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Porsche soll am 29. September an die Börse

19. September 2022

VW hat Angebotsbeginn und Preiskorridor für die Aktien der Porsche AG festgelegt. Eine Umsetzung des Börsengangs ist damit wohl nur Formsache - sofern neue wirtschaftliche Schocks ausbleiben.

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Porsche-Logo auf einer Aluminium-Felge
Bild: picture-alliance/AP Photo/G. J. Puskar

Die Porsche AG soll am 29. September an die Börse gehen. Ab dann wird die Volkswagen-Tochter aus Stuttgart aller Voraussicht nach einen Teil ihrer Vorzugsaktien frei am Finanzmarkt handeln lassen. Dies beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat des VW-Konzerns nach Sitzungen am Sonntagabend. Der jahrelang immer wieder ins Spiel gebrachte öffentliche Handel mit Anteilen des Sportwagenbauers war seit Februar geprüft worden. Vor zwei Wochen fiel der grundsätzliche Beschluss. Zuletzt stand die Entscheidung zum Gang aufs Parkett wegen der angespannten weltwirtschaftlichen Lage noch unter Vorbehalt.

Die Kontrolleure legten nun aber bereits die Preisspanne fest: Die Porsche-AG-Vorzüge werden in einem Korridor zwischen 76,50 und 82,50 Euro pro Stück angeboten. Geplant ist die Ausgabe von knapp 114 Millionen Aktien. Darin enthalten sind fast 15 Millionen Papiere für eine mögliche Mehrzuteilung, wie der Mutterkonzern VW weiter mitteilte. Sollte alles laufen wie vorgesehen und sich der tatsächliche Angebotspreis in dem genannten Bereich einpendeln, werde ein Bruttoerlös von 8,71 bis 9,39 Milliarden Euro erwartet.

Innerhalb der Preisspanne wäre Porsche der größte Börsengang in Deutschland seit mehr als 25 Jahren. 1996 hatte die Deutsche Telekom nach Daten des Finanzdienstleisters Refinitiv umgerechnet 9,65 Milliarden Euro erlöst.

Schon an diesem Dienstag (20.09.) soll die Zeichnungsfrist beginnen. Sie geht bis einen Tag vor dem Börsengang, sofern die Finanzaufsicht Bafin den Wertpapierprospekt genehmigt. Auch Privatanleger in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien und Spanien sollen einen Teil der Porsche-Vorzüge erwerben können.

VW will zusätzliche Geldquelle anzapfen

Die Sportwagenmarke Porsche gehört bislang zu 100 Prozent zu Volkswagen. Der zweitgrößte Autohersteller der Welt wiederum wird kontrolliert von der Porsche Automobil Holding SE, über die die Familien Porsche und Piëch eine Stimmenmehrheit von 53,3 Prozent bei Volkswagen haben. Durch den Börsengang bekommen die Eigner-Familien wieder Zugriff auf Porsche.

Symbolbild I Porsche und VW Logo
Das Kalkül hinter dem Börsengang: Luxus-Autobauer wie Porsche oder Ferrari werden an der Börse im Verhältnis zu ihren Gewinnen deutlich höher bewertet als Massenhersteller wie Volkswagen, auch weil sie deutlich weniger konjunkturempfindlichsind.Bild: Fotostand/Gelhot/picture alliance

Europas größte Autogruppe will zusätzliche Geldquellen anzapfen. Die VW AG plant aus den Einnahmen weitere Milliarden-Investitionen in Elektromobilität und Digitales. Schon 2030 sollen mehr als 80 Prozent der neu ausgelieferten Fahrzeuge vollelektrisch angetrieben sein.

Zudem hofft sie selbst, für Anleger attraktiver zu werden. Porsches Bewertung schätzten Analysten zuletzt auf bis zu 100 Milliarden Euro. VW kommt am Finanzmarkt derzeit auf gut 87 Milliarden Euro.

