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Europäischer Entwicklungsbericht

Nadina Schwarzbeck/Friederike Müller23. April 2013

Der Europäische Entwicklungsbericht 2013 untersucht unter anderem Ruanda und die Elfenbeinküste. Beide haben Fortschritte gemacht, werden die Millenniumsziele der Vereinten Nationen aber wohl nicht bis 2015 umsetzen.

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Eine Familie aus Ruanda in einem Flüchtlingscamp (Foto: (ddp images/AP Photo/Jean-Marc Bouju)
Bild: picture-alliance/dpa

Ruanda hat aufgeholt: Von 2000 bis 2010 hat sich die Kindersterblichkeitsrate mehr als halbiert. Gleichzeitig gehen immer mehr Kinder zur Schule. Auch die Zahl der Menschen, die medizinisch versorgt werden, ist gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat sich mehr als verdoppelt: Es stieg von 225 US-Dollar in 2000 auf 595 US-Dollar in 2011.

Der neueste Europäische Entwicklungsbericht, der in Bonn vorgestellt wurde, bescheinigt dem Land eine "bemerkenswerte Entwicklung", vor allem vor dem Hintergrund des Genozids von 1994. Der hatte das Land in seiner Entwicklung stark zurückgeworfen.

Der Entwicklungsbericht prüft, wie sinnvoll europäische Hilfsprojekte in Afrika, Südamerika und Asien sind und welche Konsequenzen sich daraus für die Entwicklungsarbeit der Zukunft ergeben. Neben Ruanda standen die Elfenbeinküste, Nepal und Peru im Fokus.

Millenniumsziele als Indikator

Der Bericht beruht auf Studien, die vor Ort von einheimischen Forschungsinstituten durchgeführt wurden. Und er zeigt vor allem eins: Die Länder haben entwicklungspolitisch sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen. Doch auch ihre Ausgangspositionen unterscheiden sich stark. Das ist kein Zufall: Die vier Länder verträten unterschiedliche Kontinente und verschiedene Einkommensklassen, erklärt Anna Knoll vom European Centre for Development Policy Management (ECDPM). Die Organisation hat den Entwicklungsbericht zusammen mit dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) und dem britischen Overseas Development Institute (ODI) verfasst. Ihre Auftraggeber: die Europäische Kommission und sieben EU-Staaten, darunter auch Deutschland.

"Wir hatten für alle vier Länder die gleichen Fragen: Was haben die Millenniumsentwicklungsziele für die Länder gebracht, waren die Entwicklungsstrategien sinnvoll und konnten sie in nationale Ziele übersetzt werden?", erklärt Anna Knoll. Im Jahr 2000 verabschiedeten die Vereinten Nationen die acht Millenniumsziele, die alle Mitgliedstaaten bis 2015 erreichen sollten: Unter anderem sollen sie die Armut halbieren, den Hunger bekämpfen und die Kindersterblichkeit verringern. Der aktuelle Entwicklungsbericht untersucht unter anderem, welche Rolle diese Entwicklungsziele in der Politik der einzelnen Länder spielen.

Stephan Klingebiel (Foto: Nadina Schwarzbeck)
Stephan Klingebiel leitete die Studie zu RuandaBild: Nadina Schwarzbeck

Ruanda auf Erfolgskurs, aber finanziell abhängig

Der Bericht zeigt: Die ruandische Regierung hat diese Ziele sehr weit oben auf ihre Agenda gesetzt und Entwicklungshilfe-Gelder gezielt in Projekte gesteckt, die zum Beispiel Armut bekämpfen. Das Ergebnis: "Ruanda ist nach wie vor ein armes Land, gleichzeitig hat es aber in den letzten Jahren große Erfolge im Bereich der Armutsreduzierung und Sozialentwicklung gemacht", sagt Stephan Klingebiel vom DIE, der die Studie zu Ruanda betreut hat. So habe Ruanda ein Entwicklungsniveau erreicht, das etwas höher sei als vor dem Genozid 1994.

Doch Ruanda ist abhängig von den Geberländern: Knapp 45 Prozent des ruandischen Staatshaushaltes sind laut Entwicklungsbericht Hilfsgelder. Im DW-Interview mahnt Klingebiel: Um weiter auf diesem Kurs zu bleiben, müsse das Land Beständigkeit demonstrieren: "Ruanda sollte auf jeden Fall versuchen, seine Programme zur Armutsreduzierung und zum Ausbau der sozialen Infrastruktur beizubehalten und sollte auch verstärkt versuchen, sie selbst zu finanzieren." Dass das zu 100 Prozent funktioniere, sei jedoch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, so Klingebiel.

Die Elfenbeinküste hat sich stabilisiert

Im Staatshaushalt der Elfenbeinküste spielen die Hilfsgelder mit einem Anteil von durchschnittlich fünf Prozent eine vergleichsweise kleine Rolle. Einer der Gründe dafür: die politische Instabilität des westafrikanischen Landes. Nach den letzten Präsidentschaftswahlen 2010 kam es zu blutigen Unruhen. Internationale Sanktionen waren die Folge. Nicht zum ersten Mal: Die EU hatte ihre Unterstützung für die Regierung bereits zwischen 1998 und 2002 ausgesetzt. Die politische Instabilität schlage sich auch im Entwicklungsbericht nieder, erlärt James Mackie von der ECDPM: "Nach einer Periode, die von Krisen geprägt war, gibt sich das Land nun große Mühe wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen". 2011 erwirtschaftete das Land einen Handelsüberschuss von 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Elfenbeinküste exportiert vor allem Kakao.

Zivilisten an Straßensperren (Foto:Rebecca Blackwell/AP/dapd)
Nach den letzten Wahlen 2010 kam es zu blutigen UnruhenBild: dapd

Den Gesundheitssektor habe das Land aber vernachlässigt, so Mackie. Daher wird sich die ivorische Regierung laut dem Entwicklungsbericht nun hauptsächlich auf den Bereich Müttergesundheit konzentrieren. Seit zwei Jahren läuft dazu ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen.

Dennoch hält es der Entwicklungsbericht für unwahrscheinlich, dass die Elfenbeinküste bis 2015 viele der Millenniumsziele erreichen wird. Auch Ruanda wird das voraussichtlich nicht bei allen Zielen schaffen. Der Entwicklungsbericht blickt aber schon weiter in die Zukunft. Seine Ergebnisse sollen in eine neue internationale Agenda für die Zeit nach 2015 einfließen.