1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Dienstag, 3. April 2007

Christoph Schmidt2. April 2007

Krippengipfel / Tornados nach Afhanistan

https://p.dw.com/p/AC8s

Familienministerin von der Leyen hat ihre Pläne zur erweiterten Kinderbetreuung im Kern durchgesetzt. Beim so genannten 'Krippengipfel' stimmten die Vertreter von Ländern und Gemeinden zu, die Zahl der Betreuungsplätze bis 2013 auf 750.000 zu verdreifachen. Jetzt geht es vor allem um die Finanzierung. In den Pressekommentaren ist die Familie einmal mehr das zentrale innenpolitische Thema. Daneben befasst sich diese Presseschau mit dem Einsatz deutscher Tornados in Afghanistan.

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn meint zur Kinderbetreuung:

"Wenn Politik und deren Macher auf die Lebenswirklichkeit der Menschen reagieren, ist das schon einmal ein guter Anfang. Gleiches gilt für den gestrigen Krippengipfel, der festzurrte, dass 2013 in Deutschland für mindestens jedes dritte Kleinkind ein Betreuungsplatz bereitstehen soll. Bedarf gibt es genug. Die meisten Paare wollen oder müssen arbeiten. So ist es nachvollziehbar, dass viele junge Frauen sich nur dann mit dem Gedanken an eigene Kinder tragen, wenn sie Job und Familie vereinbaren können."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bleibt skeptisch:

"Nun muss auf einmal alles ganz schnell gehen. «Eltern mit kleinen Kindern können nicht warten», herrscht die Familienministerin Politiker aus Bund und Ländern an. Mit solchem Sofortismus hat Frau von der Leyen schon das Elterngeld durchgepaukt. Dem gleichen Strickmuster folgt die Kampagne zur Verdreifachung der Krippenplätze. Im Streit darüber, wie es finanziert werden soll und von wem, ist längst in den Hintergrund getreten, ob es denn überhaupt wünschenswert sei."

Das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg bemerkt zur Frage der Finanzierung:

"Der Streit ums Geld wird auf dem Rücken derer ausgetragen, um die es eigentlich geht: Junge Mütter und Väter, die eine Familie gründen und sich für Kinder entscheiden wollen, aber auf entsprechende Betreuungsangebote angewiesen sind. Sie sind Spielball im Machtpoker zwischen Ost-Ländern und West-Ländern sowie zwischen Ländern und dem Bund. Strikte Vorgaben des Bundes, gar die Festlegung von Quoten oder ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz, helfen ebenso wenig wie der ideologisch begründete Widerstand jener Kräfte, die am tradierten Mutter- und Frauenbild festhalten."

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz warnt davor, die Kinder bei der Diskussion aus dem Blick zu verlieren:

"Es geht darum, nicht nur das Ob, sondern auch das Wie zu der Betreuung zu hinterfragen. Eine Gesellschaft, die mehr Kinder haben will, muss belegen, dass ihr an deren Wohl etwas liegt. Dazu gehört, dass die Qualität der Betreuung - Zahl der Tagesmütter, deren Qualität, das Zusammenspiel mit den Eltern - ebenso breit diskutiert wird wie die Finanzierungsfrage. Dieser wichtige Ansatz geht derzeit verloren."


Themenwechsel: Nun sind sie auf dem Weg - die Aufklärungs-Tornados der Bundeswehr sind zum Einsatz nach Afghanistan gestartet. Auch wenn die Bundesregierung eine direkte Verwicklung in Kämpfe bis zuletzt ausgeschlossen hat, bleibt die Rolle der Bundesluftwaffe am Hindukusch umstritten - auch in den Kommentaren der Tagespresse.

Die LÜBECKER NACHRICHTEN kommen zu dem Schluss:

"Deutschland ist Kriegspartei. Spätestens der Start der Tornados hat es dazu gemacht. Es spielt keine Rolle, ob die Maschinen direkt an Kampfeinsätzen beteiligt sind oder wie in Bosnien Aufklärungsbilder liefern. Wer auf diese Weise eine Fähigkeitslücke der Nato schließt, wie es Verteidigungsminister Jung formuliert, gehört dazu. Das zu bestreiten hieße, einem Kind zu ähneln, das sich die Augen zuhält, damit man es nicht sieht."

Auch die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz meint:

"Ganz gleich, ob die Piloten der Bundesluftwaffe mit ihrem betagten Fluggerät in Afghanistan nun erfolgreich sind oder nicht: Deutschland tritt mit ihrer Entsendung in den Kreis der unmittelbar am Konflikt beteiligten Parteien ein und kann nicht länger darauf verweisen, ausschließlich Schutz- und Wiederaufbau-Funktionen auszuüben. Das wird Folgen für alle dort stationierten deutschen Soldaten haben. Auch ändert sich durch ein derartiges Engagement die Position Deutschlands als ein bislang vergleichsweise unparteiischer Vermittler in dem Konflikt. Schwarz-Rot-Gold greift in den Afhanistan-Krieg ein."

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER aus Hamm kommentiert:

"Auftragsgemäß sollen die deutschen Flieger nicht an Kampfeinsätzen beteiligt werden. Auftragsgemäß auch sollen sie Taliban-Stellungen finden, damit diese von den Nato-Partnern angegriffen und ausgelöscht werden können. Eine Trennlinie, die spätestens mit dem ersten Einsatz nur noch auf dem Papier existieren dürfte. Und so dürfte der erste Treffer auf einen deutschen Tornado die Frage nach Kriegs- oder Friedenseinsatz auf realistischere Weise beantworten als alle Reichstags-Theorien."

Und in der OFFENBACH-POST heißt es:

"Kaum anzunehmen, dass die deutschen Tornados, wenn sie erst einmal dort sind, bereits im Sommer mit dem Auslaufen des Mandats wieder abgezogen werden. Qualität der Aufträge und Art und Umfang der Einsätze werden Stück für Stück verändert und ausgeweitet. Doch die Regierung erweckt nach wie vor den Eindruck, als ob es sich hier um rein defensive, in der Gefahr berechenbare Aufgaben handele."