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Politischer 404-Fehler

Ingo Mannteufel4. September 2002

Seit einigen Tagen wird die populäre Internet-Suchmaschine Google beim Zugang über chinesische Provider blockiert. Internet-Überwachung ist in China kein neues Thema, aber warum gerade jetzt Google?

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Im bevölkerungsreichsten Land der Erde erfreut sich das Internet immer größerer Beliebtheit. Nach jüngsten Angaben nutzen in China rund 46 Millionen Menschen das Internet. In absoluten Zahlen sind das fast zweimal so viele wie in Deutschland. Noch eindrucksvoller sind die rasanten Zuwachszahlen: Kamen im Zeitraum von Juli bis Dezember 2001 "nur" rund sieben Millionen chinesische Web-Surfer hinzu, so waren es im ersten Halbjahr 2002 weitere zwölf Millionen.

Segen und Fluch zugleich

Internetcafe in China
Internetcafe in China

Die chinesische Staats- und Parteiführung begrüßt das Internet und die starke Internet-Nutzung, wenn es darum geht, China wirtschaftlich voranzubringen. Doch die chinesische Führung sieht das weltweite Datennetz auch mit einem kritischen Auge: Denn im Internet finden sich auch unabhängige Informationen zu politisch sensiblen Themen, wie beispielsweise zu Tibet oder zu der in China verbotenen Meditationsbewegung Falun Gong. Daher gab es schon mehrfach Versuche, das Internet zu kontrollieren und den freien Informationsfluss zu unterbinden. Jüngstes Opfer ist nun die weltweit äußerst beliebte Suchmaschine "Google" geworden. Seit einigen Tagen ist die Suchmaschine über chinesische Provider nicht mehr erreichbar.

Schweigen über historische Wende

Der Zeitpunkt für die Google-Sperrung dürfte mit dem bevorstehenden 16. Parteikongress der allein regierenden Kommunistischen Partei Chinas in Verbindung stehen. Geplant war der Kongress für diesen September. Ende August wurde er jedoch kurzfristig auf November verlegt. Beobachter sehen den Grund für die Terminänderung in Machtkämpfen innerhalb der Parteispitze. Denn auf dem Kongress sollen nicht nur für China wichtige ideologische Weichenstellungen vollzogen werden. Vielmehr ist auch ein Generationenwechsel in der Parteiführung und im Parteiapparat geplant. Über die Einzelheiten wird die chinesische Öffentlichkeit in den staatlich kontrollierten Medien nur wenig informiert - und unabhängige Berichte im Internet sollen diese Ruhe nicht stören.

Selbstzensur gegen demokratisches Internet?

Zu finden sind unabhängige Informationen im Internet über Kataloge wie Yahoo! und Suchmaschinen wie Google. Auch Yahoo! wurde in China längere Zeit blockiert. Im Unterschied zu Google hat jedoch Yahoo! vor wenigen Wochen eine Verpflichtung zur Selbstzensur unterzeichnet: Zugesagt wird darin Webseiten, zu denen Yahoo! Internet-Links anbietet, zu prüfen - und dann politisch nicht gewünschte Informationen zu blockieren und diese Webseiten der chinesischen Regierung zu melden.

Den Betreibern der Google-Suchmaschine dürfte es dagegen schwer fallen, die vom chinesischen Staat gewünschte Selbstverpflichtung zu unterschreiben - selbst, wenn sie es wollten. Denn bei Google wird eine Software mit dem Namen PageRank benutzt, die einen menschlichen Einfluss auf die Suchergebnisse extrem schwierig macht: Es wird geprüft, wie oft ein Link mit anderen Webseiten verbunden ist. Aus dem Vernetzungsgrad der Webseiten ergibt sich dann die Rangliste des Suchergebnisses. Google schreibt über die eigene Software: "PageRank verlässt sich auf die einzigartige demokratische Natur des World Wide Webs". Das werden die chinesischen Internet-Zensoren gelesen haben.