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Deutschland tut zu wenig gegen Geldwäsche

25. August 2022

Ein internationales Expertengremium bescheinigt Deutschland Schwächen im Kampf gegen Geldwäsche. Kann es eine neue Behörde richten?

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Euro-Banknoten
Bild: Silas Stein/dpa/picture alliance

Deutschland unternimmt nicht genug gegen Geldwäsche. Zu diesem Ergebnis kommt die Financial Action Task Force (FATF), ein bei der Industriestaaten-Organisation OECD angesiedeltes Gremium, in einem neuen Bericht. Deutschland habe in den vergangenen fünf Jahren zwar Fortschritte erzielt, einige der Reformen seien aber noch nicht richtig effektiv.

Gewürdigt wurde unter andere die Stärkung der FIU, einer Spezialeinheit zur Bekämpfung von Geldwäsche, bei der Verdachtsmeldungen eingehen. Deutschland sei zwar entschlossen, in der Praxis seien die Ergebnisse aber nicht immer gut. "Die Gesamtzahl von Geldwäsche-Fällen, die dann strafrechtlich verfolgt werden, ist niedriger als erwartet." Das werde dem Risikoprofil Deutschlands - mit starker Wirtschaft und internationaler Verflechtung - nicht gerecht.

Das Gutachten kratzt am Image Deutschlands. 2020 mussten sich laut FATF beispielsweise nur rund 1000 Personen hierzulande wegen Geldwäsche juristisch verantworten. Dabei wurden mehr als 37.000 Untersuchungen eröffnet. Die Zahl der Überführung sei also "sehr klein".

Finanzminister Christian Lindner
Bundesfinanzminister Christian Lindner will eine neue Behörde für Finanzkriminalität schaffenBild: Stefan Boness/Ipon/IMAGO

Deutschland hat im internationalen Vergleich besonders viele Banken - oft kleinere Institute. Und die Deutschen nutzen sehr gerne Bargeld, für drei Viertel aller Transaktionen, ohne dass es Obergrenzen für Finanzgeschäfte gibt. "Wir brauchen neben durchsetzungsstarken Behörden mehr Transparenz bei Vermögenswerten, eine schnelle Umsetzung des versprochenen Verbots, Immobilien mit Bargeld zu kaufen, und bessere Möglichkeiten zur Abschöpfung von schmutzigen Geldern", forderte Konrad Duffy von der Nichtregierungsorganisation Finanzwende.

"Die dicken Fische schwimmen davon"

Deutschland hat in dem Bericht schlechter abgeschnitten als das zuletzt ebenfalls überprüfte Frankreich. Wegen des mauen Abschneidens muss Deutschland nun jährlich über Fortschritte Bericht erstatten.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Markus Herbrand, sagte trotzdem, Deutschland sei auf dem richtigen Weg. FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindnerwolle die Kritik an der zu zersplitterten Aufsicht aufgreifen und ein neues Bundesfinanzkriminalamt gründen. "Es ist gut, dass hier alle Fäden zusammenlaufen und Ermittlungsergebnisse sowie weitere Erkenntnisse zusammengeführt werden", so Herbrand.

Lindner hatte die Pläne am Mittwoch vorgestellt. "In Deutschland kümmern wir uns stark um die kleinen Fische bei der Finanzkriminalität, aber die dicken Fische, die schwimmen uns davon", sagte er. Lindner rechnet allerdings nicht mit einer schnellen Umsetzung seines Konzepts. Aus den Ländern kommt teilweise Kritik.

Zu viele Behörden?

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler befürchtet, dass die vorgeschlagene neue Behörde gegen Geldwäsche bestehende Strukturen nicht verbessert. "Wir brauchen nicht noch eine zusätzliche Behörde, sondern wir müssen den Zoll und die polizeilichen Teile des Zolls, die wir ja schon haben, besser organisieren."

Die von Lindner vorgeschlagene Bundesbehörde soll mehrere Säulen umfassen. Ein neues Bundesfinanzkriminalamt soll einen eigenständigen Fahndungsbereich und echte Ermittlungsbefugnisse bekommen. Die Zuständigkeiten für die Durchsetzung von Sanktionen sollen an einer Stelle angesiedelt werden. Die bisherige Anti-Geldwäsche-Einheit FIU soll in die neue Bundesbehörde integriert werden. Zudem soll es laut Lindner eine Zentralstelle für die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor beim Bund geben, um Länderzuständigkeiten zu koordinieren und Standards zu definieren.

Finanz-Staatssekretär Florian Toncar wies die Kritik zurück: Die Geldwäsche-Ermittlungen müssten stärker darauf ausgerichtet werden, der Spur des Geldes zu folgen, um die kriminellen Netze aufzudecken. Denn bisher würden große und komplexe Fälle von Finanzkriminalität in Deutschland kaum aufgeklärt. "Die Zuständigkeiten sind auf viel zu viele Behörden deutschlandweit verteilt, um wirklich schlagkräftig ermitteln zu können", sagte Toncar.

bea/sti (rtr, dpa, afp)