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London calling

24. August 2008

Das Olympische Feuer in Peking ist erloschen. Die Spiele klangen nach 16 Tagen mit einer farbenfrohen und futuristisch anmutenden Abschiedsfeier aus – begleitet von Lob und Kritik.

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Feuerwerk über dem Nationalstadion, Quelle: dpa
Feuerwerk über dem NationalstadionBild: picture-alliance/ dpa

Mit einer farbenfrohen und stimmungsvollen Feier hat China zum Abschluss der XXIX. Olympischen Spiele noch einmal sein Leistungsvermögen als aufstrebende Weltmacht demonstriert. Mit einem ersten Feuerwerks-Zauber und der auch von Chinas Präsident Hu Jintao mitgesungenen Nationalhymne begann am Sonntag (24.08.2008) das Abschlussfest, das Starregisseur Zhang Yimou wiederum als ein farbenfrohes Massen-Spektakel inszenierte. Bunt gemischt zogen die noch in China verbliebenen Athleten der teilnehmenden Länder ins Nationalstadion ein, das so genannte Vogelnest.

Ausgelassene Atmosphäre

Das fantasievolle Schauspiel zwischen Tradition und Moderne paarte sich mit einer entspannten und ausgelassen Atmosphäre im weiten Rund des mit 91.000 Zuschauern besetzten Nationalstadions. Auch London war als Gastgeber der 30. Sommerspiele eingebunden - der in Asien besonders populäre Fußball-Star David Beckham kickte von einem britischen Doppeldecker-Bus einen Ball in die Menge. Vom 27. Juli bis 12. August 2012 wird die olympische Flamme über London leuchten. Bürgermeister Boris Johnson nahm die olympische Fahne entgegen.

Tänzerinnen während der Abschluss-Zeremonie, Quelle: AP
Tänzerinnen während der Abschluss-ZeremonieBild: AP

Jacques Rogge, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), erklärte das "prächtige" Sportfest um 20.58 Uhr Ortszeit für beendet und lud "die Jugend der Welt" zu den XXX. Sommerspielen 2012 nach London ein. "Das waren wahrlich außergewöhnliche Spiele", erklärte Rogge unter großem Jubel. Die rund 11.000 Athleten aus der Rekordzahl von 204 Ländern hätten die "verbindende Kraft des Sports" demonstriert, lobte der Belgier: "Der olympische Geist lebt!"

40-Milliarden-Dollar-Show

"Die olympische Flamme wird erlöschen, aber die Begeisterung des chinesischen Volkes, die Welt zu umarmen, wird für immer brennen", sagte Liu Qi, Chef des Organisationskomitees BOCOG. Nach dem Kampf um Gold, Silber und Bronze erlosch um 21.23 Uhr Ortszeit überraschend unspektakulär das olympische Feuer, das Chinas dreimaliger Turn-Olympiasieger Li Nin am 8. August nach einer atemberaubenden "Flugrunde" durch das Pekinger "Vogelnest" entzündet hatte. Mehr als 40 Milliarden Dollar hat China sich die Schau der eigenen Stärke und Leistungsfähigkeit kosten lassen.

Jacques Rogge (l.) und Präsident Hu Jintao (r.) bei der Abschlussfeier, Quelle: AP
Jacques Rogge (l.) und Präsident Hu Jintao (r.) bei der AbschlussfeierBild: AP

Unmittelbar vor der Abschlussfeier hatte sich IOC-Chef Rogge "sehr zufrieden" gezeigt. Die Welt habe mehr über China gelernt und China mehr über die Welt, sagte Rogge. Es habe in den vergangenen zwei Wochen Errungenschaften gegeben, "an die wir uns den Rest des Lebens erinnern werden". Nach der Erfahrung von Peking wolle sich das IOC jedoch auch künftig nicht in innere Angelegenheiten von Olympia-Gastgebern einmischen, sagte der IOC-Chef.

Die während der Spiele geltenden gelockerten Vorschriften für ausländische Journalisten seien nicht perfekt gewesen, sagte Rogge weiter. Im Vergleich zur vorherigen Situation bedeuteten sie jedoch eine grundlegende Verbesserung. Rogge forderte die chinesische Regierung auf, auch über das Ende der Olympischen Spiele hinaus mehr Pressefreiheit zu gewährleisten.

Festnahmen, Zensur, Überwachung

Harsche Kritik übten dagegen Menschenrechtsorganisationen. Die Spiele hätten statt einer Verbesserung eine Verschlechterung für die Lage der Menschenrechte in China gebracht, erklärte Human Rights Watch am Freitag in New York. "Kein einziger der internationalen Politiker oder IOC-Mitglieder in Peking hat die Möglichkeit genutzt, das Verhalten der chinesischen Regierung in sinnvoller Weise zu kritisieren", sagte Asiendirektorin Sophie Richardson. In Berlin warf Reporter ohne Grenzen dem IOC Versagen vor. Während der Spiele seien mehr als hundert Journalisten, Blogger und Dissidenten festgenommen, verurteilt, zensiert, überwacht oder bedroht worden.

Menschliche Pyramiden durften auch beim Abschluss nicht fehlen, Quelle: AP
Menschliche Pyramiden durften auch beim Abschluss nicht fehlenBild: AP

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zog eine negative Bilanz. "Das waren Olympische Spiele der Presseunfreiheit und Zensur", sagte der DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken am Sonntag in Berlin: "Kritische, freie und ungehinderte Berichterstattung war in China nicht möglich". Schuld daran habe auch das IOC, für das die Pressefreiheit und die Berufsausübung der Journalisten offenbar nur eine Marginalie gewesen seien, kritisierte Konken. "Die Pekinger Spiele gehen als die Olympiade der Unfreiheit in die Annalen des internationalen Sports ein."

Streit um festgenommene Demonstranten

Tänzer bei der Abschlussfeier, Quelle: AP
Tänzer bei der AbschlussfeierBild: AP

Derweil forderte der US-Botschafter in China Peking zur Freilassung von acht amerikanischen Demonstranten auf. Botschafter Clark Randt sagte, die chinesische Regierung sollte Respekt für die Menschenrechte und die freie Rede zeigen. Die chinesischen Behörden hatten zehn Tage Haft gegen mindestens zehn Ausländer verhängt, die während der Spiele für ein freies Tibet demonstriert hatten. Auch ein Stuttgarter Softwareentwickler sitzt seit Donnerstag im Gefängnis. Sein Vergehen: Er enthüllte eine Tibetflagge vor dem Olympia-Gelände. Aus Berlin kam jedoch bisher kein Wort der Kritik an China. Die Familie des 30-jährigen Florian Norbu Gyanatshang fordert mehr Engagement. "Ich halte es für die Pflicht des Auswärtigen Amts, sich mit allen Mitteln für einen widerrechtlich inhaftierten deutschen Staatsbürger einzusetzen", sagte seine Schwester Yuldon Gyanatshang.

Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die Spiele zum Ende besuchte, sieht eine nachhaltige Veränderung in China durch Olympia. Mehr als 20.000 Journalisten hätten sich während der Spiele frei in China bewegt, sagte Schäuble der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). Der Minister zog jedoch keine durchweg positive Bilanz. "Wenn die chinesische Führung das System in Frage gestellt sieht, nimmt sie keine Rücksicht auf die Grundfreiheiten, wie wir sie kennen", sagte Schäuble der Zeitung. (stu)