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Presseschau von Donnerstag, 07. November

Michael Wehling6. November 2002

Wahlsieg der US-Republikaner/ Sparpakete der Regierung/Finanzaffäre der FDP

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Der Sieg der Republikaner von US-Präsident George W. Bush bei den Kongresswahlen ist an diesem Donnerstag ein zentrales Thema der Kommentare in den deutschen Zeitungen. Beachtung finden daneben die Sparpakete der Bundesregierung und die Finanzaffäre der FDP.

Zum Wahlausgang in den USA schreibt die in Berlin herausgegebene Zeitung DIE WELT:

'Vor zwei Jahren wurde George W. Bush zum Sieger in einer Wahl ausgerufen, die er mit einer halben Million Stimmen verloren hatte. Nun hat der Präsident der Vereinigten Staaten sein Mandat in einer Wahl gewonnen, ohne kandidiert zu haben. Auf welch gewundene Weise er auch immer zu seiner glänzenden Legitimierung gelangte, an ihr kann fortan kein Zweifel mehr gelten. ... Und jeder, ob in den UN oder in der Nato, ob in Washington, Bagdad, Pjöngjang, wird das zu spüren bekommen.'

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es:

'Die politischen Verhältnisse mögen in Washington jetzt eindeutig sein. Doch die Spaltung des Landes in etwa zwei gleich große Lager, die schon die Präsidentschaftswahlen prägten, bleibt erhalten. Die einzige eindeutige Mehrheit setzt sich in den USA derzeit aus den Wählern und Nichtwählern zusammen, die weder Republikanern noch Demokraten eine Lösung ihrer Probleme zutrauen. Auch wenn seine Partei nun den Kongress kontrolliert, wird Bush an diesem Unbehagen nicht vorbei regieren können. Dies gilt auch für die Politik seiner Regierung in Sachen Irak.'

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN machen sich Gedanken über die Reaktionen in Deutschland und Europa:

'Für viele Deutsche ist das Wahlergebnis ernüchternd, zumindest aber unverständlich: Warum regt sich in den USA kein massiver Widerstand gegen den von Bush angekündigten Irak-Krieg? Warum hat nicht der deutliche wirtschaftliche Abschwung in den ersten zwei Jahren seiner Präsidentschaft zu einem Sieg der Opposition geführt? Die Antwort auf diese Fragen kann nur lauten: Weil die Mehrheit der Amerikaner Bush und seine Politik grundlegend anders beurteilt, als es die meisten Deutschen und die anderen Europäer tun. Vor allem in der Irak-Politik kann sich der Präsident durch die Wahl bestätigt fühlen: Amerika
folgt Bush in den Krieg.'

Ähnlich argumentiert die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt:

'Während in Deutschland die Aussicht auf einen Krieg die Wähler in Scharen zu Rot-Grün wechseln ließ, ist in Amerika Patriotismus angesagt. Immer deutlicher wird, der Schock des 11. September hat das politische Amerika weit tiefer getroffen, als es sich aus der scheinbar sicheren Perspektive von jenseits des Atlantiks darstellt. Für die deutsche Politik dürften die Zeiten eher schwieriger werden. Der gern benutzte Verweis darauf, dass es auch in den Staaten eine deutliche Opposition gegen einen Krieg mit Saddam Hussein gibt, greift ins Leere. ... Unter diesen Vorzeichen wird es Gerhard Schröder immer schwerer fallen, seine Haltung der strikten Ablehnung des Krieges durchzuziehen.'

Kritisch setzt sich die OFFENBACH-POST mit den Eil- und
Notprogrammen der Bundesregierung auseinander:

'Die Begriffe Reform und Sparen wird man wohl neu definieren müssen; zumindest was den regierungsamtlichen Inhalt angeht. Wir haben nämlich in den sechs Wochen nach der Bundestagswahl lernen müssen, dass Schröder und Co. mit Sparen zuerst einmal Abgaben-, Gebühren- und Steuererhöhungen meinen. Wobei es Steuererhöhungen ja offiziell nicht gibt. Gespart wird nichts - höchstens an den Leistungen, die man sich von uns teurer bezahlen lässt. Und das Ganze nennen sie dann scheinheilig Sparpaket oder sogar Reform, ummäntelt mit der sich nach guten Taten anhörenden Floskel soziale Gerechtigkeit.'

Die Finanzaffäre der FDP kommentieren die LÜBECKER NACHRICHTEN:

'Von der Spaßpartei zur Skandalpartei: Die Liberalen haben nichts mehr zu lachen. Sie stecken tief im Schlamassel. Aus dem Amoklauf des Jürgen Möllemann im Wahlkampf ist ein hándfester Parteispenden-Krimi geworden. In Nordrhein-Westfalen existierte offenbar ein Schwarzgeld- System, das an die dunkelsten Seiten Helmut Kohls erinnert. Und so wie es vor fast drei Jahren die CDU schüttelte, so ergeht es jetzt
der FDP.'

Die WETZLARER NEUE ZEITUNG notiert:

'Was ist, fragt man sich, eigentlich von einem Parteivorsitzenden zu halten, der sich erst Möllemanns Konzept von der Spaß-Partei zu Eigen macht, den Querulanten dann nicht in den Griff bekommt und
diesen schließlich für alles Schlechte allein verantwortlich machen will, obwohl er selbst jede Menge Fehler gemacht hat? Die Antwort lautet: nicht viel.'