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Pochen auf das politische Mandat

Thomas Kirschning, Bukarest20. Mai 2002

Bei der Jahresversammlung der Osteuropabank verschaffen sich auch unabhängige Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Gehör. Sie üben heftige Kritik an Usbekistan, dem Gastgeberland des nächsten Treffens im Jahr 2003.

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Betende Markthändler in Taschkent, UsbekistanBild: AP

Die usbekische Regierung hat mit Demokratie nichts im Sinn. Die Osteuropabank soll sich zunächst bei den Machthabern in Taschkent für die Respektierung von Menschenrechten einsetzen, bevor sie dort ihre Jahresversammlung abhält: Dies ist - kurz gefasst – die Forderung von über fünfzig Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) aus 24 Ländern, in denen die Entwicklungsbank tätig ist. Zur derzeitigen Jahresversammlung in Bukarest haben sie einen offenen Brief an Bank-Präsident Jean Lemierre geschrieben.

Zensur und Misshandlungen

Bislang stünden die usbekischen Medien unter strenger staatlicher Zensur; Kritiker würden bedroht, verfolgt, gefoltert und ins Gefängnis geworfen. Marie Struthers von "Human Rights Watch" sagt: "Ich habe Beweise dafür,
dass in Gefängnissen und Arrestzellen Fingernägel ausgerissen werden. Beweise auch dafür, dass in den vergangenen Monaten Frauen misshandelt, geschlagen und entführt wurden."

So gehörten auch Elektroschocks zu üblichen Verhörmethoden gegenüber Regimekritikern. Das Komitee der Vereinten Nationen gegen Folter hat vor zwei Wochen eine scharfe Kritik an diesen Praktiken veröffentlicht. Es habe seit 1995 tausende Fälle von Folterungen gegeben, heißt es da. Wenn die Osteuropabank nun im kommenden Jahr in Taschkent die Jahresversammlung ihrer 62 Teilhaberstaaten und -organisationen abhalten wolle, dann würde in der Weltöffentlichkeit der Eindruck erweckt, dass in dem Land die Dinge richtig laufen.

Prüfsteine für die Regierung

Veronika Goldsten von "Human Rigths Watch fordert daher: "Die Bank muss der usbekischen Regierung in Sachen Menschenrechte sehr konkrete Prüfsteine setzen und ihr klar machen, was sie von ihr erwartet, und zwar im Vorfeld der Tagung." Und wenn sich die Regierung nicht daran halte, dann sollten sie die Tagung absagen."

Zu diesen Prüfsteinen gehört die Erlaubnis, dass NGO's überhaupt erst einmal in Usbekistan tätig werden dürfen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und Religionsausübung gewährt wird und dass vor allem freie Wahlen stattfinden, die von internationalen Beobachtern begleitet werden. Die usbekische Regierung erlaubt weder Kritik an ihrer Politik noch Informationen über Korruption, Armut oder über die sich ausbreitende Arbeitslosigkeit. Journalisten oder unabhängige Kritiker würden systematisch verfolgt, monieren die NGO's.

Osteuropabank integriert NGO's

Im Gegensatz zu früheren Banktagungen, etwa in Kiew, wo Mitglieder von NGO's auf offener Straße verhaftet und abtransportiert wurden, haben sie in Bukarest Zugang zu den ansonsten streng abgeschirmten Tagungsräumen und -sälen im riesigen Parlamentspalast. Die Bank selbst hat offene Ohren für ihre Anliegen und integriert sie zunehmend in ihre Kreditpolitik.

Deshalb richtet sich die Kritik der NGO's nicht so sehr gegen die Bank. Sie bestärken die Bank vielmehr darin, ihrem auch politischen Mandat nachzukommen. Marie Struthers von "Human Rights Watch" betonte, dass man nicht nur die Menschenrechtssituation in Usbekistan kritisiere. Man wolle auch den Erfolg der Bank unterstützen. "Der Erfolg der Bank, so hat es ihr Präsident Lemierre selbst gesagt, hängt direkt ab von der Entwicklung der Demokratie."