Schau bei Wikipedia nach!
Sie ist weltweit jederzeit online verfügbar und finanziert sich aus Spenden: die Enzyklopädie Wikipedia. Doch immer wieder stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit.
Als die US-Amerikaner Jimmy Wales und Larry Sanger am 15. Januar 2001 Wikipedia gründeten, dürften sich sich etwas (nicht) im Traum ausmalen umgangssprachlich für: sich etwas (nicht) vorstellen können die beiden nicht im Traum ausgemalt sich etwas (nicht) im Traum ausmalen umgangssprachlich für: sich etwas (nicht) vorstellen können haben, dass heute insgesamt mehr als 50 Millionen Artikel existieren. Der Name setzt sich zusammen aus dem hawaiischen Wort „Wiki“ für „schnell“ und dem griechischen „Encyclopedia“ für Lexikon. Wollte jemand früher etwas zu einem Thema oder einer Person wissen, musste er dafür Nachschlagewerke wie den Brockhaus oder die Encyclopedia Britannica wälzen wälzen hier umgangssprachlich: in dicken Büchern nachschlagen . Heute heißt es: „Schau doch mal bei Wiki nach!“ oder auch: „Frag doch Tante Wiki!“ Die Online-Enzyklopädie mit Hauptsitz in San Francisco ist zu einem festen Bestandteil nahezu aller Gesellschaften weltweit geworden. Millionen Menschen nutzen die Open Source Open Source, -s (f., aus dem Englischen) hier: eine Software, die allen Nutzern kostenfrei zur Verfügung steht, verändert und weiterverbreitet werden kann -Plattform Plattform, -en (f.) hier: eine Internetseite, auf der Informationen oder Medien ausgetauscht werden können täglich, stündlich, ja minütlich. Sie zählt weltweit zu den am häufigsten frequentierten Internetseiten. Jimmy Wales ist nach wie vor einer der wichtigsten Köpfe Kopf, Köpfe (m.) hier: eine Person, die eine führende Rolle übernimmt (z. B. in einem Unternehmen) im Wikipedia-Universum Universum, Universen (n.) das Weltall; hier: die Welt . Den anhaltenden Erfolg begründet er so:
„Die ursprüngliche Idee von Wikipedia haben wir uns damals von der wachsenden ‚Open Source Community‘ abgeschaut. Gleichzeitig sind wir aber dezentral organisiert – wie eine Kleinstadt. Jeder verfolgt seine Interessensgebiete. Dennoch haben wir eine gemeinsame Aufgabe, nämlich eine Enzyklopädie zu betreiben. Hätten wir uns als Forum organisiert, wo jeder etwas reinschreiben kann, hätten wir uns nicht so lange gehalten.“
Derzeit schreiben, redigieren und prüfen rund 3,5 Millionen Freiwillige weltweit die Artikel – eigenständig und dezentral, auf verschiedene Orte verteilt. Alle arbeiten an einem gemeinsamen Projekt, teilen ihr Fachwissen mit der Allgemeinheit. Es ist kein geeigneter Ort, kein Forum, in das jede und jeder reinschreiben kann, die eigene Meinung kundtun oder über Themen diskutieren kann. Autorin, Autor kann jede, jeder werden, der sein/ihr Wissen mit anderen teilen möchte. Doch Wikipedia gehen so langsam die Autor*innen aus. Allein in Deutschland hat sich deren Zahl seit 2009 bis heute auf durchschnittlich knapp 6000 mehr oder weniger Aktive halbiert. Das liegt auch daran, dass es mittlerweile kaum noch darum geht völlig neue Stichworte anzulegen. Stattdessen braucht die Online-Enzyklopädie Menschen, die den vorhandenen Bestand pflegen und aktualisieren. Eine Aufgabe, die vielen nicht sehr verlockend erscheint.
