Regierung Orban schwächt das Parlament
31. März 2016Die ungarische Regierung unter Führung Victor Orbans (Artikelbild) kann künftig ohne Rechenschaft abzulegen Staatsgeld ausgeben: Das Parlament verabschiedete mit großer Mehrheit eine Änderung des Staatshaushaltsgesetzes. Sie ermächtigt die rechts-konservative Regierung, freihändig über das Budget zu verfügen. Über viele Ausgaben kann die rechtsnationale Regierung künftig per Dekret entscheiden. Woher sie das Geld nimmt, muss sie dabei nicht angeben.
"Dies ist ein beachtlicher Rückschritt mit Blick auf Transparenz und die Macht des Parlaments", sagte der Politologe Balazs Romhanyi von einem Haushaltsforschungsinstitut in Budapest. "Die Regierung kann nun die Staatskasse für ihre eigenen Ziele ausquetschen, ohne vom Parlament gestoppt zu werden." Bisher konnte die Regierung im laufenden Budget-Jahr nur dann zusätzlich Geld ausgeben, wenn sie für Deckung gesorgt hatte und das Parlament der damit einhergehenden Modifizierung des Staatshaushalts zugestimmt hatte. Auch die Finanzierung der Ausgaben musste offengelegt werden.
Mit der Gesetzesänderung kann die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban künftig das Parlament umgehen. Zusätzliche Ausgaben im laufenden Budget-Jahr können per Regierungsdekret verfügt werden. Für die Deckung soll das Wirtschaftsministerium nachträglich sorgen. Kritiker befürchten durch die neue Regelung Einbußen bei der Transparenz der Regierungsausgaben.
Menschenketten gegen Bildungspolitik
Landesweit gingen derweil hunderte Lehrkräfte aus Protest gegen die Bildungspolitik Orbans auf die Straße. Sie demonstrierten an rund 200 Schulen vor allem gegen die Einschränkung der Autonomie der Schulen durch die Maßnahmen, die die rechtskonservative Regierung 2012 beschlossen hatte. Der Protest war als "Aktion des zivilen Ungehorsams" angekündigt worden, weil Streiks nach entsprechenden Gesetzesänderungen unter der Regierung Orban kaum mehr möglich sind.
Die Protestaktion fügt sich in eine Reihe von Demonstrationen ein, mit denen Lehrer, Schüler und Eltern gegen die massiven Missstände im ungarischen Schulwesen protestieren. Die Demonstranten kritisieren insbesondere, dass Schulen das Lehrmaterial nicht länger selbst wählen und kaum noch Schulausflüge unternehmen dürfen. Zu den Missständen gehören nach Ansicht der Kritiker die Zentralisierung der Direktorenberufungen und Lehreranstellungen sowie die Ideologisierung der Lehrpläne.
Die sozialen Medien berichteten über die Protestbewegung und veröffentlichten unter anderem Bilder von Lehrkräften und Schülern, die Menschenketten um die Schulen bildeten. Katalin Torley, eine an den Protesten in Budapest beteiligte Französischlehrerin, sagte der Nachrichtenagentur AFP, sollte es keine Reaktion seitens der Regierung geben, werde "der Druck nach und nach erhöht".
kle/haz (afp, dpa)