1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Putsch im Armenhaus

Klaus Jansen24. März 2013

Rebellen haben die Hauptstadt Bangui erobert, der Präsident ist geflohen. Die Zentralafrikanische Republik hangelt sich von einer Krise zur nächsten. Das Land verharrt in der Armut.

https://p.dw.com/p/183P5
Rebellen der Séléka(Foto: AFP)
Zentralafrikanische Republik: Seleka RebellenBild: AFP/Getty Images

Alle Friedensbemühungen sind hinfällig geworden. Noch vor Wochen ausgehandelte Waffenstillstandsabkommen sind gebrochen, die politische Landkarte der Zentralafrikanischen Republik hat sich dramatisch verändert. Die Rebellen der Séléka haben nun beendet, was sie schon im Dezember 2012 begonnen hatten: die Machtübernahme im Land. Damit reihen sich die Regierungsgegner ein in eine lange Reihe von Umstürzen, Revolten und Putschversuchen, die die Zentralafrikanische Republik seit ihrer Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich 1960 erlebt hat.

Präsident Francois Bozizé - seit Sonntag (24.03.2013) offenbar im Exil im Kongo - war vor zehn Jahren selbst durch einen Aufstand gegen die Vorgänger-Regierung an die Macht gekommen. Auch während Bozizés Amtszeit gingen bewaffnete Kämpfe im Land weiter. Vor allem im Norden der Zentralafrikanischen Republik lieferten sich Regierungstruppen und Rebellen immer wieder Gefechte. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass eine Million Menschen von den Auseinandersetzungen betroffen sind. Hunderttausende sind deshalb geflüchtet.

Das Stadtzentrum von Bangui (Foto: DW)
Das Stadtzentrum von BanguiBild: DW/Leclerc

Armut und Unterdrückung

Die knapp fünf Millionen Einwohner des Landes im Herzen des afrikanischen Kontinents haben mit einer Unzahl von Problemen zu kämpfen. Krankheiten wie AIDS oder Malaria sind weit verbreitet, die Lebenserwartung liegt bei knapp über 40 Jahren. Die Mehrheit der Bevölkerung kann nicht schreiben oder lesen, Kinderarbeit ist die Regel, die Wirtschaft im eigentlich rohstoffreichen Land ist kaum entwickelt, asphaltierte Straßen sind die Ausnahme. Die Zentralafrikanische Republik gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Das hat seit 1960 keine Regierung ändern können. Frankreich, die USA und auch afrikanische Staaten haben nach den Ausschreitungen im Dezember 2012 dort Truppen stationiert.

Kenny Zingarani, ein politisch engagierter Zentralafrikaner, der zur Zeit im Senegal lebt, sieht die fehlende Demokratie als Ursache für die aktuelle politische Krise. Im Gespräch mit der Deutschen Welle sagte er, die Nationalversammlung habe alternative Meinungen lange Zeit nicht zugelassen. "Von den 105 Abgeordneten gehören 103 zum Regierungsbündnis. Die Séléka existiert ganz einfach deswegen, weil die Opposition zu stark unterdrückt wird." So eine Frustration in der Bevölkerung müsse sich früher oder später bemerkbar machen. Auch eine Allparteienregierung, die Anfang Februar gebildet worden war, konnte den Konflikt nicht stoppen.

Francois Bozizé in Bangui (Foto: Reuters)
Präsident Francois Bozizé forderte bis zuletzt UnterstützungBild: Reuters

Enttäuschte Hoffnungen

Dabei hatte es im Januar kurzzeitig noch nach einer möglichen Entspannung ausgesehen. Nach Friedensgesprächen zwischen Regierung und Rebellen einigten sich beide Seiten auf verschiedene Punkte, die zunächst auch angegangen wurden. Bozizé ernannte - wie von den Rebellen gefordert - einen neuen Premierminister, der der Opposition angehörte. Die neue Regierung stand und die Rebellen beendeten ihren gewaltsamen Feldzug. Sie stimmten zu, dass Bozizé noch bis 2016 Präsident bleiben darf.

Aber andere Versprechen wurden offenbar gebrochen: So wurden Séléka-Kämpfer nicht wie vereinbart in eine neue Zentralafrikanische Armee integriert. Und die Rebellen selbst brachen durch ihren erneuten Vormarsch auf die Hauptstadt Bangui schließlich ebenfalls die getroffenen Vereinbarungen. Das gegenseitige Vertrauen ist zerstört, glaubt auch der Exil-Zentralafrikaner Kenny Zingarani. Schon vor zehn Jahren - kurz nach seiner gewaltsamen Machtübernahme - hatte Bozizé verkündet, nicht für Wahlen zur Verfügung zu stehen. "Leider hat er dann doch kandidiert." Die Rebellen wollten nun offenbar nicht bis 2016 warten, um dann vielleicht wieder enttäuscht zu werden.