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Politische Häftlinge in Zentralasien für Sacharow-Preis 2003 nominiert

24. September 2003
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Bonn, 23.9.2003, DW-radio / Russisch

Medienberichten zufolge hat das Europäische Parlament vier Kandidaten aus zentralasiatischen Ländern für den Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2003 nominiert. Dabei handelt es sich um den ehemaligen turkmenischen Botschafter bei der OSZE Batyr Berdyjew, den ehemaligen Vizepräsidenten Kirgisistans Feliks Kulow, den usbekischen Journalisten Muhamed Bekdschanow und einen der führenden kasachischen Oppositionspolitiker Galymschan Schakijanow. Sie alle befinden sich derzeit in ihren Heimatländern in Haft.

Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird vom Europäischen Parlament seit 1988 vergeben. Preisträger waren bisher unter anderem der südafrikanische Präsident Nelson Mandela und der Vater des Prager Frühlings Alexander Dubcek. Für den Preis im Jahre 2003 sind neben den vier Kandidaten aus den zentralasiatischen Ländern auch UN-Generalsekretär Kofi Annan und die Mitarbeiter der UNO, die im August dieses Jahres in Bagdad ums Leben kamen, nominiert. Über die Nominierung von vier Vertretern aus Zentralasien sprach die Deutsche Welle mit dem Koordinator des GUS-Programms der Internationalen Liga für Menschenrechte, Peter Zalmayev.

Frage:

Wurden die Kandidaten aus Zentralasien unter Mitwirkung ihrer Organisation nominiert?

Peter Zalmayev:

Das war nicht ausschließlich die Initiative der Liga, sondern die Initiative der Liga und ihrer Partner in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments, das unmittelbarer Sponsor des Preises ist. Wir haben unter anderem mit dem Komitee für internationale Beziehungen des Europäischen Parlaments zusammengearbeitet, denn wie Sie wissen, werden mindestens 25 Unterschriften von Mitgliedern des Europäischen Parlaments für die Nominierung eines Kandidaten benötigt. Neben den politischen Häftlingen in Zentralasien wurden auch UN-Generalsekretär Kofi Annan und Mitarbeiter der UNO, die bei einer Explosion in Bagdad ums Leben kamen, nominiert. Jetzt, wo die Nominierungen gebilligt wurden, wird das ganze Europäische Parlament darüber abstimmen und entscheiden, wer den Sacharow-Preis erhält.

Frage:

Feliks Kulow, der zu zehn Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde und derzeit seine Strafe verbüßt, ist eine im politischen Leben Kirgisistans bedeutende Figur. Ist Ihnen bekannt, zu welcher Reaktion die Nominierung für den Sacharow-Preis in Kirgisistan geführt hat? Hat die Nachricht Kirgisistan überhaupt erreicht?

Peter Zalmayev:

Ich kann die Reaktion, die dies hervorrufen wird, noch nicht vollkommen abschätzen. Aber ich glaube aufgrund meiner Erfahrung, dass es eine Reaktion geben wird. Ich weiß, dass diese Nachricht von einigen kirgisischen Internetseiten veröffentlicht wurde, und mir scheint, dass es von symbolischer Bedeutung und sehr wichtig war, Feliks Kulow in diese Liste mit aufzunehmen. Wir sind der Ansicht, dass es sich um eine rein politische Angelegenheit handelt, wenn ein bekannter Oppositionsführer sich dazu entscheidet, im Kampf um das Präsidentenamt gegen Präsident Askar Akajew anzutreten. Feliks Kulow wurde faktisch aus diesem Grund verurteilt und ins Gefängnis geworfen.

Frage:

Was können sie zu der Nominierung von Muhamed Bekdschanow sagen, dem Bruder des ehemaligen und nun im Exil lebenden usbekischen Präsidentschaftskandidaten Muhamed Salich?

Peter Zalmayev:

Muhamed Bekschan war Journalist und sitzt wie zwei weitere Brüder von Muhamed Salich im Gefängnis. Dies ist eine Maßnahme, um Muhamed Salich, der im Exil lebt, unter Druck zu setzen.

Frage:

Warum hat man sich für Batyr Berdyjew entschieden, der im Zusammenhang mit dem Attentats auf den turkmenischen Präsidenten zu 25 Jahren Freiheitsentzug verurteilte wurde, aber im Gegensatz zu anderen in diesem Fall verurteilten Personen nicht zu den offenen Kritikern des Regimes von Turkmenbaschi gehört?

Peter Zalmayev:

Die Tatsache, dass wir Batyr Berdyjew ausgewählt haben, bedeutet in keiner Weise, dass andere Führer der Opposition diese Ehrung nicht verdient hätten. Ich bin der Ansicht, dass sein Fall symbolische Bedeutung hat, weil diese Person in einer internationalen Organisation wie der OSZE ein hohes Amt bekleidet hatte. Ich denke, dass es für internationale Organisationen - unter anderem für das Europäische Parlament, die Europäische Union und die OSZE – Signalwirkung hat, wenn Personen, die in diesen Organisationen gearbeitet haben, Opfer politischer Verfolgung werden. Der Gesundheitszustand von Batyr Berdyjew gibt Anlass zu großer Sorge. Es gibt keine verlässlichen Informationen. Kürzlich ging das Gerücht um, er sei nicht mehr unter den Lebenden. Aber auch wenn er noch leben sollte, befindet er sich, wie wir denken, in einem schlechten Zustand.

Frage:

Nun zur Nominierung eines kasachischen Kandidaten für den Preis für geistige Freiheit. In Kasachstan gibt es im Unterschied zu Turkmenistan zahlreiche organisierte oppositionelle Bewegungen, aber auch viele Dissidenten. Warum fiel die Wahl auf Galymschan Schakijanow?

Peter Zalmayev:

Ich denke, dass der Fall Galymschan Schakijanow nicht noch stärker bekannt gemacht werden muss. In Kasachstan ist er bekannt. Wie Sie wissen, hatte Galymschan Schakijanow jüngst ein weiteres Ersuchen an den Präsidenten gerichtet, das abgelehnt wurde. Ich denke, es ist sehr wichtig, auf die Fälle Sergej Duwanow und Galymschan Schakijanow aufmerksam zu machen, da es sich bei ihnen um zwei politische Häftlinge in Kasachstan handelt. Solange sie in Haft sind kann man von keiner Demokratie und auch nicht von der Einhaltung der Menschenrechte in Kasachstan sprechen.

Der Sacharow-Preis im Werte von 50 000 Euro wird im Dezember dieses Jahres vergeben. (MO)