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Pressestimmen von Montag, 25. April 2005

Barbara Zwirner24. April 2005

Amtseinführung Benedikts XVI. / Fischer vor dem Visa-Untersuchungsausschuss

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Das beherrschende Thema der Kommentare in der deutschen Tagespresse ist die Amtseinführung des neuen Papstes. Beachtung findet daneben auch die für diesen Montag anberaumte Aussage von Außenminister Joschka Fischer vor dem Visa-Untersuchungsausschuss.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

"Nicht nur in Zeichen, auch in den Worten der Predigt knüpfte Benedikt XVI. in vielem an seinen großen Vorgänger an. Er tat es bewußt, jedoch nicht, um sich im Ansehen Johannes Pauls II. zu sonnen. Als Präfekt der Glaubenskongregation hatte Joseph Ratzinger das theologische Profil des letzten Pontifikats geprägt. Als Benedikt XVI. ist er sein eigener Erbe."

Die Münchener SÜDDEUTSCHE ZEITUNG merkt an:

"Und nun, zur Inauguration hat er eine Mutmach-Predigt ans Kirchenvolk gehalten, von der Schönheit des Glaubens gesprochen, von der Verantwortung der Christen für die Welt, hat die Gläubigen um Hilfe gebeten. Und die Menschen auf dem Platz haben dem Mann zugejubelt, der eigentlich überhaupt nicht zum Charismatiker taugt. Es ist dies also ein Anfang, der jenen Recht gibt, die vermuten, dass Joseph Ratzinger viele Kritiker und Skeptiker überraschen wird."

Das BADISCHE TAGEBLATT aus Baden-Baden meint:

"Ab heute geht die Kirche wieder ihren gewohnte Gang. Ob sie neue Positionen zu Empfängnisverhütung, zur Stellung der Frauen, zur sozialen Frage finden wird, geht aus der Predigt zur Amtseinführung nicht hervor. Benedikt wird sein Programm in den kommenden Wochen präzisieren müssen. Sonst wird das Interesse schnell wieder abnehmen. Wenn die Lehre schön rein bleibt, aber dafür nicht gehört wird, wenn Benedikt also der ungehörte Hirte in der Wüste ist, wird sich die Verwüstung fortsetzen."

Der WIESBADENER KURIER kommentiert:

"Auch wenn von einem Regierungsprogramm Benedikts nichts bekannt ist und die Spekulationen über Wechsel bei Personen und Standpunkten wild ins Kraut schießen, lässt sich der Wandel in Person und Auftreten des neuen 'Brückenbauers' aus Bayern schon nach ein paar Tagen im Amt kaum übersehen. Er geht auf die Menschen zu. Er wirbt um den Menschen, seine Würde, seine Bestimmung, und hat damit in charakteristischer Weise das Vermächtnis des Vorgängers Johannes Paul II. übernommen."

In der MITTELBAYERISCHEN ZEITUNG aus Regensburg lesen wir:

"Gerhard Schröder dürfte der prachtvollen Inszenierung in Rom mit äußerst gemischten Gefühlen beigewohnt haben. Die Amtseinführung eines deutschen Papstes wird den Zeitgeist auch im Heimatland von Benedikt XVI. weiter in Richtung Konservativismus wenden. Der Trend ist derzeit kein Genosse... Das machtvolle Glockenläuten zur Wahl von Benedikt XVI. könnte das Totenglöckchen für das Projekt Rot-Grün bedeuten. In der Münchner Staatskanzlei schmiedet man bereits an einer Achse Rom-München...Die C-Parteien werden Joseph Ratzinger als neue Symbolfigur vereinnahmen. Dagegen kann sich nicht einmal ein Papst wehren."

Und noch ein Blick in die KÖLNISCHE RUNDSCHAU: "Nach den ersten Eindrücken ist dieser Papst fest gewillt, Rufer zu sein in einer Welt, in der die äußeren Wüsten wachsen, weil die inneren Wüsten so groß geworden sind. Er wird laut und in Klarheit das Wort erheben, um Orientierung zu bieten."

Und damit zum Thema Visa-Untersuchungsausschuss. Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel meint:

"Eigentlich geht es ja um die Visa-Affäre und die Frage, wie es kommen konnte, dass Einreisevisa nach Deutschland tausendfach miss- braucht wurden. Doch tatsächlich geht es heute im Untersuchungsaus- schuss um ganz etwas anderes: Um die Person des Außenministers und die Frage, ob Joschka Fischer die Affäre politisch überlebt. Die Mediengesellschaft hat ihre eigene Gesetze, und eines handelt davon, dass es weniger auf schlichte Tatsachen ankommt, sondern auf stimmige Bilder und bleibende Eindrücke. Das kommt Fischer entgegen, den Meister der Selbstinszenierung. Richtig ist aber auch, dass der Minister in den vergangenen Monaten von seinem politischen Instinkt im Stich gelassen wurde."

Abschließend dazu die OFFENBACH-POST:

"Der Außenminister wird freilich mehr bringen müssen als seine bisherigen mit wenig Inhalt gefüllten Floskeln etwa zur politischen Verantwortung, die zu übernehmen er sich großzügig bereit erklärt hatte. Er muss erklären, warum er... erst einmal nichts getan hat, den offenkundigen Visa-Missbrauch zu beenden. Mit dem Hinweis auf große und wichtige weltpolitische Ereignisse, mit denen er, der unersetzbare deutsche Außenminister, sich hat 'rumschlagen' müssen, wird es nicht getan sein."