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Pressestimmen von Donnerstag, 14. Juni 2007

Thomas Grimmer 13. Juni 2007

Machtkampf im Gaza-Streifen / Ehrenmal für tote Bundeswehr-Soldaten

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Der Machtkampf zwischen den radikalen Palästinensergruppen Fatah und Hamas im Gaza-Streifen ist völlig außer Kontrolle geraten. Er ist zu einem blutigen Bürgerkrieg geworden. Wie die Lage in den Griff zu bekommen ist, weiß niemand. Auch die Leitartikler der deutschen Tagespresse haben kein Patentrezept. Ein weiteres Kommentarthema ist das geplante Ehrenmal für getötete Bundeswehrangehörige.

Zunächst zum Bürgerkrieg im Gaza-Streifen. Die STUTTGARTER ZEITUNG schreibt dazu:

"In jedem anderen Land würde es Neuwahlen geben, im Autonomiegebiet blockiert dies die Hamas. Die Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft sind beschränkt. Friedenstruppen, wie von Israel vorgeschlagen, sind unrealistisch, denn sie müssten von Hamas und Fatah gewünscht werden. Ebenso wenig kann man eine Hamas-Alleinregierung unterstützen, die noch immer das Existenzrecht Israels verweigert."

Auch das HAMBURGER ABENDBLATT kritisiert die radikal-islamische Organisation:

"Die Hamas strebt die völlige Vernichtung Israels sowie die Schaffung eines Gottesstaates an, langfristig zudem die Herrschaft des Islam auf der ganzen Welt. Friedenslösungen stehen laut Hamas-Charta im Widerspruch zu ihren Prinzipien. Es ist ein Programm mit eingebauter Friedensverhinderungs-Garantie - und genau das ist der Sinn der Sache. In der Stilisierung des Dschihad zum Lebenszweck und in der Anwendung des Terrors gegen Zivilisten finden sich bestürzende Parallelen zum Wüten von al-Qaida im Irak."

Solche Parallelen sieht auch der Leitartikler des in Düsseldorf erscheinenden HANDELSBLATTS:

"Statt ein zweites Dubai zu werden, wie es Patrioten einst geträumt hatten, wird Gaza zu einem zweiten Irak. Die gefährliche Mischung aus palästinensischen Fanatikern und nahöstlichen Dschihadisten macht nicht nur der Bevölkerung im Gazastreifen das Leben zur Hölle und begräbt wohl endgültig den Traum vom eigenen Staat. Sie bedroht auch Israel, Ägypten und Jordanien. In Jerusalem befürchtet man neuen Terror, in Kairo und Amman dessen Übergreifen auf ihre Länder. Und davon könnte über kurz oder lang auch Europa betroffen sein. Insofern kommen die von europäischen Politikern angestellten Überlegungen, wonach sich die EU an der Entsendung einer internationalen Friedenstruppe in den Gazastreifen beteiligen könnte, keineswegs zu früh."

Eine solche Truppe stünde nach Ansicht der THÜRINGER ALLGEMEINEN aus Erfurt vor einer schwierigen Mission:

"Das Beispiel Libanon zeigt, wie hilflos eine internationale Friedenstruppe bewaffneten Milizen gegenüber sein kann. Schon dass der deutsche Außenminister sich hinter Abbas stellt, ohne den Truppenvorschlag auch nur zu erwähnen, zeigt, mit welcher Vorsicht die Staaten dieses Thema behandeln. Welche Mission auch immer in diese Krisenregion hineinginge - sie würde lange bleiben und viele Tote beklagen müssen."


Zum zweiten Thema: Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung hat den Entwurf eines Ehrenmals vorgestellt, mit dem im Dienst ums Leben gekommenen Soldaten und zivile Mitarbeiter der Bundeswehr geehrt werden sollen. Die Kommentatoren beschäftigen sich vor allem mit der Frage, ob das Gelände des Berliner Verteidigungsministeriums ein geeigneter Standort für das Denkmal ist.

In der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG lesen wir:

"Es ist es höchste Zeit, dass in Berlin, wo die Entscheidungen für Auslandseinsätze fallen, jetzt ein Ehrenmal für die Toten der Bundeswehr entstehen wird. Der Standort, im Bendlerblock des Verteidigungsministeriums, nicht weit von der Stelle, an der Claus Graf Schenk von Stauffenberg von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, ist der richtige. Dieser Platz drückt die Hoffnung aus, dass Soldaten auch heute nicht nur Schießknechte der Regierenden sind, sondern verantwortlich denkende Persönlichkeiten."

Auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München meint:

"Ein solches Denkmal ist kein Zeichen der Remilitarisierung. Und es darf auch ruhig auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums stehen. Jene Abgeordneten, die eine Verlagerung in die Nähe des Reichstages fordern, sind kleinkariert. Man muss nicht durch ein Mahnmal für die Toten in der Nachbarschaft des Bundestages den Primat der Politik über die Armee demonstieren."

Ähnlich sieht es die BERLINER MORGENPOST:

"Weil es ein Denkmal für alle Toten der Bundeswehr sein soll, ist auch der Ort am Verteidigungsministerium die richtige Wahl. Die Forderung, stattdessen die Nähe des Reichstag zu suchen, weil das Parlament über die Einsätze entscheidet, und zugleich auch alle zivilen Opfer deutscher Hilfsdienste in das Gedenken einzubeziehen, besticht nur auf den ersten Blick. Wer alles zugleich ehren will, wird am Ende keinem gerecht."

Die SAARBRÜCKER ZEITUNG kritisiert den zuständigen Minister:

"Die Art, wie das Ehrenmal geplant wird, ist eine Amtsanmaßung, wenn auch aus ehrbaren Motiven. Die Debatte, wer geehrt werden soll, warum und wie, gehört in den Bundestag, und darüber hinaus in die Mitte der Gesellschaft. Das Projekt ist schlichtweg zu groß für Jung. Streit wird nicht zu vermeiden sein. Es wird geschmäcklerische Diskussionen über den richtigen Entwurf und Standort geben und grundsätzliche Widerstände. Aber nur so, in einer womöglich heftigen Auseinandersetzung, kann das entstehen, worum es bei dem Ehrenmal viel mehr gehen muss als um die Durchsetzungskraft eines Ministers: Eine breite Identifikation mit der neuen Rolle der Bundeswehr in internationaler Verantwortung."