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Rechtes Netzwerk: 16 Männer unter Verdacht

11. April 2019

Am Mittwoch hatten 410 Polizisten in Brandenburg und drei weiteren Bundesländern etliche Objekte durchsucht. Gegen 16 Männer besteht nun dringender Tatverdacht wegen Bildung einer rechtsextremen Vereinigung.

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Pressekonferenz zu Durchsuchungen gegen rechtsextremes Netzwerk
Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter und Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke Bild: picture-alliance/dpa/B. Settnik

Macheten, Schlagringe, Sturmhauben - die Polizei wurde bei der Großrazzia gegen rechtsextreme Netzwerke in vier Bundesländern fündig und hat umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Einige Gegenstände haben einen eindeutigen Bezug zum Nationalsozialismus, zum Beispiel ein Becher mit einem Hakenkreuz. Schwerpunkt der Razzia war der Raum Cottbus. Insgesamt durchsuchten etwa 410 Polizisten 33 Wohnungen und Geschäftsräume, davon 29 in Brandenburg, zwei in Berlin und je eines in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.

Gegen 16 Menschen im Raum Cottbus wird nun wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt, wie Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke in Potsdam bekanntgab. Die Tatverdächtigen kommen demnach aus dem Milieu von Hooligans, Kampfsportlern und Rechtsextremen. Insgesamt gehe es um 50 Straftaten, darunter Körperverletzung, Verstöße gegen das Waffengesetz und Sachbeschädigung.

Ziel der Gruppe sei die "Begehung von Straftaten zum Nachteil von Journalisten, politisch Andersdenkenden und Ausländern", betonte Mörke. Konkret wurden demnach fünf Journalisten als gefährdet betrachtet, mit denen die Ermittler zu deren Schutz Kontakt aufgenommen hätten. Bei den Ermittlungen habe sich auch gezeigt, dass sich innerhalb der Gruppierung offenbar eine sogenannte "schnelle Einsatztruppe" gebildet habe, die bei "Notfällen" unter anderem "mit Kanaken abrechnen" sollte.

Razzia gegen Rechtsextreme - Cottbus
Ein Polizeibeamter sichert die Razzia in Cottbus abBild: picture-alliance/dpa/M. Helbig

Rechtsstaat setzt Zeichen

Nach Angaben von Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter steht ein Milieu aus Hooligans, Kampfsportlern und Rechtsextremisten im Fokus der Ermittlungen. "Die Behörden werden es nicht hinnehmen, wenn sich Personen zusammenrotten und Straftaten begehen", sagte der SPD-Politiker. Der Rechtsstaat habe ein deutliches Zeichen gesetzt. Seit vergangenem Jahr werde insgesamt gegen 20 Beschuldigte wegen Straftaten wie Körperverletzung oder Verstößen gegen das Waffengesetz ermittelt.

Schröter versteht die Razzia auch als Signal für all jene, die sich im Umfeld rechtsextremer, krimineller Vereinigungen bewegten. Festnahmen gab es nach Angaben der Staatsanwaltschaft Cottbus bisher nicht, auch wurden keine Haftbefehle vollstreckt. "Wir haben bewusst keine Festnahmen durchgeführt, denn wir wollen erst die ganzen Beweismittel auswerten, das wird noch eine Zeit dauern", sagte der leitende Oberstaatsanwalt Bernhard Brocher. Unter den dringend Tatverdächtigen gebe es fünf Deutsche, die eine führungsähnliche Rolle übernähmen, indem sie andere anleiteten und für Aktionen mobilisierten.

Cottbus als "Hotspot"?

Cottbus, die zweitgrößte Stadt Brandenburgs, sorgt mit ihrem rechtsextremistischen Potenzial, gewalttätigen Ausschreitungen und zeitweise aggressiver Stimmung immer wieder für Schlagzeilen. Der Verfassungsschutz bezeichnete den Raum Cottbus jüngst als "Hotspot" des Rechtsextremismus in Brandenburg. Der Referatsleiter Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes Brandenburg, Heiko Homburg, spricht von rund 400 rechtsextremen Personen. Seinen Angaben nach versucht die rechtsextreme Szene im Raum Cottbus auch ökonomisch Fuß zu fassen. Eine wirtschaftliche Grundlage für Mitglieder der Szene seien zum Beispiel Tattoo-Studios, Plattenlabel oder Shops, die rechte Modelabel oder Fitnesspräparate verkauften.

Robert Claus, Rechtsextremismus-Experte aus Hannover
Robert Claus, Rechtsextremismus-Experte aus HannoverBild: chloephoto.de

Ähnlich sieht es Rechtsextremismus-Forscher Robert Claus. Das Besondere in Cottbus sei das Geschäftsnetzwerk, das sich die rechtsextreme Szene aus professionellen Kickboxern, jungen Ultras, Hooligans und Security-Leuten aufgebaut habe. Die rechtsextreme Szene sei geschäftig und könne sich selber ernähren, sagte Claus der Deutschen Presse-Agentur.

Schaut Cottbus zu oft weg?

Auch die Stadt Cottbus sieht die Probleme mit Rechtsextremismus und den Strukturen, wie Sprecher Jan Gloßmann mitteilte. Der Cottbuser Landtagsabgeordnete der Linksfraktion, Matthias Loehr, spricht von einem "festen braunen Bodensatz" im Raum Cottbus. Die Stadt versuche zwar mit Netzwerken wie "Cottbus ist bunt" dagegen anzugehen. Sie schaue aber auch zu oft weg.

In Cottbus gibt es inzwischen eine Mixstreife - zwei Kollegen vom Ordnungsamt und zwei Polizisten. Sie sollen zusätzlich für Sicherheit in der Stadt sorgen. Zudem will die Stadt voraussichtlich Ende April ein geplantes "Sicherheitszentrum" eröffnen. Den Angaben zufolge soll es Anlaufstelle für Sicherheit und Ordnung für Bürger in der Cottbuser Innenstadt sein.

kle/hk (dpa, afp)