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Schleuserkriminalität nimmt zu

Marcel Fürstenau6. Oktober 2015

Innenminister de Maizière stellt die aktuellen Zahlen zur Organisierten Kriminalität in Berlin vor. Die kriminellen Netzwerke werden internationaler. Erstaunlich ist, wie sich die Summe der Schäden entwickelt.

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Deutschland Bundespolizei an Autobahn (Foto: picture-alliance)
Bild: picture-alliance/R. Kremming

In Zeiten wie diesen gibt es kaum ein Thema, bei dem das Stichwort "Flüchtlinge" fehlt. Dass es im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK) auftaucht, ist allerdings kein neues Phänomen. Im Gegenteil: Mit Menschenhandel ließ sich schon immer viel Geld verdienen. Und die Entwicklung ist laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière "alarmierend". Das sagte der Christdemokrat bei der Präsentation des Bundeslagebilds der Organisierten Kriminalität am Dienstag in Berlin. Im vergangenen Jahr seien 2149 Fälle von Schleuserkriminalität registriert worden, 2013 waren es mit rund 1500 weitaus weniger. Für das laufende Jahr rechnen de Maizière und der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, mit einem weiteren gravierenden Anstieg.

Nachdrücklich wandte sich der Innenminister gegen Gerüchte, es gebe in Flüchtlingsheimen Formen von Organsierter Kriminalität wie Schutzgelderpressung. "Darüber liegen uns keine konkreten Erkenntnisse vor." Es gebe keinen Anlass für einen Generalverdacht gegenüber Flüchtlingen, sagte de Maizière. Bei der Bekämpfung von Schleuserbanden konzentriert sich Deutschland gemeinsam mit der europäischen Polizeibehörde (Europol) auf den Balkan und die Türkei, sagte BKA-Chef Münch.

Infografik: Festgestellte Schäden durch Organisierte Kriminalität in Milliarden Euro (Infografik: DW)

Die Zahl der Verfahren blieb mit 571 fast unverändert gegenüber dem Vorjahr (580). Den größten Teil davon machte wieder der Rauschgifthandel- und schmuggel aus. Ein Drittel aller Verfahren waren in diesem Bereich. In knapp jedem fünften Verfahren ging es um Eigentumskriminalität. Dazu gehören Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle. Auch bei diesen als "klassisch" bezeichneten Delikten arbeitete man international zusammen. Beispielhaft nannte de Maizière Bandenkriminalität georgischer Tatverdächtiger, die in Deutschland und Frankreich agieren würden.

Anteil deutscher Tatverdächtiger sinkt

Die Nennung von Nationalitäten will der Innenminister nicht als Stigmatisierung verstanden wissen. "Wir zeigen nicht mit dem Finger auf irgendjemanden", betonte der Minister. Es handele sich um ein "nüchternes, illusionsloses Lagebild". Demnach lag der Anteil deutscher Tatverdächtiger mit 36,1 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres (40,5). Entsprechend erhöhte sich der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger von knapp 59 auf 62,6 Prozent. In gut einem Prozent der Fälle konnte keine Staatsangehörigkeit ermittelt werden oder es handelte sich um Staatenlose.

Bemerkenswert ist die Entwicklung der Summe des festgestellten Schadens, die von 720 auf 540 Millionen Euro sank. Die Erklärung für diesen enormen Unterschied findet sich im Bericht zur Lage der Organisierten Kriminalität: Demnach gab es 2013 ein Ermittlungsverfahren mit einem "kriminellen Ertrag" von rund 208 Millionen Euro. Aber auch im langjährigen Vergleich war die Schadenssumme 2014 sehr niedrig (siehe Grafik).

Um zukünftig mit den Kriminellen Schritt halten zu können, setzen de Maizière und Münch auf verbesserte Rahmenbedingungen. Das Personal für das BKA soll aufgestockt werden, Polizei und Justiz enger zusammenarbeiten und internationale Kooperationen sollen verstärkt werden. Im Kampf gegen Cyberkriminalität wünscht sich der BKA-Präsident bessere Technik und mehr Experten, die sich im Internet und der dort verwendeten Software auskennen. "Die Kriminalität in diesem Bereich wird zunehmen", prophezeit Münch. Täter würden den technischen Fortschritt nutzen, um ihre Kommunikation zu verschleiern, Spuren zu verwischen und Gewinne abzuschöpfen.