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Pressestimmen von Samstag, 3. März 2007

Siegfried Scheithauer2. März 2007

DEUTSCHES MANAGEMENT / KLIMAKATASTROPHE

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Massenentlassungen bei Airbus und Bayer-Schering, Konzernumbau auch bei der Deutschen Telekom: Das hat Nachdenklichkeit bei den Meinungsmachern der deutschen Tagespresse ausgelöst. Hier einige Auszüge:

Die LAUSITZER RUNDSCHAU sieht es folgendermaßen:

"Die guten Nachrichten von der Belebung der Wirtschaft und die neuesten traurigen Meldungen über weitere Massenentlassungen passen nicht zueinander. Aber sie hängen sehr wohl zusammen. Denn dieser Aufschwung ist nur möglich geworden durch gnadenlose Anpassung vieler Unternehmer an die Erwartungen der Investoren. Airbus und Telekom sind da die Nachzügler. (...) Wer sich auf dem weltumspannenden und sehr dynamischen Markt behaupten will, kann wenig Rücksicht auf Arbeitnehmer nehmen. Es kann - davon können die qualifizierten Mitarbeiter des Pharmabetriebs Schering ein Lied singen - jeden jederzeit treffen."

Die BERLINER MORGENPOST hat das Verhalten in den Führungsetagen in Höhen und Tiefen verfolgt:

"Noch bei der Verkündung des Zukaufs ließ sich Bayer-Chef Werner Wenning in Berlin kräftig feiern. Kein Jahr später überlässt er die Überbringung eines der größten Sparprogramme der Firmengeschichte Pharma-Chef Arthur Higgins. Das zeugt von wenig Feingefühl. Dabei hat das Sparprogramm auf den zweiten Blick auch positive Eckpunkte für Berlin: Denn das Gros der Stellen wird sozialverträglich abgebaut oder verlagert. Und im Gegenzug werden sogar ganze Abteilungen nach Berlin gegeben".

Die TAGESPOST aus Würzburg stimmt ein in das Klagelied über das Management:

" 'A New Airbus', - dieser Slogan ist nur die Schokoladenseite eines bitteren Programms, mit dem sich Airbus von einem beträchtlichen Teil seiner Mitarbeiter trennt: und damit auch von einem Teil der Kompetenz und des Fachwissens, die den europäischen Flugzeugbauer immerhin zum Konkurrenten des Flugzeug-Giganten Boeing gemacht haben. Wenn man sich darüber hinaus einmal anschaut, was Airbus-Chef Louis Gallois da als Reformen und neue Firmenstrategie verkauft, wird man den Eindruck schwer los, hier werde höchstens mit unsinnigen Abläufen aufgeräumt, die schon lange offensichtlich waren: Wieder einmal zeigt sich, dass Mitarbeiter die Schnitzer des Managements ausbaden müssen. Es ist fraglich, ob Airbus sich nach dieser Krise wie Phönix aus der Asche erheben wird. Dazu scheint der Aderlass zu groß zu sein, den sich Airbus verordnet hat."

Ähnlich der Tenor in der LANDESZEITUNG aus Lüneburg:

"Übermut tut selten gut, weiß schon der Volksmund. Bei Airbus hört der Übermut auf den Namen A 380, ein fliegender Riese, sündhaft teuer in Entwicklung und Herstellung. Airbus-Deutschlandchef Gerhard Puttfarcken weist zwar weit von sich, dass es Managementfehler gegeben habe. Aber als Außenstehender fragt man sich schon, ob in der Chefetage nicht mit spitzer Feder gerechnet wird, lange bevor grünes Licht für die Entwicklung eines solchen Überfliegers gegeben wird."


Der Klimawandel ist laut Experten der Vereinten Nationen nicht mehr aufzuhalten, sondern bestenfalls noch abzumildern. Auch dies beschäftigte zahlreiche Kommentatoren an diesem Wochenende.

Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG gibt sich radikal:

"Der Veränderungsprozess ist in vollem Gange. Es geht nur noch darum, seine Folgen abzumildern. Das bedeutet: Nicht panisch oder fatalistisch reagieren, sondern die Herausforderung endlich annehmen. (...) So muss Schluss sein mit kleinkarierter Klima- Kosmetik à la Kyoto. Ebenso mit Versuchen, Ökonomie gegen Ökologie auszuspielen, wie es etwa die Bundesregierung jüngst im Widerstand gegen eine stärkere Senkung der Schadstoffwerte bei Autos tat."

Die RECKLINGHÄUSER ZEITUNG schlägt in die gleiche Kerbe:

"Seit Wochen jagt ein Vorschlag zum Klimaschutz den nächsten als solle binnen weniger Wochen nachgeholt werden, was über Jahre versäumt wurde. Bei Aktionismus aber darf es nicht bleiben. (...) Andere Länder sind stärker gefordert, blasen sie doch mehr Treibhausgase in die Luft als Deutschland. Das darf aber kein Grund sein, die Hausaufgaben hierzulande nicht zu machen."

Die FRANKFURTER NEUE PRESSE appelliert vor allem an die einzelnen Bürger:

"Deutschland ist der fünftgrößte Energieverbraucher der Welt. 70 Prozent des Energieverbrauchs der Haushalte entstehen im Wohnumfeld. Und gerade hier sind die Sparmöglichkeiten enorm. (...) Es gibt viele Möglichkeiten, Ressourcen und Energie einzusparen, ohne sich selbst zu kasteien. Ein globales Problem wie der Treibhauseffekt hat lokale Ursachen und für die sind wir alle mitverantwortlich."

Die BERLINER ZEITUNG sieht die Deutschen dabei in zusätzlicher Verpflichtung als gute Vorbilder und meint:

"Wir, die Bewohner der Industrieländer, müssen uns selbst erkennbar einschränken und umstellen. Sonst werden wir aufstrebende Länder wie China oder Indien nie dazu überreden, unseren bisherigen Öko-Wahnsinn nicht nachzuahmen."

Die TAGESZEITUNG aus Berlin, kurz: taz, erteilt in der Debatte Nachhilfeunterricht in Ökonomie:

"Obwohl mittlerweile zum Standardwissen der dritten Klasse gehört, dass der Ausstoß von Klimagasen reduziert werden sollte, steigt in diesen Jahren die Zahl der Autofabriken steil an. 180 Werke sind weltweit geplant oder im Bau, bald werden 110 Millionen Fahrzeuge pro Jahr hergestellt - doppelt so viele wie heute."

Aus der OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera zitieren wir zum Abschluss aus den eher polemischen Randbemerkungen:

"Man könnte den dienstlichen Schadstoffausstoß auch etwas einfacher senken. (...) EU-Ratspräsidentin und Kanzlerin Merkel könnte zum nächsten EU-Gipfel vorschlagen, diese Treffen - wie bei Konzernen längst üblich - per Videokonferenz zu erledigen. Doch das wäre wohl eine zu revolutionäre Tendenz."