Oase für Porzellanfreunde
29. Juni 2010Ines und Mimi lächeln. Für immer. Die Hunde wurden im Auftrag von Madame de Pompadour, der offiziellen Mätresse des französischen Königs Ludwig XV., in Meißener Porzellan verewigt. Etwas weiter thront ein skurril aussehender Porzellan-Buddha in einer Vitrine, bei dessen Anblick man sich ein Lächeln nicht verkneifen kann. Genau wie bei der zwei Meter hohen Tulpenvase in Form einer Windmühle. "Kulturelle Wechselbeziehungen" nennt Christian Kurtzke das. Er ist Geschäftsführer der Porzellanmanufaktur in Meißen, die seit 300 Jahren Auftragsarbeiten aus aller Welt entgegen nimmt – von Adelshäusern, Diplomaten und anderen gut Betuchten.
Bei der Jubiläumsausstellung "Alle Nationen sind Willkommen" im Museum of MEISSEN Art widmet sich jede Vitrine einem Land oder einem Thema. Unter anderem wird auch Porzellan gezeigt, das auf den großen Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts zur Schau gestellt wurde. In Vitrine neben Vitrine glänzt hier Porzellankunst der Vergangenheit neben der der Gegenwart – chinesische Fischerfiguren neben einer Büste des Weißkopfseeadlers, dem Wappentier der USA, eigens angefertigt für die amerikanische Botschaft in Berlin.
Faszination weißes Gold
Anfang des 13. Jahrhunderts faszinierte feines Porzellan aus Ostasien die Menschen in Europa zum ersten Mal. Man nannte es das Weiße Gold und wollte das Geheimnis der Porzellanherstellung entschlüsseln. Der Alchemist Friedrich Böttger hat das Rezept schließlich geknackt. Ihm ist es 1708 gelungen, das europaweit erste Hartporzellan herzustellen. Am 23. Januar 1710 hat dann der Sachsen-König in einem Dekret die Gründung der Manufaktur Meißen verkündet.
"Meißen ist eine Oase für sich.", sagt Geschäftsführer Christian Kurtzke. Heute arbeiten hier 800 Mitarbeiter, sie schaffen täglich neue Vasen, Tassen, Figuren und Schmuckstücke für Sammler und auch Otto-Normalbürger weltweit. "Die Vielfalt der Farben und Feinheiten der Arbeiten, alles zusammen gefällt mir gut.", sagt eine Besucherin der Jubiläumsausstellung. Ihrer Begleitung haben es vor allem die bunten und prächtigen Porzellanstücken mit klassischen Motiven angetan. "Die Ideen der Figuren finde ich sehr schön. Die Neueren würde ich aber nicht kaufen, selbst wenn ich Millionärin wäre."
Beeindruckend – und teuer
Ob man klassische oder moderne Motive bevorzugt, ist sicher Geschmacksache, aber die aufwändige Handarbeit beeindruckt fast alle Besucher. Sie hat allerdings ihren Preis. Eine 29 cm hohe Teekanne, die mit weißen Schneeballblüten, goldenen Blättern und Zweigen verziert ist, kostet zum Beispiel 45.000 Euro. Ob das gerechtfertigt ist oder nicht, ist wieder Ansichtssache. Ein Set von zwei weißen Espressotassen kann man für 99 Euro nach Hause mitnehmen.
"Das europäische Porzellan ist durch unterschiedlichste Kulturzeiten, Kulturepochen, verschiedene Stilrichtungen und Formensprachen geprägt.", erzählt Geschäftsführer Kurtzke. Es sei sicherlich wichtig, die Tradition zu bewahren. Allerdings gehe es dabei nicht darum, die Werke aus der Vergangenheit möglichst perfekt nachzuahmen. Man müsse sich bemühen, diese Traditionen zeitgemäß neu zu interpretieren und sie fortzuführen.
Für neue und kreative Ideen hat die Manufaktur MEISSEN jüngst den "MEISSEN Art Campus" gegründet. Auf einer ganzen Etage stehen renommierten Künstlern aus dem In- und Ausland Ateliers zur Verfügung. Sollten sie durch den Besuch im Museum auf eine Idee kommen, dann werden ihnen zwei Kunsthandwerker zur Seite gestellt. Sie entwickeln dann eine Form für ein neues Porzellanstück, das der Manufaktur vielleicht ein weiteres gutes Geschäft ermöglicht.
Autor: Bumsuk Lee
Redaktion: Marlis Schaum