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Postfaschist in Armani-Tuch

Alexander Kudascheff 31. Januar 2002

Wie es der italienische Ministerpräsident Berlusconi schaffte, die Europäer durcheinander zu wirbeln und seinen Willen durchzusetzen - DW-Korrespondent Alexander Kudascheff erläutert.

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Silvio Berlusconi, der cavaliere, der Multimilliardär, der Medienmogul, der Neureiche, der Ministerpräsident mit den vielen Gesichtern, ist ein meisterhafter Pokerspieler. Gerissen, mit Finten und Durchsetzungskraft, hat er die anderen Europäer ausmanövriert. In Laeken, auf dem letzten Gipfel der Europäischen Union, hat er zugestimmt, dass der frühere (sozialistische) Premier Amato für Italien im Reformkonvent der EU arbeiten und sprechen werde.

Bei diesem Konvent geht es darum, sich über die Zukunft der EU klar zu werden - also um den Kern der europäischen Gemeinschaft. Wer hat was in einem Europa der 27 zu sagen? Wer entscheidet warum auf welcher Ebene was? Welche Institutionen braucht dieses Europa und wie mächtig werden sie sein?

Frankreichs Ex-Präsident Giscard d'Estaing ist der Präsident, Belgiens umtriebiger, kompromisserfahrener Ex-Premier Dehaene ein Stellvertreter, Amato der zweite. Nun sollten die anderen zwölf Regierungen auch jeweils einen Vertreter entsenden, so hatte man sich wohl hinter den Kulissen geeinigt. Im Protokoll aber stand es nicht (oder wenn bestenfalls in der flämischen Version). Also zog Berlusconi die Trumpfkarte, erklärte schlicht, er wolle noch einen anderen Italiener entsenden - und benannte seinen Stellvertreter Fini, den Postfaschisten im Armanianzug.

Das schockte die anderen, sie studierten die Protokolle, sie vollführten richtige diplomatische Eiertänze, sie zierten sich - das Ergebnis war einfach. Fini kommt - als zweiter Italiener. Berlusconi hatte die anderen ausgepokert, die – gesichtwahrend - erklärten: "Amato könne nicht für diese römische Regierung sprechen", deswegen sei es gut, dass Fini auch komme.

Für den geschniegelten, gelackten Ex(?)Mussoliniverehrer ("der größte Staatsmann des 20. Jahrhunderts") ein Ritterschlag. Für ihn gilt jetzt die Devise: Veni, vidi, Fini. Und auf den Konvent kann man sich auch freuen. Da sitzt dann Fini neben Peter Glotz, der mit luziden Analysen über das Italien Berlusconis glänzt (Neureiche, Salonfaschisten und zornige Kleinbürger auf der Regierungsbank vereint). Ein heiteres Paar, das da über das neue Europa nachdenkt. Und: wer ist eigentlich Peter Glotz? Warum sitzt er da für Deutschland? Und wer aus der Brüsseler Bürokratie hat Journalisten gesteckt, dass Giscard d'Estaing eine Aufwandsentschädigung will? Frag nach bei Hombach, murmelt man da als Brüsseler Insider.