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Hoffen in Hannover

Henrik Böhme, z. Zt. Hannover9. April 2013

Sie ist das weltgrößte Schaufenster der Industrie. Und sie ist ein wichtiges Konjunkturbarometer: die Hannover Messe. Doch die wirtschaftlichen Aussichten sind eher verhalten. Die Krise wirkt nach.

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Hannover Messe 2012, Fahne mit Logo (Foto: Deutsche Messe AG 2012)
Hannover Messe 2012 Fahne mit LogoBild: Deutsche Messe AG

Optimismus ist normalerweise Pflicht auf einer Messe, erst recht auf der größten Industrieschau der Welt. Aber so, wie sich der Frühling schwer tut, das Zepter zu übernehmen, so tun sich die wichtigen Menschen der Branchenverbände derzeit schwer, wirklichen Optimismus zu verbreiten. Kein Wunder: Die Zeiten sind alles andere als normal, die Unsicherheiten - ob wirtschaftlich oder politisch - machen Prognosen über die weitere konjunkturelle Entwicklung schwierig. So rechnet der mächtige Verband der deutschen Industrie (BDI) gerade mal mit einem Wirtschaftswachstum für Deutschland von 0,8 Prozent in diesem Jahr.

Hannover-Messe: Fabrik der Zukunft

Zu viele Hindernisse

Dabei sollte Europas Konjunkturlokomotive doch eigentlich kräftiger unter Dampf stehen. "Wir wollen, müssten und könnten eigentlich mehr schaffen. Das ist völlig richtig", sagt BDI-Chef Ulrich Grillo im DW-Gespräch. Allerdings gäbe es Gegenwind. "Wir schaffen das nur, wenn wir keine weiteren Krisenszenarien haben." Die Eurokrise müsse man weiter in den Griff bekommen, die Energiekosten müssten beherrschbar bleiben. Und überhaupt solle man "die Industrie unterstützen und sie nicht weiter belasten." Nur dann sei ein stärkeres Wachstum möglich, so Grillo.

Hoffen auf das zweite Halbjahr

Die Hoffnung, sie schwingt überall mit in den Reden und Gesprächen am ersten Tag der Hannover Messe. Der deutsche Maschinenbau, Paradebranche zum einen und vor allem Jobmotor mit rund einer Million Beschäftigten, hat die Krise vergleichsweise gut überstanden und vom dicken Auftragspolster profitiert. Momentan aber kommen zu wenige neue Bestellungen, vor allem im Heimatmarkt. Also heißt auch hier die Devise: Hoffen. Thomas Lindner, der Präsident des Maschinenbau-Verbandes VDMA, sieht es sportlich: "Das ist wie beim Skispringen. Sie müssen erstmal Anlauf holen und dann kräftig abspringen", so Lindner zur DW. Er erwartet, dass das zweite Halbjahr deutlich besser als das erste wird, räumt aber ein: "Die Situation ist sehr komplex im Moment und hat eine gewisse Unübersichtlichkeit. Aber für Pessimismus ist eigentlich auch kein Platz."

Vorreiter der Entwicklung

Und daher hält der Verband auch an seiner Prognose fest: Zwei Prozent Plus bei der Produktion sollten drin sein. Einen besseren Start ins neue Jahr hatten die Firmen der Elektroindustrie. Die Branche setzt jetzt vor allem auf die zunehmende Vernetzung von Industrieanlagen - die Messeveranstalter nennen das "Integrated Industry". Friedhelm Loh, Chef des Branchenverbandes der Elektroindustrie, kurz ZVEI, verweist auf die wirtschaftlichen Erfolge Deutschlands in der Vergangenheit.

Das sei der Tatsache zu verdanken, "dass wir technologisch schneller und besser waren." Jetzt müssten die deutschen Hersteller den Beweis liefern, dass sie die nächste Stufe der industriellen Entwicklung anführen. Das müsse aber besser laufen als in den 1970er Jahren: "Damals hatten wir das Thema Computer Integrated Manufacturing auch schon, aber es nicht so richtig hinbekommen. Heute sind aber die IT-Voraussetzungen wesentlich besser. Von daher bin ich optimistischer, aber man muss auch realistisch sagen: Das dauert seine Zeit."    

Zusammenarbeit unabdingbar

Nicht vor 2025 werde Industrie 4.0 der neue Standard sein, so schätzen es Experten ein. Noch fehlen Normen und Standards, aber auch viele IT-Sicherheitsfragen müssen noch gelöst werden. Das alles kann nur gelingen durch eine umfassende Zusammenarbeit, sagt Eberhard Veit, Chef des Automatisierungsanbieters Festo: "Die Zusammenarbeit bei Industrie 4.0 ist extrem wichtig. Denn Industrie 4.0 ist nicht nur die Zusammenarbeit der komplementären Anbieter, sondern dazu kommen Hochschulen, Unternehmen wie Festo - aber auch weltweit."

Sogenannte Cluster-Initiativen der Bundesrepublik zeigen nach Veits Meinung auch, "dass dieses Zusammenarbeiten ein Vermögen ist, das es so noch nicht so oft in der Welt gibt - auch nicht in Asien, dort gibt es solche Cluster nicht."

Keine Angst vor China

Aber auch, wenn es diese Cluster in Asien noch nicht gibt: Die Maschinenbauer gerade aus China holen mächtig auf. Das wissen auch die deutschen Hersteller. Angst habe man aber nicht, sagt Rainer Hundsdörfer, Chef von ebm-papst, dem Weltmarktführer bei Industrie-Ventilatoren: "Angst nicht, aber Respekt. Wir müssen unsere Wettbewerber, egal wo auf der Welt, ernst nehmen." Man werde nie billiger sein können und wolle das auch gar nicht. "Aber wir können immer versuchen, besser zu sein." Ein neues Produkt müsse immer besser sein als das alte in Hinsicht auf Energie- und Ressourceneffizienz. "Und mit diesem Grundsatz - glaube ich - werden wir uns auch in Zukunft auf dem Weltmarkt behaupten können, egal gegen wen und also auch gegen chinesische Wettbewerber."

Wie weit die Chinesen sind, das kann man auf der Hannover Messe genau studieren.  Mit mehr als 700 Firmen stellen sie die größte Gruppe der ausländischen Aussteller.