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Aufruf zur Ruhe

29. August 2007

Nach blutigen Auseinandersetzungen zwischen Fraktionen der irakischen Schiiten hat der Schiiten-Prediger al-Sadr seine Miliz zur Ruhe aufgerufen. Die Mahdi-Armee soll ihre Aktivitäten sechs Monate lang einstellen.

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Muktada al-Sadr, Quelle: AP
Muktada al-SadrBild: AP
Pilger entzünden vor dem Imam-al-Mahdi-Schrein in Kerbela Kerzen, Quelle: AP
Pilger entzünden vor dem Imam-al-Mahdi-Schrein in Kerbela KerzenBild: AP

Die Miliz des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr will in den kommenden sechs Monaten ihre Angriffe auf Soldaten der US-geführten Truppen im Irak einstellen. Die Mahdi-Miliz wolle "alle bewaffneten Aktivitäten gegen die Besatzer oder andere Gruppen stoppen", sagte Scheich Ahmed al-Schaibani, ein Sprecher Sadrs, am Mittwoch (29.8.07) in Nadschaf. Ziel sei die Umstrukturierung der Miliz, aber nicht ihre Auflösung. Es sei "auch ein Versuch, undisziplinierte Elemente" aus der Gruppe zu entfernen.

Neue Gefechte

Pilger bei der Rückkehr nach Bagdad, Quelle: AP
Pilger bei der Rückkehr nach BagdadBild: AP

Al-Sadr ließ außerdem Berichte zurückwiesen, wonach seine Miliz an den Kämpfen in Kerbela beteiligt gewesen sei. Er forderte eine unabhängige Untersuchung und rief die seine Anhänger zur Zusammenarbeit mit den Behörden auf, um die Lage zu beruhigen. Auch am Mittwoch kam es zu heftigen Gefechten zwischen Regierungstruppen, die der schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki in die Stadt geschickt hatte, und Milizionären, die der Bewegung al-Sadrs zugerechnet werden. Augenzeugen sahen brennende Gebäude und Rauchwolken, die über der Innenstadt aufstiegen. Am Nachmittag verkündete der Nationale Sicherheitsberater, Muwaffak al-Rubai: "Die Lage in Kerbela ist wieder unter Kontrolle, alle Gesetzesbrecher sind vertrieben. Unsere eiserne Faust wird jeden treffen, der gegen das Gesetz verstößt."

Dutzende Tote

Angehörige trauern um einen in Kerbela getöteten Schiiten, Quelle: AP
Angehörige trauern um einen in Kerbela getöteten SchiitenBild: AP

Bei den Zusammenstößen kamen am Montag und Dienstag mindestens 52 Menschen ums Leben, rund 300 wurden verletzt. Die Behörden erklärten das Pilgerfest daraufhin für aufgelöst und schickten die mehr als eine Million Teilnehmer nach Hause. Bei den heftigen Feuergefechten zwischen der irakischen Polizei und bewaffneten Kämpfern wurden nach Behördenangaben die goldene Kuppel und die Minarette der Imam-Hussein-Moschee beschädigt. Journalisten und Augenzeugen berichteten, Sadrs Mahdi-Miliz habe sich mit der Polizei Gefechte geliefert. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde der Sadr-Getreue Hamid Kanusch, ein Mitglied des Provinzrates von Kerbela, festgenommen.

Regierungschef Maliki verhängte eine unbefristete Ausgangssperre über die Pilgerstadt. Die Anordnung trat am Mittwochmorgen in Kraft, wie das Staatsfernsehen berichtete. Zuvor war Maliki laut seinem Sprecher an den Ort der Unruhen gereist, wo er die Situation mit den örtlichen Behörden besprach. Maliki entließ den Kommandeur von Kerbelas Polizeitruppe. Der Ministerpräsident machte nicht Al-Sadr für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich, sondern "Verbrecherbanden und Überbleibsel des Regimes von Saddam Hussein".

Gewalt in weiteren Städten

Die Polizei der Stadt hält der mit der Mahdi-Miliz konkurrierenden Schiitenbewegung Oberster Islamischer Rat im Irak (SIIC) die Treue, die Malikis Regierung unterstützt. Die Gewalttätigkeiten schwappten auf fünf andere Städte über, wo nach Polizeiangaben Büros des SIIC in Brand gesteckt wurden und elf Menschen bei Schießereien getötet wurden. In Hilla südlich von Bagdad kam es am Morgen zu Gefechten zwischen Sadr-Milizionären und bewaffneten SICI-Mitgliedern, bei denen nach Polizeiangaben sechs Kämpfer starben. Auch in Bagdad und in Kufa griffen bewaffnete Schiiten Büros der Partei an. Al-Sadr rief seine Anhänger auf, keine Büros der SICI zu zerstören und mit den Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten. In einer Erklärung Al-Sadrs hieß es: "Ich rufe die Anhänger der Sadr-Bewegung zu Selbstdisziplin und Ruhe auf."

Die Mahdi-Armee wird von den USA als größte Gefahr für die innere Sicherheit in dem Golfstaat eingeschätzt, obwohl sie ihre Aktivitäten seit Beginn einer US-Offensive im Februar erheblich eingeschränkt hat. Sie verfügt über schätzungsweise bis zu 60.000 Kämpfer und wird vor allem für die Folter, Entführung und Ermordung hunderter Sunniten verantwortlich gemacht. Kerbela gehört zusammen mit Nadschaf zu den wichtigsten heiligen Stätten der Schiiten und ist eine Hochburg der Anhänger von Sadr. (stu)