Palästinenser hoffen auf Weltgemeinschaft
Sie nennen es zynisch das größte Freiluftgefängnis der Welt: Gut 38 km lang und zwischen 6 und 13 km breit. Der Gazastreifen ist von der Fläche her nur halb so groß wie Hamburg, hat aber in etwa gleich viele Einwohner wie die norddeutsche Großstadt. Auf engstem Raum leben in Gaza etwa 1,8 Millionen Menschen, 43 Prozent davon sind jünger als 14 Jahre alt. Vom Rest der Welt sind sie so gut wie abgeschnitten.
"Sie dürfen nicht fischen, sie haben keine Arbeit, sie dürfen das Land nicht verlassen, Leben wie in einem kleinen Käfig", beschreibt Khouloud Daibes, palästinensische Botschafterin in Deutschland, die Lebensbedingungen ihrer Landsleute. "Sie brauchen eine Perspektive, eine Hoffnung, eine Zukunft."
Israel weitet Offensive aus
Doch eine wirkliche Perspektive scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Seit Beginn der israelischen Militäroffensive vor knapp zwei Wochen sind mehr als 300 Palästinenser getötet und über 2000 verletzt worden, darunter viele Kinder. Nun hat Israel begonnen, auch Bodentruppen in den Gazastreifen zu schicken. Ziel des Vorstoßes soll die Zerstörung von Tunneln der Hamas sein.
Die Hamas ist die dominierende politische Kraft im Gazastreifen. Ideologisch steht sie den Muslimbrüdern nahe. Im Gegensatz zur gemäßigten Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat sie der Gewalt gegen Israel nicht abgeschworen. Immer wieder feuern Kämpfer der Hamas Raketen in Richtung Israel. Der Schaden, den diese Raketen dort anrichten, ist auch psychologischer Natur. Sirenengeheul fordert die Menschen in den umliegenden israelischen Städten auf, Schutzräume aufzusuchen. Zwei israelische Zivilisten sind seit Beginn des neu aufgeflammten Konflikts getötet worden. Die meisten Raketen werden von Israels Abwehrsystem "Eiserne Kuppel" noch in der Luft zerstört.
Menschen in Gaza brauchen Hilfe
In Gaza gibt es keine Schutzräume für die Bevölkerung. Sie sind den Bombenangriffen der israelischen Armee ausgeliefert, auch wenn diese vorher Warnungen verbreitet. Für die Behandlung der Verletzten fehlt es am Nötigsten. "Die Krankenhäuser kommen mit der Versorgung nicht hinterher. Es gibt kaum noch Betten, zudem kommt es immer wieder zu stundenlangen Stromausfällen. Das erschwert Operationen und die Arbeit innerhalb der Krankenhäuser", berichtet Abdallah Frangi, seit diesem Monat Gouverneur von Gaza, im DW-Gespräch.
"Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass es hier um die Menschen geht, dass Gaza nicht Hamas ist", sagt Botschafterin Daibes. Anfang Juni hatten sich Hamas und Fatah erstmals nach sieben Jahren auf die Bildung einer unabhängigen Regierung aus 15 Fachleuten ohne Parteibindung geeinigt, die die Regierungsgeschäfte bis zur Neuwahl von Parlament und Präsident leiten soll. "Das war unser erster Versuch, nach sieben Jahren Spaltung zu einer gemeinsamen Position zu kommen und die politische Hamas mit in den Prozess zu integrieren", so Daibes.
Einigung rückt in weite Ferne
Während dieser Versuch in Europa und den USA verhalten positiv aufgenommen wurde, sprach sich Israel vehement gegen die Annäherung aus und brach die Friedensgespräche ab. Für Daibes ein Zeichen dafür, dass die aktuelle israelische Regierung nicht an einer politischen Lösung des Konflikts mit den Palästinensern interessiert ist.
"Der Grund für diese Offensive war ein politischer", meint auch Frangi. "Man wollte, dass sich die Palästinenser nicht einig werden. Man will eigentlich keinen Palästinenserstaat neben dem Staat Israel und man will die Trennung zwischen dem Gazastreifen und der Westbank verfestigen."
Frangi sieht nun die internationale Gemeinschaft gefordert, schnellstmöglich für eine Waffenruhe zu sorgen. "Die Menschen hier verstehen nicht, dass die Welt zusieht und nicht in der Lage ist, diese Eskalation zu beenden", so Frangi. "Das Beste wäre, wenn man nun eine Waffenruhe erzwingt und sich die Israelis zurückziehen. Dann kann man über alle Punkte verhandeln, die zwischen uns stehen."