Nyepi - das balinesische Hindu-Neujahr
Das Hindu-Neujahrsfest ist ein Feiertag in Indonesien, dem bevölkerungsmäßig größten muslimischen Land der Welt. Silvester steht im Zeichen der Dämonen. Neujahr in dem der Stille. Dafür sorgen Balis Religionspolizisten.
Geisterglaube
Götter, Geister und Dämonen: Auf der hinduistisch geprägten Insel Bali sind sie omnipräsent. Die Dämonen des Neujahrsfests werden "Ogoh-Ogoh" genannt. Es sind überdimensionale, selbst gebastelte Puppen. Sie stehen für das Übel der Welt und das Leiden der Menschheit. So ist auch ein Ogoh-Ogoh dem Klimawandel gewidmet.
Bunte Prozessionen
Am Tag vor dem Neujahrsfest werden überall auf Bali Exorzismus-Zeremonien durchgeführt - es sind karnevalsähnliche Umzüge mit zahlreichen bunten Ogoh-Ogohs. Unter großem Lärm werden sie einige Stunden vor Neujahr verbrannt, um alle bösen Geister von der Insel zu verbannen.
Jedem Dorf seinen Dämon
Monate vor dem Neujahrsfest baut jede Gemeinde auf Bali ihren eigenen Dämon. Die Ogoh-Ogohs werden aus Styropor, Holz, Papier und Kokosfasern gefertigt und anschließend auf einer Trage aus Bambus befestigt. So können sie während der festlichen Neujahrs-Prozessionen durch die Straßen getragen werden. Die gesamte Dorfgemeinde investiert viel Zeit und Geld in den Bau ihrer überdimensionalen Dämonen.
Letzter Pinselstrich
Der lokale Brauch besagt, dass der Herr der Hölle alle Dämonen während der Frühlingszeit nach Bali schickt – deshalb müssen die bösen Geister noch vor Beginn des Neujahrs von der Insel verbannt werden. Damit das klappt, muss jeder so furchterregend wie möglich aussehen...
Gemeindefest
Auch die Kleinsten im Dorf machen mit bei der Dämonen-Prozession. Zu acht tragen diese kleinen Jungs ihr Ungeheuer durch die Straßen von Peliatan, einem Vorort der Künstlerstadt Ubud.
Nicht geheuer
Das Ogoh-Ogoh Ungeheuer ist ein relativ neues Element der Nyepi-Zeremonien. Erst in den 1980er Jahren wurde es Teil des Neujahrsfests. Damals war Indonesien noch unter der Suharto-Diktatur und die Figuren wurden von den Behörden besonders akribisch beobachtet: sie durften vor allem keine versteckte politische Aussagen oder Kritik symbolisieren.
Das Böse besiegen
Einige Ogoh Ogohs, so wie dieser hier, symbolisieren auch gute mythische Wesen, die durch ihre positive Energie und Weisheit das Böse besiegen.
Seele reinwaschen
Drei Tage vor dem Neujahrsfest feiern die Balinesen die Melasti-Zeremonie: hier werden Götterstätten und heilige Statuen in einer langen Prozession zur nächsten Wasserstelle gebracht, wo sie gereinigt werden. So sollen die menschliche Seele und die Natur reingewaschen werden.
Stundenlanges Feiern
Bis Mitternacht dauern die Damönen-Prozessionen. Dabei wird so viel Lärm wie möglich gemacht. Feuer und grelle Lichter sollen die bösen Geister vertreiben.
Indonesiens Multireligiösität
Indonesien ist nach Einwohnerzahl das größte muslimische Land der Welt. Neunzig Prozent der Indonesier sind Muslime. Auf der Insel Bali allerdings gehören mehr als neunzig Prozent der Bevölkerung dem Hinduismus an. "Nyepi" ist der höchste hinduistische Feiertag in Bali und ein allgemeiner Feiertag in ganz Indonesien.
Neujahr der Stille
Nyepi ist der balinesische "Tag der Stille", des Fastens und der Meditation. Niemand darf an diesem Tag das Haus verlassen. Selbst der internationale Flughafen der Ferieninsel stellt seinen Betrieb ein und die Geldautomaten werden abgeschaltet. Vergnügungen jeglicher Art sind verboten. Die Nyepi-Stille bedeutet einen Neuanfang in Selbstreflexion und spiritueller Reinheit.
Religionspolizei im Sarong
Die im traditionellen Sarong gekleideten Religionspolizisten sind von ihrer Dorfgemeinde ernannt und nicht Teil der staatlichen Polizei. Bei Großereignissen sorgen sie für Recht und Ordnung. Sie kontrollieren auch, dass niemand - ob Touristen, Christen oder Muslime - an Neujahrstag vor die Tür tritt. Wer die Ausgangssperre nicht respektiert, dem droht sogar eine Geld- oder Gefängnisstrafe.