Vielleicht würde sich das ändern, wenn die Freiwilligen bezahlt würden. Doch danach sieht es nicht aus, denn in all den Jahren ist Wikipedia sich treu geblieben: Man arbeitet nicht gewinnorientiert. Hinter der Plattform steht die Stiftung ‚Wikimedia Foundation‘, der Jimmy Wales die Enzyklopädie einst schenkte. Werbefrei und allein aus Spenden von Privatpersonen und Unternehmen finanziert sie die Infrastruktur des Online-Lexikons und bezahlt so die Programmierer. 2019/20 lagen die Einnahmen bei etwas mehr als 129 Millionen US-Dollar. In den Augen von Jimmy Wales soll das Modell so bleiben:
„Würde dieses Modell nicht so gut funktionieren, wären wir gezwungen, uns nach anderen Einnahmequellen umsehen zu müssen. Das wäre ungesund für uns. Man würde versuchen, so viele Klicks wie möglich zu erhalten. Dann wären wir aber kein Ort mehr für gesammeltes Wissen.“
Das Internet besteht aus Information, Unterhaltung – und ganz viel Werbung. Die neue Währung heißt Klicks. Je mehr Zugriffe eine Seite mit Werbeeinblendungen hat, umso mehr klingelt die Kasse klingelt bei jemandem umgangssprachlich für: jemand verdient viel Geld bei den Konzernen die Kasse die Kasse klingelt bei jemandem umgangssprachlich für: jemand verdient viel Geld . Bestes Beispiel dafür ist Google. Für Wikipedia wäre so ein Modell laut Jimmy Wales ungesund, negativ. Mit gut 6,1 Millionen Artikeln ist die englischsprachige Wikipedia-Version das größte Angebot, gefolgt von einer philippinischen und schwedischen Sprachversion, deren Texte aber zum Teil automatisiert entstehen. An vierter Stelle kommt die deutsche Wikipedia-Ausgabe mit derzeit 2,5 Millionen Artikeln. Für Jimmy Wales erklärt sich deren Beliebtheit so:
„Die deutsche Wikipedia hat den Ruf, sehr seriös zu sein. Ich werde immer gefragt: ‚Weshalb ist das so?‘ Ich sage dann immer: ‚Die Deutschen sind schlau und gut aussehend‘. Aber ernsthaft: In Deutschland gibt es eine große Tradition für Enzyklopädien wie den Brockhaus. Deshalb ist Wikipedia hier so beliebt.“
Wikipedia ist aber nicht in allen Ländern der Welt beliebt. China, Iran oder auch Usbekistan haben die Website schon einmal gesperrt. In Russland wird an einer Alternative gearbeitet. Auch in den USA sind Falschnachrichten oder gar Verschwörungsmythen Verschwörungsmythos, -mythen (m.) eine erfundene Behauptung/Geschichte, dass eine Gruppe von Menschen einen geheimen Plan hat, um anderen zu schaden an der Tagesordnung. Dennoch meint Jimmy Wales:
„Es ist recht schwer, die Wikipedia-Gemeinschaft an der Nase herumzuführen. Seit Jahren beschäftigen und diskutieren wir unsere Quellen. Es kommt auf unsere Gemeinschaft an. Quellen und Bestätigungen sind für uns ein zentrales Element.“
Zwar ist es schwer, so Jimmy Wales, die Wiki-Gemeinschaft zu täuschen, an der Nase herumzuführen. Dennoch stellt sich manchen Nutzern und Nutzerinnen häufig die Frage nach der Glaubwürdigkeit einer Open Source-Enzyklopädie, die sogar den legendären Brockhaus im Internet erfolgreich verdrängt hat. So galten im Jahr 2019 14.000 Einträge der deutschen Wikipedia als lückenhaft lückenhaft unvollständig , bei mehr als 35.600 Einträgen fehlten Belege für Angaben. Auch die Zahlen veralteter Einträge oder solcher, bei denen die Neutralität in Frage steht, stiegen in den letzten Jahren. Hauptgrund ist, dass es kaum mehr Freiwillige für diese „Wartungsarbeiten“ gibt. Und wie sieht es generell mit der Glaubwürdigkeit von Beiträgen aus? Nenja Wolbers, die sich bei der Stiftung „Digitale Chancen“ mit der Vermittlung von Medienkompetenz beschäftigt, rät dazu, einige Punkte abzuchecken etwas ab|checken hier: etwas nach einem bestimmten Verfahren überprüfen, kontrollieren :
„Ist denn ’n Artikel neutral geschrieben? Kann ich daraus entdecken, dass ich irgendwie angesprochen werde, dass ich aufgefordert werde, irgendwas zu tun oder zu glauben? Oder klingt es wirklich nach Fakten? Und ist die Darstellung ausgewogen, also wird vielleicht auch nochmal von ’ner anderen Seite, ’ner anderen Perspektive etwas dargestellt.“
Man müsse immer im Hinterkopf behalten etwas im Hinterkopf behalten etwas nicht vergessen , so Wolbers, dass Wikipedia eine Plattform ist, die von sehr vielen Autor*innen genutzt wird und ein Text schnell mal geändert werden kann. Auch können – je nach Sprachversion – unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, so dass sich gerade bei politisch heiklen Themen die Versionen teilweise signifikant voneinander unterscheiden. Wiki-Autor Martin Rulsch meint dazu:
