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Politik

RKI: Es stehen schwere Wochen bevor

19. März 2021

Angesichts steigender Infektionszahlen machen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und das Robert Koch-Institut (RKI) keine Hoffnungen auf Lockerungen der Kontakteinschränkungen. Es drohten mehr Todesfälle bei Jüngeren.

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Berlin Coronavirus Pressekonferenz Karl Lauterbach Lars Schaade Jens Spahn
Bundespressekonferenz mit Jens Spahn (CDU), Lars Schaade (RKI) und Karl Lauterbach (SPD)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

"Die steigenden Fallzahlen bedeuten, dass wir in den nächsten Wochen keine weiteren Öffnungsschritte gehen können", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei einer Pressekonferenz in Berlin. Man müsse vielleicht sogar "einige Schritte zurück" machen. "Wir brauchen noch einen langen Atem." Darüber werde man am Montag mit den Länderministern beraten.

Spahn sprach sich nach der Freigabe des AstraZeneca-Vakzins für einen schnellen Einsatz der Hausärzte bei den Impfungen aus. Dies sollte vor Mitte April der Fall sein, was bisher als spätester Termin ins Auge gefasst wurde. Über diese und andere Impfpläne wird Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder im Laufe des Tages telefonisch beraten.

RKI befürchtet mehr jüngere COVID-Tote

Dem Vize-Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lars Schaade, zufolge, befindet sich Deutschland im exponentiellen Wachstum der Fallzahlen. "Es stehen schwere Wochen bevor." Er warnte vor mehr COVID-19-Todesfällen in jüngeren Generationen. Man solle nicht denken, man könne die Situation jetzt laufen lassen, da mehr ältere Menschen bereits geimpft seien, sagte Schaade. Die Patienten auf den Intensivstationen seien im Schnitt schon jünger.

Die Inzidenz, also die Zahl der Infizierten pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche, steige aktuell am meisten in der Altersgruppe der 15- bis 49-Jährigen. Derzeit beobachte man zwar noch einen langsamen Anstieg auf den Intensivstationen, doch werde sich das ändern, wenn die Infektionszahlen weiter steigen, erklärte Schaade. Dann werde es auch mehr Menschen aus jüngeren Jahrgängen auf den Intensivstationen und unter den Toten geben. Er appellierte daher an die Menschen, nicht zu reisen und die Ostertage nur in engstem Kreis zu verbringen.

Aktuell meldeten die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut 17.482 neue Ansteckungsfälle binnen 24 Stunden - etwas weniger als am Vortag, aber rund 4600 mehr als vor einer Woche.

"Fulminante dritte Welle"

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach von einer "fulminanten dritten Welle" und forderte einen schnellen Lockdown. Wegen der neuen Virus-Varianten sei Mitte April mit einer bundesweiten Inzidenzzahl von 200 zu rechnen. Wenn die Fallzahlen nicht abgebremst würden, sei eine Überlastung der Intensivstationen in wenigen Wochen zu erwarten. Lauterbach begrüßte zugleich die Fortsetzung der Impfung mit AstraZeneca. Es handle sich dabei um einen sehr wirksamen Impfstoff, der bei den älteren Menschen die Krankenhauseinweisungen und den Tod sehr sicher verhindern könne.

Für die Fortsetzung der Impfung hatte Bundesgesundheitsminister Spahn am Donnerstag grünes Licht gegeben. Die Impfwilligen sollten in aktualisierten Aufklärungsbögen über mögliche Risiken informiert werden. Nach der Aussetzung der Impfungen am Montag gelte es nun, vier verlorene Tage aufzuholen, sagte der Minister.

"Nicht die Zeit für Resignation und Selbstmitleid"

Angesichts der sich weiter zuspitzenden Lage hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu mehr Mut und weniger Verzagtheit im Kampf gegen die Corona-Pandemie aufgerufen. "Gerade jetzt, im Angesicht der dritten Welle, ist nicht die Zeit für Resignation und Selbstmitleid", sagte er bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die BioNTech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin. Steinmeier zeichnete sie für ihre herausragende Leistung bei der Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs aus. Er würdigte Türeci und Sahin als visionäre Unternehmer und Wissenschaftler, denen es gelungen sei, im richtigen Moment "das Entscheidende" zu tun. "Der Impfstoff, den Sie entwickelt haben, ist ein Dienst an der Menschheit." Dieser rette nicht nur Leben und Existenzen, sondern das gesellschaftliche wie auch kulturelle Überleben der Menschheit.
Das von Türeci und Sahin gegründete Mainzer Startup BioNTech ist auf die sogenannte Boten-RNA-Technologie spezialisiert, mit der ursprünglich vor allem Hoffnungen auf bessere Krebstherapien verbunden waren. In der Coronakrise erwies sich der Ansatz auch bei der Impfstoffentwicklung als erfolgreich. Das von BioNTech und seinem US-Partner Pfizer hergestellte Vakzin war weltweit das erste, das zugelassen wurde. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel war bei der Verleihung im Schloss Bellevue.

Deutschland Verleihung Bundesverdienstkreuz durch Bundespräsident Steinmeier an Ozlem Tureci und Ugur Sahin
Lobende und mahnende Worte bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Bild: Odd Andersen/AFP/Getty Images

bri/mak (rtr, dpa)