeren); die Blätter des weißen Maulbeerbaums sind Grundlage für die Zucht von Seidenraupen
Etui, -s (n.) — eine kleine Tasche (z. B. aus Leder, Metall, Stoff), in der bestimmte Gegenstände geschützt aufbewahrt werden
Corona(virus, -viren) (n.) — ein kleiner Organismus, der eine Lungenkrankheit auslöst
Pandemie, -n (f.) — eine ansteckende Krankheit, die sehr viele Menschen zur gleichen Zeit in mehreren Ländern auf der Welt haben
Bed and Breakfast (n., nur Singular, aus dem Englischen) — eine Übernachtungsmöglichkeit, bei der das Frühstück inklusive ist
Bistro, -s (n., aus dem Französischen) — ein nicht sehr großes Lokal, in dem es neben Getränken auch nicht sehr teures, einfaches Essen gibt
etwas aus|loben — hier: eine Belohnung aussetzen
sich mit etwas arrangieren — sich an etwas gewöhnen und sich daran anpassen
Frust (m., nur Singular) — der Ärger; die Enttäuschung
Yoga (n., nur Singular) — eine aus Indien stammende Lehre, bei der man durch mentales Training und körperliche Übungen lernt, sich zu konzentrieren und zu entspannen