1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Raues Konferenz-Klima in Bonn

23. Oktober 2015

Noch fünf Wochen bis zum UN-Klimagipfel, auf dem ein Nachfolge-Vertrag für das Kyoto-Protokoll beschlossen werden soll. Doch die Vorverhandlungen am Rhein zeigten einmal mehr: Scheitern ist realistischer als ein Erfolg.

https://p.dw.com/p/1GtOf
Zerstörungen durch den Zyklon Pam im März 2015auf der Südsee-Insel Vanuatu (Foto: CARE)
Der Zyklon "Pam" wütet im März dieses Jahres auf der Südsee-Insel VanuatuBild: CARE

Rund fünf Wochen vor dem UN-Klimagipfel in Paris zeichnen sich in zentralen Streitpunkten noch keine Annäherungen ab. In Bonn legten Staatenvertreter nach fünftägigen Vorverhandlungen einen Entwurf für das geplante Klima-Abkommen vor, der entscheidende Fragen offen lässt. Das Dokument wuchs im Vergleich zu früheren Versionen wieder deutlich an und umfasst nun 55 Seiten. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen kritisierten mangelnde Fortschritte bei den Gesprächen. Der neue Klimavertrag soll bei der - am 30. November beginnenden - Pariser Konferenz besiegelt werden und ab 2020 für alle 195 UN-Mitgliedsstaaten bindend sein.

"Das Problem ist die Zeit"

Angesichts des nahenden Gipfels erklärte Verhandlungsführer Ahmed Djoghlaf: "Das Problem ist die Zeit." Deshalb werde es vor dem Auftakt der Pariser UN-Konferenz möglicherweise eine weitere Gesprächsrunde auf Arbeitsebene geben. Der algerische UN-Diplomat deutete an, dass sich derzeit viele Staaten wenig kompromissbereit zeigten. "Wir nähern uns der Ziellinie - da ist es klar, dass es Spannungen gibt." Zugleich betonte Djoghlaf, dass "der politische Wille vorhanden ist, am 11. Dezember einen Vertrag zu besiegeln". Hoffnung setzte er auch auf eine geplante Vorkonferenz mit 75 Umweltministern vom 8. bis 10. November in Paris, bei der zentrale Streitpunkte besprochen werden sollen.

Die Verhandlungsführer der Klimagepräche in Bonn 2015, Ahmed Djoghlaf und Daniel Reifsnyder (Foto: picture-alliance/ZUMA Press/L. Huanhuan)
Sorgenvolle Mine: Verhandlungsführer Ahmed Djoghlaf (li.) und der Co-Vorsitzende der Konferenz, Daniel ReifsnyderBild: picture-alliance/ZUMA Press/L. Huanhuan

Für Streit sorgt unter anderem die geplante finanzielle Unterstützung für arme Staaten, die besonders unter den Folgen des Klimawandels leiden. Die Entwicklungsländer fordern, dass die bei vergangenen Gipfeln versprochene Summe von jährlich 100 Milliarden Dollar, die ab 2020 zur Verfügung stehen sollen, in dem Vertrag erwähnt wird. Dazu sagte Djoghlaf, das Abkommen solle über viele Jahre Bestand haben. Deshalb sei es nicht sinnvoll, konkrete Geldsummen zu nennen, die möglicherweise in Zukunft weniger wert seien.

"Tief geschockt und frustriert"

Auch die Frage, welche Rechtsverbindlichkeit das Abkommen haben soll und welchen Überprüfungen sich die Staaten unterziehen müssen, ist offen. Uneinigkeit besteht zudem darin, welches globale Langfristziel in dem Vertrag festgeschrieben wird. Die Europäische Union etwa fordert einen kompletten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas im Laufe des Jahrhunderts.

Nach Meinung des evangelischen Hilfswerkes "Brot für die Welt" bietet der Vertragsentwurf wenig Hoffnung, dass das erste globale Klimaabkommen die Interessen der armen Länder angemessen berücksichtigt. "Besonders Vertreter der ärmsten Länder und der kleinen Inselstaaten sind tief geschockt und frustriert über den Verhandlungsprozess in Bonn", sagte die Präsidentin des Hilfswerkes, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Sie warnte davor, dass die Folgen des Klimawandels Millionen weiterer Menschen zur Flucht aus ihren Heimatländern treiben könnten.

"Sowohl ambitionierte als auch schwache Lösungen"

Die Entwicklungsorganisation Germanwatch zog eine gemischte Bilanz. Es lägen nun sowohl "ambitionierte als auch schwache Lösungen auf dem Tisch". Ob es ein gutes oder ein schlechtes Abkommen werde, sei offen. Germanwatch forderte, dass der Vertrag einen Umstieg von Kohle, Öl und Gas auf erneuerbare Energien bis Mitte des Jahrhunderts vorsehen soll. Damit würde ein eindeutiges Signal an Investoren, Unternehmen und Regierungen gesendet. Martin Kaiser von der Umweltschutzorganisation Greenpeace appellierte an die Staaten, taktische Spielereien zu unterlassen. Die Akteure "müssen jetzt die Karten auf den Tisch legen und als Team zusammenspielen".

Der neue Klimavertrag soll alle Länder zum Kampf gegen die Erderwärmung verpflichten - anders als das 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll, das nur den Industriestaaten eine Treibhausgas-Reduktion vorschreibt. Bindende Ziele zur Minderung von Kohlendioxid (CO2) für einzelne Länder soll der Vertrag allerdings nicht enthalten. Stattdessen sind die Staaten aufgerufen, nationale Selbstverpflichtungen vorzulegen. Bislang haben rund 150 Staaten nationale Ziele genannt. Nach Berechnungen von Wissenschaftlern reichen die Zusagen allerdings nicht aus, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu halten. Zwei Grad gilt als kritische Marke, ab der unumkehrbare Schäden drohen.

sti/kle (epd, dpa, kna)