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Baku: "Nicht einfach für schwarze Fußballer"

Krestin Harrington
5. April 2021

Ridle Baku, Stammspieler beim VfL Wolfsburg, ist eine der großen deutschen Hoffnungen für die U21-EM. Der 22-Jährige erläutert der DW, warum es für einen Schwarzen in Deutschland schwierig ist, Profifußballer zu werden.

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VfL Wolfsburg - 1. FC Köln Ridl Baku
Bild: Swen Pförtner/dpa/picture alliance

"Es war ein großer Moment für mich. Ein Traum wurde wahr, für die Nationalmannschaft zu spielen", sagt Ridle Baku und blickt zurück auf das Freundschaftsspiel gegen die Tschechische Republik im November, als er sein Debüt in der A-Nationalmannschaft gab. "Ich bin hier geboren, ich bin hier aufgewachsen und ich habe viele Freunde hier. Und es war mein Traum, für das Nationalteam zu spielen."

Für den 22 Jahre alten Baku, der als Sohn kongolesischer Eltern in Mainz geboren wurde, war es der Höhepunkt seines bisher rasanten Aufstiegs. Nur einen Monat zuvor war er für zehn Millionen Euro vom FSV Mainz 05 zum VfL Wolfsburg gewechselt, nachdem er bei seinem Heimatverein großen Eindruck hinterlassen hatte - dort, wo er als Jugendspieler alle Jahrgangsstufen durchlaufen hatte.

"Man muss mehr leisten als weiße Spieler"

Am 29. April 2018, als er gerade 20 Jahre alt geworden war, feierte er bei den Mainzern sein Debüt auf der Bundesliga-Bühne mit einem Tor gegen RB Leipzig - ein Team, in dem Spieler wie Naby Keita und Dayot Upamecano aufliefen. Im Laufe der 90 Minuten konnte er sein Duell mit Keita im Mittelfeld für sich entscheiden, bevor er in der Nachspielzeit auch an Upamecano vorbeizog und das dritte Tor zum 3:0-Sieg der Mainzer beisteuerte.

"Es war einfach", erzählte er den Reportern nach dem Spiel nonchalant. "Ich bin mit dem Ball an Upamecano vorbeigekommen und habe ohne große Mühe ein Tor erzielt." Ein guter erster Kontakt, ein Auge für das Tor und eine hohe Geschwindigkeit sind Dinge, die Baku in die Wiege gelegt wurden. Andere Aspekte seiner Karriere waren allerdings weniger geradlinig.

"Es ist nicht einfach für einen jungen Schwarzen, Profifußballer werden zu wollen", sagt er der DW. "Man muss als schwarzer Spieler immer gute Leistungen bringen. Du musst mehr tun als die weißen Spieler. Du musst mehr arbeiten. Du musst mehr leisten. Das ist zu 100 Prozent wahr und es war in meinem Kopf, seit ich jung war."

Kostedde als erstes warnendes Beispiel

Erwin Kostedde ist der erste schwarze Profi, der für die Nationalmannschaft spielt
Erwin Kostedde ist der erste schwarze Profi, der für die Nationalmannschaft spielt Bild: imago/Sven Simon

Bakus Aussage erscheint auf bedrückende Weise vertraut. Erst im September 2020 sagte Erwin Kostedde, der erste Schwarze der im Jahr 1974 für Deutschland spielte, der DW: "Ich musste alles besser machen als mein Nachbar, als meine weißen Kameraden. Und wenn ich etwas falsch gemacht habe, war es immer doppelt oder dreifach so schlimm. Auf dem Spielfeld konnte ich hören, wie sie riefen, nehmt den N..... vom Platz"

Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass der deutsche Fußball seither einen weiten Weg zurückgelegt hat. Immerhin hat Deutschland mit Jerome Boateng auch einen schwarzen Weltmeister. Als Baku sein Länderspieldebüt gab, war er neben Jonathan Tah, Antonio Rüdiger und Ilkay Gündogan einer von vier nicht-weißen Spielern in der deutschen Startaufstellung. Mahmoud Dahoud, Benjamin Henrichs, Nadiem Amiri und Felix Uduokhai saßen auf der Bank.

Rassistische Beschimpfungen, wie sie Kostedde erlebt hat, sind aus den Bundesligastadien weitgehend verschwunden - nur in der anonymen virtuellen Welt des Internets tauchen sie wieder auf. Erst am 26. Spieltag der laufenden Saison wurde Jude Bellingham von Borussia Dortmund nach dem Unentschieden gegen den 1. FC Köln in den sozialen Medien rassistisch angegriffen.

Mehr Spieler müssen sich zu Wort melden

"Es macht mich so traurig, wenn ich das sehe. Wenn ich den Spielern zuhöre, denen das passiert ist", sagt Baku, und er findet, dass der Profifußball eine Verantwortung hat, etwas dagegen zu tun. "Wir müssen dieses Problem lösen", sagt er. "Für mich fängt es bei der Jugend an. Kinder müssen lernen, dass es keine Rolle spielt, wie jemand aussieht."

"Ich denke, als Profifußballer muss man Verantwortung übernehmen und aufstehen und etwas sagen. Jerome Boateng und Antonio Rüdiger sind zum Beispiel zwei große Spieler, die die Führung übernehmen. Und wir brauchen mehr Spieler, die das auch tun. Es ist unglaublich und nicht normal", sagt Baku. 

Für Baku selbst ist Vielfalt und eine gemischte deutsch-kongolesische Herkunft ein ganz normaler Bestandteil sowohl seines Familienlebens als auch seiner Fußballkarriere. Geboren als Bote Nzuzi Baku, gab ihm sein Vater Lutumba, der in den 1990er Jahren mit Jürgen Klopp in Mainz spielte, den Spitznamen "Ridle" zu Ehren des deutschen Weltmeisters und Champions-League-Siegers Karl-Heinz Riedle von Borussia Dortmund. 2018 fügte er "Ridle" offiziell seinem Namen hinzu.

Hohe sportliche Ziele

Ridle Baku feiert sein Nationalteam-Debüt gegen Tschechien im November 2020
Ridle Baku feiert sein Nationalteam-Debüt gegen Tschechien im November 2020Bild: Sven Sonntag/Picture Point LE/imago images

"Ich spreche meine Heimatsprache Lingala und auch Deutsch. Und ich spiele für die Nationalmannschaft", sagt er der DW. "Ich werde meine Herkunft nie vergessen. Ich bin Deutscher, aber ich bin auch Kongolese, ich kann die andere Hälfte von mir nie vergessen."

Mit bisher fünf Toren und vier Assists in dieser Saison hat Baku maßgeblichen Anteil an Wolfsburgs Anklopfen an der Tür zur Champions League. "Ich denke, dass es mir im Moment gut geht", sagt Baku -  aber er ist von Natur aus anspruchsvoll und ehrgeizig. "Mein Ziel ist es definitiv, in Zukunft für einen großen Verein zu spielen. Und ich hoffe, dass ich dieses Ziel erreichen kann. Aber ich habe noch eine Menge Zeit, ich bin erst 22."

Ridle Baku hat die Zeit auf seiner Seite - aber wenn es um Vielfalt und Rassismus geht, hat der deutsche Fußball diese nicht. "Ich hoffe, dass mehr schwarze Spieler für die Nationalmannschaft spielen können", sagt Baku. "Ich hoffe, dass wir respektiert werden können." 

(adaptiert von Jörg Strohschein)