Um die 10 Milliarden Erlös

Das Grundkapital der Porsche AG wurde bereits zur Hälfte in stimmrechtslose Vorzugs- und stimmberechtigte Stammaktien aufgespalten. Bis zu ein Viertel der Vorzüge - also in etwa ein Achtel aller Anteile - sollen demnächst in den Verkauf gehen. Damit will VW bis zu 12,5 Prozent des Grundkapitals von Porsche im Form von stimmrechtslosen Vorzugsaktien bei Anlegern platzieren.

Für knapp 40 Prozent davon haben die Wolfsburger schon feste Zusagen: Neben dem auch an Volkswagen beteiligten Emirat Katar wollen der norwegische Staatsfonds (Norges Bank) und die US-Fondsgesellschaft T. Rowe Price und die staatliche Investmentgesellschaft ADQ Porsche-Aktien zeichnen. Ankeraktionäre wie sie erleichtern einen Börsengang. Allein die katarische Staatsholding QIA will dafür bis zu 1,9 Milliarden Euro ausgeben.

Gleichzeitig bekommt die PSE 25 Prozent plus eine Aktie der Stämme, sie hat über eine Sperrminorität damit Einfluss auf wichtige Entscheidungen.

Je nach Gestalt der endgültigen Konditionen am Tag des Börsengangs der Vorzüge kalkulieren VW und Porsche-Holding für das Geschäft mit den Stammaktien brutto 9,36 bis 10,10 Milliarden Euro an Erlös ein.

Bei Volkswagen wird der ID.3 zusammengebaut.
Bei Volkswagen wird unter anderem der ID.3 gebaut. Es soll künftig noch mehr in die Elektromobilität investiert werden. VW plant sechs große Batteriefabriken in Europa bis 2030.Bild: Jens Meyer/AP/picture alliance

Porsche-Chef Oliver Blume führt seit Anfang September nach dem Ausscheiden von Herbert Diess auch den VW-Konzernvorstand. Kritik an der Doppelfunktion wies das Unternehmen mit Verweis auf seine Transparenz- und Abstimmungsregeln zurück. Diese sollen ausreichen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Ähnliches gelte für VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der ebenso die PSE leitet.

Boni für Belegschaften und Sonderdividende könnten folgen

Gelingt der Börsengang, ist für das Jahresende eine außerordentliche Hauptversammlung geplant, bei der die Volkswagen AG ihren Aktionären vorschlagen will, eine Sonderdividende im Umfang von 49 Prozent der Bruttogesamterlöse aus der Platzierung der Vorzugsaktien und dem Verkauf der Stammaktien an die Aktionäre auszuschütten.

Die Belegschaften sollen ebenfalls profitieren. Der VW-Betriebsrat hob den vereinbarten Bonus von 2000 Euro für jeden Beschäftigten im Haustarif und in Sachsen hervor. Auch zeige der Schritt, dass Porsche und VW in den Branchenwandel und die Zukunft der Jobs investierten. Zumindest indirekt spielen bei einem der größten Börsengänge in Deutschland jedoch auch die Interessen der VW-Großeigner eine Rolle.

Dem Porsche/Piëch-Clan wird nachgesagt, wieder mehr direkten Zugriff auf den Sportwagenbauer mit seinem Namen gewinnen zu wollen. 2008/2009 hatte Volkswagen eine Übernahmeattacke des damaligen Porsche-Managements abwehren können. Die Niedersachsen drehten am Ende den Spieß um und schluckten ihrerseits die profitable Tochter. Beide Familien bekamen im Gegenzug die Mehrheit an dem Autoriesen.

Dass die Notierung kurzfristig doch noch abgeblasen werden könnte, erscheint nun zunehmend unwahrscheinlich. Dem Vernehmen nach gibt es aber eine Mindest-Bewertungsschwelle, die VW auf jeden Fall erreichen will. Überdies bestehen weiter Gefahren für die Autoindustrie - neue Lieferkettenprobleme, der Fortgang des Ukraine-Krieges, die Inflation der Energiepreise und das Ende der Niedrigzinsphase sind nur einige.

iw/hb (dpa, afp, rtr)