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Schnelles Ende von Illusionen

Peter Philipp14. Januar 2005

Nur wenige Tage nach der Wahl des neuen Präsidenten Mahmud Abbas haben radikale Palästinenserorganisationen einen Anschlag gegen Israelis verübt. Kein Zeichen von Stärke, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Peter Philipp

So ist das nun einmal im Nahen Osten: Kaum hat man etwas Morgenluft geatmet und ein wenig Hoffnung geschöpft, da wird man wieder eingeholt von einer Realität, die unverändert geblieben zu sein scheint. Dieser Eindruck zwingt sich angesichts des neuen Anschlages am Rande des Gazastreifens auf - nur Tage, nachdem Mahmud Abbas zum neuen palästinensischen Präsidenten gewählt worden war. Weil - oder obwohl - er für ein Ende der Gewalt und für Friedensverhandlungen eintrat.

Wähler wollen den Frieden

War das also alles nur ein schöner Traum? Sicher nicht. Die Wahl von Abbas hat doch wenigstens bewiesen, dass eine Mehrheit der Wähler einverstanden ist mit dem friedfertigen Kurs, für den ihr Kandidat eintritt. Die Wahl durfte aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es natürlich auch andere gibt. Die Islamisten der radikalen Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad hatten die Wahl boykottiert, weil sie sich bis heute nicht dazu durchgerungen haben, Israels Existenzrecht anzuerkennen - in welchen Grenzen auch immer. Und weil es für sie deswegen auch keine Friedensverhandlungen mit Israel geben kann, sondern bestenfalls einen längeren Waffenstillstand.

Abbas weiß das, und er machte sich deswegen auch keine großen Illusionen, schnelle Veränderungen herbeiführen zu können. Ein Waffenstillstand wäre aber immerhin ein erster Erfolg gewesen. Über ihn sollte auf Anregung des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak in Kairo verhandelt werden, und es ist zu hoffen, dass es bei diesem Plan bleibt. Wie auch zu hoffen ist, dass die israelische Regierung nun bei aller Wut und Verärgerung über den Anschlag sich nicht dazu hinreißen lässt, eine neue Eskalation im Gazastreifen mit zu betreiben. Wenn sich jetzt dort wieder Anschläge und Vergeltungsschläge abwechseln, dann gefährdet dies nicht nur den Versuch eines Waffenstillstandes, sondern auch den neuer Friedensverhandlungen und - möglicherweise - auch den angekündigten israelischen Rückzug aus Gaza.

Makaberes Einverständnis

In Jerusalem sollte man bedenken, dass Anschläge wie der von Gaza nicht unbedingt ein Zeichen der Stärke des Gegners sind. Sondern vielleicht auch dessen makaberes Eingeständnis, den falschen Weg zu verfolgen. Die Wahl hat gezeigt, dass eine Mehrheit gegen die Gewalt ist, politisch aber haben die Extremisten bisher nichts aufzubieten, und so verfallen sie offenbar in dieselbe Taktik, die ihre ideologischen Vettern im Libanon angewandt hatten: 1999 kündigte der damalige israelische Regierungschef Ehud Barak den geordneten Rückzug aus dem Libanon an. Die Islamisten von der Hisbollah-Milizen verstärkten daraufhin aber ihre Angriffe auf israelische Ziele, und seit Israel den Libanon im Mai 2000 verlassen hat, behauptet Hisbollah, Israel vertrieben zu haben.

Durchaus denkbar, dass die Radikalen in Gaza jetzt Ähnliches veranstalten wollen. Reichlich schwach, aber sie haben ja sonst nichts aufzubieten. Hoffentlich durchschauen die Betroffenen das und lassen sich nicht vor den Karren der Radikalen spannen.