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EU-Patent kommt

Marcus Lütticke11. Dezember 2012

Erfindungen sollen künftig mit einem einzigen Patent in ganz Europa Schutz genießen. Das hat das Europäische Parlament beschlossen. Italien und Spanien führen die neue Regelung allerdings zunächst nicht ein.

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EU-Parlament in Straßburg (Foto: dpa)
Bild: Picture-alliance/dpa

Deutschland gilt gemeinhin als das Land der Dichter und Denker. Nimmt man die Anzahl der Patentanmeldungen als Maßstab, so ist es auch das Land der Erfinder. Im vergangenen Jahr belegte Deutschland den Spitzenplatz in Europa: 33.000 Patentanträge beim Europäischen Patentamt kamen aus Deutschland. Das sind mehr als aus den nächstplatzierten europäischen Staaten Frankreich, Schweiz, Großbritannien und den Niederlanden zusammen.

Übersetzungen fallen weg

Bisher lag die Zuständigkeit für die Erteilung von Patenten bei den Patentämtern der Nationalstaaten. Zwar konnten Patentanträge für mehrere europäische Länder auch zentral beim Europäischen Patentamt (EPA) in München gestellt werden, jedoch musste ein vom EPA erteiltes europäisches Patent in jedem Land, für das der Patentinhaber Schutz suchte, bestätigt werden. Hierzu verlangen die meisten Staaten eine vollständige Übersetzung des Patents in ihre Amtssprache. Das hat die Kosten für den Prozess stark in die Höhe getrieben.

Nach einem Beschluss des Europäischen Parlaments vom Dienstag (11.12.2012) wird es zukünftig ausreichen, den Patentantrag auf Deutsch, Englisch oder Französisch einzureichen. Auf dieser Basis wird dann ein Patent für alle 25 Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation (EPO) erteilt, ohne dass es einer Übersetzung bedarf. Gerade an diesem Punkt hatten sich Spanien und Italien aufgerieben, die ihre Nationalsprachen vernachlässigt sehen und daher dem Abkommen zunächst nicht beitreten werden.

Das Europäische Patentamt in München (Foto: dpa)
Sitz in München: das Europäische PatentamtBild: picture-alliance/dpa

Weiterhin wurde die Einrichtung eines einheitlichen Europäischen Patentgerichts beschlossen, das bei Patentrechtsstreitigkeiten zukünftig als oberste Instanz fungiert. Dieses soll seinen Hauptsitz in Paris haben, London und München erhalten jeweils eine Außenstelle.

Kritiker fürchten erschwerte Klagemöglichkeiten

Kritik an den neuen Regelungen kommt unter anderem von den Grünen. Harald Ebner, Abgeordneter für Bündnis90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, begrüßt im Gespräch mit der Deutschen Welle zwar grundsätzlich die Vereinfachung und Vereinheitlichung des europäischen Patents, sieht aber große Defizite beim Verfahren und in der Umsetzung. So sei die Gesetzgebung zunächst nur von den Europäischen Regierungschefs im Rat verhandelt worden: "Das Ganze ist jetzt überstürzt und ohne begleitendes parlamentarisches Verfahren beschlossen worden."

Ebner fürchtet, dass es zukünftig schwerer sein werde, gegen zu Unrecht erteilte Patente, besonders auch im Bereich der Biotechnologie, vorzugehen, da vor dem neuen Europäischen Patentgericht deutlich höhere Verfahrenskosten zu erwarten seien. Klagen könnten dort nur noch mittels eines Patentanwalts erhoben werden, so dass die Kosten für einzelne Bürger und Nichtregierungsorganisationen kaum mehr tragbar wären.

Harald Ebner (Foto: Stefan Kaminski)
Harald Ebner betrachtet die Neuregelung kritischBild: Stefan Kaminski

Patentkosten sollen sinken

Ob die Kosten für den Patentschutz beim Europäischen Patentamt sinken werden, ist ebenfalls noch unklar. Die EU Kommission wirbt damit, dass sich die heute üblichen Durchschnittskosten mit allen Übersetzungen von 36.000 Euro auf unter 5000 Euro reduzieren ließen, jedoch ist dies alles andere als gesichert. Alexander Bulling, Patentrechtler und Honorarprofessor an der Universität Stuttgart, erklärt im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass es in der Vergangenheit oftmals gar nicht nötig war, für jeden einzelnen Mitgliedsstaat der EU ein Patent zu beantragen. Daher seien dann auch die hohen Übersetzungskosten gar nicht angefallen: "Als deutscher Automobilhersteller beispielsweise reicht es aus, Patentschutz in Deutschland, Großbritannien und Frankreich zu haben, weil ein Wettbewerber nirgendwo in Europa ein Auto verkaufen kann, wenn diese Schutzrechte bestehen."

Er hält es daher für wahrscheinlich, dass durch das neue Europäische Patent die Bedeutung der nationalen Patentämter, die auch weiterhin bestehen bleiben, zunehmen wird: "Aus Kostengründen werden nationale Patente sicher lukrativ bleiben, das wäre meine Prognose, gerade für kleine Unternehmen und Mittelständler."

In Kraft treten sollen die neuen Regelungen 2014. Italien und Spanien haben auch danach die Möglichkeit, dem Übereinkommen beizutreten.