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Russland Rubel

Klaus Ulrich16. Dezember 2014

Die russische Notenbank versucht alles, um die Talfahrt des Rubel zu stoppen. Geholfen hat es bislang nicht. Droht nun der Rückfall in eine tiefe Wirtschaftskrise?

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Der russische Präsident Putin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Metzel

Zuletzt hatte die russische Notenbank in der Nacht zum Dienstag (16.12.2014) versucht, den Absturz des Rubel zu stoppen. Sie hob den Leitzins drastisch von 10,5 auf 17 Prozent an. Damit solle die "erhebliche Wertminderung" der Währung begrenzt werden, erklärte die Zentralbank. Sie sei zu einem abgestimmten Handeln mit dem Kreml bereit, sagte Notenbankchefin Elwira Nabiullina am Dienstag dem Sender Rossija-24. Die Notenbank hatte bereits in der vergangenen Woche versucht, den Verfall der Währung mit Stützungskäufen und einer kleineren Zinserhöhung aufzuhalten.

Allein: Es hilft nichts, die Maßnahmen zeigen keine Wirkung, im Gegenteil: Erstmals mussten 80 Rubel für einen Dollar und 100 Rubel für einen Euro gezahlt werden. Seit Jahresbeginn büßte die Währung insgesamt fast 60 Prozent ihres Wertes ein. Gründe für den Absturz sind vor allem der immer weiter fallende Ölpreis sowie die Sanktionen des Westens wegen der Rolle Moskaus im Ukraine-Konflikt. Durch den Währungsverfall sind die Preise für russische Verbraucher erheblich gestiegen.

Erinnerungen an das Krisenjahr 1998

Analysten sprachen laut der Nachrichtenagentur Reuters von Panik. "Es schwirren Gerüchte herum, dass das Land in die Zustände des Krisenjahres 1998 zurückfallen könnte", sagte Alena Afanasjewa vom Forex Club in Moskau.

1998 hatte massive Kapitalflucht eine tiefe Wirtschaftskrise ausgelöst, in der die Landeswährung ins Trudeln geriet. Das Land musste letztlich mit Milliardenkrediten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank stabilisiert werden.

Zusammenbruch nicht in Sicht

"Russland bricht nicht zusammen", sagt der Osteuropa-Experte Hans-Henning Schröder von der FU Berlin im Gespräch mit der DW. Das Land habe zwar ganz erhebliche Schwierigkeiten und die würden im nächsten Jahr auch fühlbar für den größten Teil der Bevölkerung, beschreibt der Experte die aktuelle Situation. Er sieht aber keinen Grund dafür, die westlichen Sanktionen aufzuheben, ohne dass die russische Führung Kompromisse eingeht und deutlich macht, dass sie bereit ist, sich an einer europäischen Friedensordnung zu beteiligen.

Folker Hellmeyer, der Chefanalyst der Bremer Landesbank, sieht die wirtschaftliche Lage Russlands trotz der dramatischen Rubel-Abwertung immer noch positiv und "nicht vergleichbar" mit dem Krisenszenario vor mehr als 15 Jahren. "Russland hat die drittgrößten Devisenreserven der Welt, nämlich 420 Milliarden US-Dollar", betont der Analyst im Gespräch mit der DW. Die USA hätten gerade mal 120, die Eurozone 220 Milliarden.

"Russland hat darüber hinaus einen Haushaltsüberschuss von plus 1,5 Prozent im laufenden Jahr. In Deutschland sind wir bei null, die USA bei minus 5,5 Prozent der Wirtschaftsleistung." Darüber hinaus stehe Russland mit seiner Staatsverschuldung von lediglich 13 Prozent vergleichsweise gut dar. "Wir hier in Deutschland liegen bei einer Schuldenquote von 77 Prozent, die USA bei 108 Prozent der Wirtschaftsleistung", so der Analyst.

Sanktionen wirken psychologisch

Mit Blick auf die Fundamentaldaten steht Russland also ziemlich gut da. Kein Grund zur Panik also? Osteuropa-Experte Schröder weist auf eine Eigendynamik hin, die sich in den letzten Monaten entwickelt habe.

"Die nochmalige Verschärfung der Sanktionen im Juli hat tatsächlich mehr bewirkt, als man erwartet hatte", sagt Schröder. Auf bestimmte Banken sollte Druck ausgeübt werden, aber tatsächlich habe sich das psychologisch in der ganzen russischen Volkswirtschaft ausgebreitet. Investoren blieben weg, das Geld fließe ab. "Die Frage ist, ob sich angesichts der wachsenden Probleme die politische Führung bewegt und jetzt vielleicht bereit ist, in ein Gespräch mit der EU einzutreten über die Situation in der Ostukraine."

Kaufrausch als Reaktion

Teile der russischen Bevölkerung reagieren jedenfalls ganz speziell auf den Absturz des Rubel. Sie verfallen geradezu in einen Kaufrausch. Viele Russen zieht es derzeit in Elektronikmärkte, Möbelgeschäfte oder sogar Autohäuser, wo sie ihre Ersparnisse loswerden wollen, bevor die Preise weiter explodieren und der Rubel noch mehr an Wert verliert.

Denn die Russen haben Erfahrung im Umgang mit mit Wechselkurs- und Inflationsmechanismen. Sie haben in den vergangenen 25 Jahren schon mehrere schwere Währungskrisen durchgemacht und ihre Ersparnisse in Rauch aufgehen sehen. "In diesem Punkt unterscheidet sich Russland von Industrieländern, in denen die Menschen anfangen zu sparen, wenn eine Krise beginnt", sagt der Wirtschaftswissenschaftler Igor Nikolajew. "Bei uns geht das mit einer starken Herabwürdigung des Geldes einher und die Leute geben mehr aus, was die Situation für eine gewisse Zeit entspannt", fügt der Analyst des Beratungsunternehmens FBK hinzu.