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Politik

Peter Steudtner in Türkei freigesprochen

3. Juli 2020

Monatelang saß der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner in türkischer U-Haft, ehe er ausreisen konnte. Nun fiel in Istanbul das Urteil. Für andere Angeklagte ging der Prozess gar nicht glimpflich aus.

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Der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner
Peter Steudtner war 2017 in der Türkei festgeommen worden (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Der Deutsche Peter Steudtner und der schwedische Menschenrechtler Ali Gharavi, die sich wegen Terrorvorwürfen verantworten mussten, sind freigesprochen worden. Zugleich verhängte das Gericht in Istanbul Haftstrafen gegen weitere Angeklagte. So muss der Ehrenvorsitzende von Amnesty International, Taner Kilic, für mehr als sechs Jahre ins Gefängnis.

"Große Chance verpasst"

Der Prozess hatte international für großes Aufsehen gesorgt. Wegen der Corona-Pandemie konnte am Abschlusstag nur eine sehr begrenzte Zahl an Zuschauern den Gerichtssaal betreten.

"Monatelang Rechte verletzt"

Steudtner war bei der Urteilsverkündung nicht zugegen. Er hatte den Prozess von Deutschland aus verfolgt. Sein Anwalt Murat Boduroglu hatte noch vor dem Urteil eine ausführliche Begründung des Gerichts verlangt, weil die Rechte seines Mandanten unter anderem durch die monatelange Untersuchungshaft in der Türkei verletzt worden seien.

Ali Gharavi (2. v. l.), hier mit Peter Steudtner
Ali Gharavi (2. v. l.), hier mit Peter Steudtner (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP

Der Istanbuler Staatsanwalt hatte im November Freisprüche für Steudtner und vier weitere Angeklagte verlangt. Er forderte aber eine Verurteilung des Ehrenvorsitzenden von Amnesty International, Taner Kilic, wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. Damit ist die Bewegung um den islamischen Prediger Fethullah Gülen gemeint, den der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich macht.

Festnahmen auf der Insel

Der Politikwissenschaftler Steudtner, sein schwedischer Kollege Ali Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren im Juli 2017 bei einem Seminar auf der Insel Büyükada vor der Küste Istanbuls unter Terrorverdacht festgenommen worden. Zu Prozessbeginn im Oktober desselben Jahres kamen alle frei. Steudtner und Gharavi konnten ausreisen. Kilic, dessen Fall erst später der Anklageschrift hinzugefügt wurde, saß mehr als ein Jahr im westtürkischen Izmir in Untersuchungshaft.


Amnesty sprach in einer ersten Reaktion auf Twitter von einem "absurden Verfahren". Die Organisation hatte vorab darauf verwiesen, dass gegen die elf Angeklagten keinerlei Beweise vorlägen. So wurde Kilic vorgeworfen, die Messenger-App Bylock auf seinem Mobiltelefon benutzt zu haben, von der die Behörden glauben, sie sei ein Kommunikationsmittel beim versuchten Militärputsch gewesen. Laut Amnesty hatte die Polizei nach einer forensischen Untersuchung jedoch selbst in einem Bericht festgestellt, dass es keine Hinweise für die Vewendung von Bylock auf Kilics Smartphone gab.

Taner Kilic, Ehrenvorsitzender von Amnesty International
Taner Kilic, Ehrenvorsitzender von Amnesty International (Archivbild)Bild: Getty Images/O.Kose

Der Fall Steudtner und die Festnahme weiterer Deutscher hatte die türkisch-deutschen Beziehungen lange Zeit schwer belastet. Sigmar Gabriel, seinerzeit Bundesaußenminister, der damalige Kanzleramtschef Peter Altmaier und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hatten sich vermittelnd eingeschaltet.

jj/rb (dpa, afp, epd)