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Protest gegen "Dschungel von Calais"

5. September 2016

Noch am Freitag kündigte Frankreichs Innenminister die allmähliche Auflösung des illegalen Flüchtlingscamps an. Vielen Anwohnern geht das zu langsam. Ihr Protest richtet sich gleichermaßen gegen Migranten und Regierung.

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LKW-Fahrer demonstrieren für die Auflösung des Flüchtlingscamps "Dschungel" (Foto: DPA)
"Mein Hafen ist schön. Meine Stadt ist schön."Bild: picture-alliance/dpa/A. Christiaen

Proteste gegen Flüchtlingscamp in Calais

Rund um die Hafenstadt Calais begann der Montagmorgen nicht wie sonst mit geschäftigem Treiben. Wer sich dem Hafen näherte, kam nur im Schritttempo voran. Auf den wichtigen Zufahrtsstraßen zum Ärmelkanal fuhren Fernfahrer mit ihren Lastwagen extra langsam in Richtung Hafen, Landwirte blockierten mit Traktoren wichtige Auffahrten. Ihr Protest richtet sich gegen ein Problem, das erst auf den zweiten Blick sichtbar wird - den "Dschungel von Calais".

Auf dem Gelände einer ehemalige Mülldeponie außerhalb der Stadt sammeln sich seit Jahren Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen. Nach offiziellen Angaben sind es 6900 Migranten, Hilfsorganisationen sprechen jedoch von mehr als 9000 Menschen. Viele von ihnen kommen aus Afghanistan, Pakistan, Eritrea und Äthiopien.

Berichte über Angriffe

Jahrelang wurde das Camp mehr oder weniger geduldet, doch nachdem im vergangenen Jahr immer mehr Menschen versuchten, über den Hafen auf Schiffe oder in den Ärmelkanaltunnel zu gelangen, musste der Hafenbetreiber reagieren. Inzwischen sichern Wachleute das Gelände, was für die Flüchtlinge bedeutet, dass sie bereits vor dem Hafen in LKWs Unterschlupf finden müssen. Die Fahrer berichten von Migranten, die ihre Fahrzeuge mit Metallstangen attackierten, von beschädigter Ware und einer überforderten Polizei, die nicht in der Lage sei, sie zu beschützen.

LKW-Fahrer demonstrieren für die Auflösung des Flüchtlingscamps (Foto: AFP)
LKW-Fahrer demonstrieren für die Auflösung des FlüchtlingscampsBild: Getty Images/AFP/P. Huguen

Doch die Spediteure sind nicht die einzigen Leidtragen der Situation. Auch in Calais selbst ist die Geduld vieler Einwohner aufgebraucht. "Wir haben keine Antworten bekommen, also blockieren wir jetzt die Straßen", erklärte Frederic Van Gansbeke, der die Einzelhändler von Calais vertritt. Er spricht von hohen Umsatzeinbußen durch das Camp. Viele Urlauber von der britischen Insel würden nicht mehr in Calais Halt machen - wegen des "Dschungels". Unterstützung bekommt er bei seinem Protest nicht nur von hunderten Mitstreitern, sondern auch von Bürgermeisterin Natacha Bouchard, die ebenfalls an der Demonstration teilnahm. Auch sie fühlt sich von der Regierung in Paris im Stich gelassen.

Am vergangenen Freitag war Innenminister Bernard Cazeneuve erneut vor Ort gewesen, um sich ein Bild von der Lage im Camp zu machen. Dabei kündigte er an, das illegale Lager schrittweise aufzulösen. Dazu müssten allerdings mehr Aufnahmeplätze im Rest Frankreichs geschaffen werden, so Cazeneuve. Die Regierung sei gerade dabei. Bürgermeisterin Bouchart, die bereits mehrfach auf Konfrontation mit Paris gegangen ist, geht das zu langsam. Sie befürchtet, dass im Lager bald 15.000 Menschen leben könnten, wenn es der Regierung nicht gelingt, schnellstmöglich Alternativen für die Unterbringung anzubieten.

djo/stu (afp, dpa, rtr)