Organspende auf dem Prüfstand
27. August 2012Die Prüfkommission der Bundesärztekammer hat laut "Bild"-Zeitung nur bei einem sehr geringen Teil von Organtransplantationen Hinweise auf "Unregelmäßigkeiten" entdeckt. Bei insgesamt 50.739 Transplantationen zwischen 2000 und 2011 habe es 119 "klärungsbedürftige Auffälligkeiten" gegeben, schreibt das Blatt. In 21 Fällen hätten Verstöße vorgelegen, die an Ministerien oder an die entsprechende Staatsanwaltschaft zur Überprüfung weitergeleitet worden seien.
Die Bundesärztekammer wollte die Ergebnisse der Prüfkommission dem Bericht zufolge nach den Skandalen in Göttingen und Regensburg öffentlich machen. Dies sei bisher aber nicht geschehen. An diesem Montag soll bei einem Spitzentreffen bei Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) über mögliche Konsequenzen aus der Affäre beraten werden. In Berlin treffen die Hauptakteure des Organspendewesens und Ländervertreter zusammen.
Reform des Transplantationssystems gefordert
Bei dem Treffen soll es unter anderem darum gehen, wie Missbrauch bei der Vergabe von Spenderorganen verhindert werden kann. Bahr hatte am Wochenende in einem Interview gesagt, er wolle künftig Organspenden von Sonderkontrolleuren in den Kliniken überwachen lassen. Die Kontrolleure sollten unmittelbar der Klinikleitung unterstellt sein. Außerdem solle das Personal in den Prüfkommissionen aufgestockt werden.
Unterdessen haben Patientenschützer eine grundlegende Reform des Transplantationssystems gefordert. Das Spende- und Verteilungssystem in Deutschland müsse in staatliche Hände gelegt werden, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, der "Berliner Zeitung“. Auch wenn es nicht jede Woche einen Organspendeskandal gebe, werde an den Vorfällen in Regensburg und Göttingen deutlich, "dass wir ein System haben, das hochanfällig für Manipulationen ist, weil es keine Transparenz und rechtstaatliche Kontrolle gibt", sagte Brysch. Die Kriterien zur Organverteilung müssten ihm zufolge gleichfalls durch den Gesetzgeber festgelegt werden.
Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für Bundesbehörde aus
Die Transplantationsmedizin in Deutschland ist wegen des Verdachts der Manipulation bei der Zuteilung von Organen an Patienten in der Kritik. In Göttingen und Regensburg soll ein Oberarzt Krankenakten manipuliert haben, um Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane ganz vorn zu platzieren. Sorgen löste auch die als ungerecht empfundene Zuteilung aus, nach der immer mehr Organe nicht über Wartelisten, sondern im Zuge eines Schnellverfahrens vergeben werden.
Nach einer von der Hospiz-Stiftung in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage sind 59 Prozent der Bevölkerung für eine zentrale Bundesbehörde zur Organisation von Transplantationen. 38 Prozent der Befragten halten das nicht für notwendig.
GD/nis (afp, epd, dpa)