Scharfe Kritik an Umsetzung der Energiewende
28. Dezember 2012Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, verlangte ein rasches Vorgehen gegen den Anstieg der Energiepreise. So müsse die Stromsteuer deutlich gesenkt werden. Driftmann sagte in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd, durch diesen Schritt "würden genau die Gruppen entlastet, die sich als die Träger der Hauptlast der Energiewende fühlen: Der Mittelstand und die Verbraucher".
Handwerkspräsident Otto Kentzler mahnte: "Die Politik muss bei der Förderung erneuerbarer Energien schnell umsteuern, um wenigstens den weiteren Preisanstieg zu bremsen." Die Energiewende stocke an vielen Stellen. Beispiele seien der Netzausbau und der Zubau neuer Kraftwerke zur Grundlastsicherung. Gleichzeitig drohten "die Kosten aus dem Ruder zu laufen".
Ungleichgewichte treiben Kosten
Der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, Christoph Schmidt, sagte der Agentur: "Es gibt ein eklatantes Missverhältnis zwischen dem stark voranschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien und dem kaum vorankommenden Ausbau der Infrastruktur, allen voran der Stromnetze im Inland." Dieses Missverhältnis gefährde die Energiewende und mache sie teurer als nötig.
Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, kritisierte: "Es fehlt ein Konzept, um steigende Kosten zu verhindern." Insbesondere vermisse er "ein kosteneffizientes Fördersystem bei den erneuerbaren Energien". Straubhaar fügte hinzu: "Deshalb werden die Energiepreise auch im nächsten Jahr steigen beziehungsweise auf hohem Niveau bleiben. Das ist deshalb tragisch, weil in anderen Industrieländern - vor allem den USA - die Energiekosten eher sinken." Dies werde "die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie schwächen und hiesige Arbeitsplätze gefährden".
Versäumnisse der Bundesregierung
Auch der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wolfgang Franz, warf der Bundesregierung am Freitag Versäumnisse vor. Franz sagte in einem Interview: "Für die kommenden Jahre ergeben sich für die Energiepolitik drei Großbaustellen: Netzausbau und -umbau, Zubau bei Kraftwerkskapazitäten und Minimierung der Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien." Diese Aufgaben müssten "zu einem Gesamtkonzept verzahnt werden, bei dem die Abfolge der Reformschritte und Fördermaßnahmen aufeinander abgestimmt sind". Ein solches Konzept sei aber "bisher nicht zu erkennen".
ul/wen (dapd)