„Ich glaube, es gibt keine Wahrheit und Neutralität. Aber das Ziel von Wikipedia ist ja, sich dem möglichst anzunähern, danach zu streben.“
Und wenn das nicht geht, sollten eben mehrere Standpunkte dargestellt werden, sagt Rulsch. Er wirkt seit Anfang der 2000er-Jahre beim deutschen Wikipedia-Ableger mit. Natürlich sei es möglich, krude krude hier: unausgereift, verrückt, abwegig Theorien zu einem Thema zu verbreiten, sagt Rulsch, aber das bliebe nicht lange unbemerkt:
„Irgendjemandem wird es schon auffallen, weil [es] irgendwann eine Schnittmenge von einem anderen Autor[en] oder einer anderen Autorin [gibt]. Und dann fällt das auf. Und dann, wenn das mal aufgefallen ist, gehen die durch alle meine Bearbeitungen durch und gucken, was ich alles für einen Unsinn geschrieben habe. Aufgrund der transparenten Versionsgeschichte können die das alles nachvollziehen.“
Und auf diese Selbstkontrolle durch die Community vertraut man. Denn es gibt immer Schnittmengen, Elemente, die jemand anderes auch bearbeitet hat. Die sogenannte transparente Versionsgeschichte, ein Kontrollwerkzeug, das in allen Sprachen verfügbar ist, hilft Nutzenden dabei, bei jedem Artikel nachzuverfolgen, wann welche Änderungen von wem gemacht wurden. In größeren Sprachversionen gibt es zudem zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen: Bei der deutschen Wikipedia müssen Änderungen von sogenannten Sichtern Sichter, -/Sichterin, -nen hier: jemand, der einen bearbeiteten Eintrag überprüft, bevor eine Änderung übernommen wird bestätigt werden, bevor sie freigeschaltet etwas frei|schalten etwas aktivieren, so dass man es benutzen kann werden. Bei der englischen Wikipedia dürfen neue Artikel nur von registrierten Benutzern angelegt werden. Teilweise werden auch automatisierte Bots Bot, -s (m., aus dem Englischen) ein Computerprogramm, das automatisch und ohne Hilfe von Menschen immer dieselben Aufgaben erfüllt eingesetzt. Die können zum Beispiel vulgäre vulgär derb, schamlos Ausdrücke erkennen. Wird gegen Regeln verstoßen, können Administratoren Administrator, -en/Administratorin, -nen eine Person, die etwas verwaltet Nutzern das Schreibrecht entziehen oder auch nur noch bestimmten Personengruppen erlauben, an einem bestimmten Artikel zu arbeiten.
Als absolut verlässliche Quelle kann Wikipedia trotz aller Kontrollen nicht gelten. Zwar sind viele Beiträge gut belegt, mehrfach auf Qualität geprüft und im Gegensatz zu gebundenen gebunden hier: so, dass die zusammengefügten Blätter eines Buches mit einem festen, schützenden Einband versehen sind Lexika in Teilen sogar tagesaktuell. Auf der anderen Seite sind Manipulationen möglich, die nicht immer sofort entdeckt werden. Gerade wegen des offenen Prinzips des Mitmach-Lexikons sollte man daher jeden Eintrag immer mit einem kritischen Auge lesen.
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*Unter Verwendung von Beiträgen zum Thema von Marcus Schuler, Uta Steinwehr, Verena Greb
Schau bei Wikipedia nach!
sich etwas (nicht) im Traum ausmalen — umgangssprachlich für: sich etwas (nicht) vorstellen können
wälzen — hier umgangssprachlich: in dicken Büchern nachschlagen
Open Source, -s (f., aus dem Englischen) — hier: eine Software, die allen Nutzern kostenfrei zur Verfügung steht, verändert und weiterverbreitet werden kann
Plattform, -en (f.) — hier: eine Internetseite, auf der Informationen oder Medien ausgetauscht werden können
Kopf, Köpfe (m.) — hier: eine Person, die eine führende Rolle übernimmt (z. B. in einem Unternehmen)
Universum, Universen (n.) — das Weltall; hier: die Welt
die Kasse klingelt bei jemandem — umgangssprachlich für: jemand verdient viel Geld
Verschwörungsmythos, -mythen (m.) — eine erfundene Behauptung/Geschichte, dass eine Gruppe von Menschen einen geheimen Plan hat, um anderen zu schaden
lückenhaft — unvollständig
etwas ab|checken — hier: etwas nach einem bestimmten Verfahren überprüfen, kontrollieren
etwas im Hinterkopf behalten — etwas nicht vergessen
krude — hier: unausgereift, verrückt, abwegig
Sichter, -/Sichterin, -nen — hier: jemand, der einen bearbeiteten Eintrag überprüft, bevor eine Änderung übernommen wird
etwas frei|schalten — etwas aktivieren, so dass man es benutzen kann
Bot, -s (m., aus dem Englischen) — ein Computerprogramm, das automatisch und ohne Hilfe von Menschen immer dieselben Aufgaben erfüllt
vulgär — derb, schamlos
Administrator, -en/Administratorin, -nen — eine Person, die etwas verwaltet
gebunden — hier: so, dass die zusammengefügten Blätter eines Buches mit einem festen, schützenden Einband versehen sind