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Neue alte Regierung

17. Oktober 2006

In Polen kommt es zu einer Neuauflage der zerbrochenen Drei-Parteien-Koalition. Die nationalkonservative Partei von Ministerpräsident Kaczynski einigte sich mit der radikalen Bauernpartei und der nationalistischen Liga.

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Andrzej Lepper
Darf sich wieder Vize-Ministerpräsident nennen: Andrzej LepperBild: AP

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde der Chef der Bauernpartei Samoobrona, Andrzej Lepper, der von Kaczynski noch im September als Unruhestifter bezeichnet und entlassen worden war, wieder als Vize-Ministerpräsident und Agrarminister eingesetzt. Gemeinsam mit der kleineren Regierungspartei, der nationalistischen Liga Polnischer Familien (LPR), beschloss die Samoobrona eine erneute Zusammenarbeit mit der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski. Damit scheint die einmonatige Regierungskrise abgewendet.

Umfragetief der Regierungsparteien

Jaroslaw Kaczynski
Jaroslaw Kaczynski holte beide Regierungspartner wieder ins BootBild: AP

Hintergrund der Einigung auf eine Fortsetzung des Dreier-Bündnisses sind die schlechten Umfragewerte der Regierungsparteien. Aus Neuwahlen würde den Umfragen zufolge die oppositionelle Bürgerplattform (PO) als Siegerin hervorgehen. Auf die Bürgerplattform entfielen demnach bis zu 38 Prozent der Stimmen, auf die PiS nur 25 Prozent. Noch im Frühjahr rangierte die Partei des Ministerpräsidenten und seines Zwillingsbruders, Staatspräsident Lech Kaczynski, weit vorn.

Eine Abstimmung über die von der Opposition beantragte Auflösung des Parlaments und für Neuwahlen sind an den Stimmen der wiedervereinten Koalition gescheitert. Für die Auflösung der Abgeordnetenkammer (Sejm) wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen. Allerdings verfügt die Regierung nun über eine Stimme weniger im Parlament, nachdem ein Abgeordneter der Samoobrona die Partei verlassen hat. Damit haben die drei Parteien keine Mehrheit mehr in der Sejm, sondern verfügen nur noch über 230 und damit genau die Hälfte aller Mandate.

Genug Sprengstoff

Die Stabilität der neu aufgelegten Regierung ist an und für sich zweifelhaft, meint Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik. In einem halben Jahren könne die Regierung durchaus wieder vor einem Scherbenhaufen stehen: "Die Einigung sieht mehr Einfluss von Lepper auf den Feldern Innen-, Außen- und eventuell sogar Verteidigungspolitik vor, was genug Sprengstoff für die Zukunft bietet", so der Experte für Ostmitteleuropa. Nach der anstehenden Verabschiedung des Haushalts werde jedoch kurzfristig Ruhe einkehren.

Lech Kaczynski und Andrzej Lepper
Lepper mit Staatspräsident Lech KaczynskiBild: AP

Die Regierungsparteien hatten sich im September wegen des Haushaltsentwurfs für 2007 und der Entsendung von weiteren 1000 polnischen Soldaten nach Afghanistan zerstritten. "Schon damals belasteten die ungezügelten Ambitionen vom Vize-Ministerpräsidenten Lepper die Regierungsarbeit", betont Lang. Der Erfolg der Drei-Parteien-Koalition hänge entscheidend von ihm und seiner Partei ab. (cin)